Häufig unterschätzt: Equines Asthma beim Pferd
Hustende Pferde im Stall sind bei Weitem keine Seltenheit, denn nach orthopädischen Problematiken sind Atemwegserkrankungen die häufigsten Vorstellungsgründe eines Pferdes zur tiermedizinischen Untersuchung. Woran das liegt? Jennifer Bormann, Tierärztin in der Hanseklinik für Pferde, hat Erfahrung damit und kann uns dazu einiges erzählen:
Bei Atemwegserkrankungen des Pferdes unterscheiden wir zwischen akuten Erkrankungen wie bei einem Infekt und anhaltender Hustenproblematik. Die Auslöser für einen Infekt sind in der Regel bakterielle oder virale Mikroorganismen wie beispielsweise das bekannte Influenzavirus. Bei Pferden mit anhaltender Hustenproblematik, die keine Anzeichen einer Infektion zeigen, sprechen wir von der Erkrankung des Equinen Asthmas.
Unter diesem Überbegriff werden verschiedene Krankheitsbilder zusammengefasst, die unter anderem aufgrund ihres Schweregrades unterschieden werden. Hier spricht man vom milden bis hin zum hochgradigen Equinen Asthma. Die Erkrankung geht mit einem fortschreitenden Leidensdruck der betroffenen Pferde einher, was es umso wichtiger macht, die ersten Anzeichen erst zu nehmen und eine gezielte Diagnostik vorzunehmen, um durch rechtzeitige angemessene Therapiemaßnahmen ein Fortschreiten zu verhindern.
Nicht „nur“ eine Erkältung
Das Equine Asthma weist Parallelen zum Asthma in der Humanmedizin auf. Auslöser beim Pferd sind vor allem Staub und Schimmelpilze, aber es gibt auch allergische Formen des Asthmas. Somit können auch Pollen zu möglichen Triggerfaktoren gehören. Durch vermehrten Kontakt mit den Auslösern kommt es in der Lunge des Pferdes zu einer
Entzündungsreaktion, die mit einer vermehrten Schleimansammlung und Schwellung der Schleimhäute einhergeht. Zusätzlich ist auch eine Verkrampfung der Atemwege möglich. All dies kann zu einem gestörten Austausch von Sauerstoff in der Lunge führen.
Als Folge daraus sehen die Besitzer Symptome verschiedenen Ausmaßes. Husten gehört ebenso dazu wie Nasenausfluss, eine erhöhte Atemfrequenz und/oder erschwerte Atmung. Wichtig als Pferdebesitzer ist es zu wissen, dass Pferde eine deutlich höhere Hustenschwelle haben als wir Menschen. Tritt also regelmäßig Husten auf, so sollte dieser immer ernst genommen werden. Eine Erkältung, wie wir sie beim Menschen häufig sehen, gibt es in dieser Form beim Pferd nicht. Daher ist schon regelmäßiges Husten zu Beginn des Reitens oder Longierens ein erster Hinweis auf eine chronische Lungenerkrankung im Sinne eines Equinen Asthmas.

Symptome rechtzeitig diagnostizieren
Der Vorbericht zusammen mit den Befunden der klinischen Untersuchung lässt häufig bereits die Verdachtsdiagnose des Equinen Asthmas zu. Um diese zu sichern, sind verschiedene weiterführende Untersuchungen möglich und sinnvoll. Um einschätzen zu können, ob die Lunge in der Lage ist, den eingeatmeten Sauerstoff ausreichend in den Körper zu transportieren, kann eine arterielle Blutgasanalyse durchgeführt werden. Um anatomische Ursachen für die Symptome auszuschließen und zur genaueren Einschätzung des Ausmaßes der Erkrankung wird anschließend unter Bronchoskopie durchgeführt. Im Bereich der Luftröhre kann das Sekret so in Menge und Viskosität beurteilt werden.
Zudem ist es für eine Diagnose wichtig, eine Probe des Sekrets zu entnehmen, die anschließend zytologisch untersucht wird. Erst die Zellzusammensetzung und der Ausschluss einer bakteriellen Infektion lassen eine sichere Feststellung des Equinen Asthmas zu. Soll eine genaue Aussage über den Schweregrad der Erkrankung getroffen werden, so ist zusätzlich zur Entnahme des TBS auch die Durchführung einer Bronchoalveoläre Lavage essenziell. Sie gilt als Goldstandard zur Diagnostizierung des Equinen Asthmas. Hierbei handelt es sich um eine Spülprobe aus der Tiefe der Lunge, die nicht mit der therapeutischen Lungenspülung verwechselt werden darf.

Auslöser eliminieren und Symptome lindern
Um das Equine Asthma zu behandeln, können verschiedene Medikamente eingesetzt werden. Es muss allerdings unbedingt berücksichtigt werden, dass es sich hierbei um eine rein symptomatische Behandlung zur Linderung der Symptome handelt. Entscheidend für die langfristige Erhaltung eines guten Zustandes ist die Beseitigung der Auslöser. Wird dies erreicht, kann auch ein chronisch krankes Pferd symptomfrei leben. Wird hingegen keine Haltungsoptimierung durchgeführt, werden die Medikamente allein keine langfristige Besserung bringen und das Pferd regelmäßige und anhaltende Krankheitsschübe erleiden, die zu starken Folgeschäden in der Lunge führen können. Diese sind in der Regel nicht mehr zu beheben.
Unerlässlich bei der Haltungsoptimierung ist die Minimierung von Staub, was durch eine alternative Einstreu zum Stroh und Ersatz des trockenen Heus ermöglicht wird. Jedoch spielen auch weitere Faktoren wie schlechte Grundqualität des Raufutters, mangelnde Frischluft im Stall und trockene Reitböden eine Rolle, um nur einige Beispiele zu nennen. Je besser das Umfeld des Pferdes optimiert wurde, desto größer ist die Chance, dass das betroffene Pferd langfristig symptomfrei leben kann.
Verwendete Quellen: Pressemitteilung der Hanseklinik für Pferde