Fotografin Jessica Freymark im Gespräch
Bereits als Kind gehörten Pferde und Fotografie für Jessica Freymark untrennbar zusammen. Allerdings hat es einige Zeit gedauert, bis sie ihre Leidenschaft endlich zum Beruf machen konnte. Der Traum, als Pferdefotografin selbständig zu sein, war immer schon da. Wenn man aber bereits 10 Jahre und viel Geld in ein Geologie-Studium gesteckt hat, dann fällt die Entscheidung nicht leicht.
Und es war ja nicht so, dass Jessica die Arbeit als Geologin keinen Spaß gemacht hätte, eher im Gegenteil. So stand am Ende die Entscheidung, zunächst Teilzeit als Geologin in der Wissenschaft zu arbeiten und mit großer Freude und Hingabe selbständig als Pferdefotografin! Dies hat ihrem Erfolg als Pferdefotografin keinen Abbruch getan, denn mit der Leidenschaft, mit der Jessica Pferde und ihre Besitzer:Innen auf Fotos festhält, kann man nur Erfolg haben. Inzwischen macht sie dies auch hauptberuflich.
Zugute kommen Jessica bei der Arbeit als Pferdefotografin die Erfahrungen, die sie in all den Jahren mit ihrem eigenen Islandpferd Eldur machen durfte. Gemeinsam haben sie so manches erlebt auf ihrem Weg zu Freiheit und Harmonie. Darüber und auch über Jessicas Arbeit als Pferdefotografin erfährst Du mehr in unserem Gespräch mit ihr:
Hallo Jessica, erst einmal vielen Dank für die Zeit, die Du Dir für uns genommen hast. Kommen wir gleich zur ersten Frage. Wie ist Deine Leidenschaft zur Fotografie entstanden und wie bist Du zur professionellen Pferdefotografie gekommen?
Schon als ich als 10 jähriges Mädchen zum ersten Mal Urlaub auf einem Ponyhof gemacht habe, hatte ich eine Kamera dabei und habe alle Pferde des Hofes fotografiert. Damals noch mit einer kleinen analogen Kamera meiner Eltern. Als ich mir dann Wochen später die entwickelten Fotos angeschaut habe, habe ich mich immer gewundert, warum meine Fotos nicht so schön aussehen wie die in den Büchern und Zeitschriften. Im Laufe der Jahre wurden die Kameras immer besser und mein Wunsch, genauso schöne Fotos wie professionelle Pferdefotografinnen zu machen, immer größer. Meistens war mein Prinzip „Learning by doing“, aber ich habe auch Kurse mitgemacht, um noch schneller Fortschritte zu machen.
Profi-Fotografin wollte ich eigentlich nie werden – ich hatte Angst, dass es mir dann keinen Spaß mehr machen würde. Außerdem dachte ich, dass ich als Fotografin schlussendlich in so einem kleinen Fotoladen enden und nur noch Passbilder von Menschen machen müsste *lach*. Selbständig zu sein, das kam in meinen Gedanken gar nicht vor. Und da ich viele Interessen hatte und irgendwie für alle ganz klar war, dass ich studieren würde, war es dann eben die Geologie, die mein berufliches Leben nach dem Abitur prägen sollte. Nachdem ich jahrelang neben Fotos auch immer Steine aus diversen Urlauben mitgebracht habe, gar nicht so abwegig. 😉
Und ja, ich hatte viel Spaß daran, war gut darin und alle sagten mir, dass ich einmal Professorin werden würde. Doch im Laufe der Jahre blieb der Spaß immer öfters auf der Strecke. Ich hatte montags keine Lust mehr zur Arbeit zu fahren, hab mich nur noch aufs Wochenende gefreut und wurde immer öfter krank. Vor allem das System, wie Wissenschaft heutzutage funktioniert, war nicht für mich gemacht, auch wenn mir das Forschen an sich immer gefallen hat.
Ein Karrierecoaching brachte dann die Wendung – ich lernte, dass ich mir mein Leben selbst gestalten kann. Denn es ist MEIN Leben! Und wir leben in einer Zeit, in der fast alles möglich ist. Ein Jahr später, Ende 2017, machte ich mich dann nebenberuflich selbständig und war von da an Teilzeit-Geologin und Teilzeit-Pferdefotografin, weil ich mich noch nicht ganz gegen die Geologie stellen konnte. Ich wollte es noch nicht wahr haben und beendete dann tatsächlich auch noch meine Doktorarbeit. Aber nachdem ich das 1 Jahr durchgezogen hatte, war die Entscheidung glasklar: ich beendete meine Karriere als Geologin und sprang ins kalte Wasser, um ab 2019 dann hauptberuflich selbständige Pferdefotografin zu sein. 🙂
Was fasziniert Dich gerade an Pferden?
Das in Worte zu fassen, fällt mir schwer – aber ich versuche es einmal. Pferde sind so unglaublich sanft und gleichzeitig so stark. Sie sind nicht nur wunderschön, sondern berühren auch meine Seele. Pferde sind außerdem großartige Lehrmeister und haben meine Persönlichkeit enorm verändert.
Auch außerhalb der Fotografie kennst Du Dich mit Pferden aus? Was hast Du z.B. von Deinem Isländer Eldur lernen dürfen?
Pferde gehören genauso lange zu meinem Leben wie die Fotografie – über 20 Jahre. Anfangs noch in einer klassisch englischen Reitschule, dann auf einem Islandpferdehof – hatte ich schließlich das Glück, dass meine Mutter ihren Mädchentraum eines eigenen Pferdes erfüllen wollte. Sie kaufte mein Lieblings-Schulpferd Eldur für uns beide, wobei schnell klar war, dass er eher mein als ihr Pferd war. 😉
Eldur war tatsächlich das für mich, was man ein Seelenpferd nennt. Er hatte viele Herausforderungen und Lehren für mich. Und auch, wenn es oft schwierig war, hatten wir immer diese intensive Verbindung zueinander. Im Laufe der Jahre wuchsen wir zu einem tollen Team zusammen und ich bin ihm unglaublich dankbar für wirklich wundervolle, gemeinsame Jahre.
Eldur hat mich vom damals traditionellen Umgang mit Pferden („Setz dich mal ordentlich durch! Hau ihm eins mit der Gerte über“) erst zum Natural Horsemanship und später zu meinem eigenen achtsamkeits-basiertem Weg geführt. Er hat mir aber auch gezeigt, dass ich für mich einstehen und Grenzen setzen muss. Das ich konsequent sein muss, wenn ich etwas möchte. Und ich durfte von ihm lernen, wie wichtig es ist, im Hier und Jetzt zu sein, den Moment zu genießen und auch einfach nur mal zu SEIN.
2018 ist er leider gestorben – nach 16 gemeinsamen Jahren war das natürlich ein großer Verlust. Doch seitdem darf ich die 2 wunderbaren Pferde einer Freundin bespaßen und auch diese beiden sind wunderbare Lehrer und ich bin sehr glücklich, sie als Pflegepferde zu haben. 🙂
Was ist für Dich die größte Herausforderung bei der Pferdefotografie?
Die Bedürfnisse und Wünsche des Pferdes zu respektieren! Wenn man Fotos machen möchte, kommt man sehr häufig mit vorgefertigten Ideen und Erwartungen zum Pferd. Es soll vor allem stolz, aufrecht, mit großen glänzenden Augen und gespitzten Ohren da stehen. Für dieses Idealbild versuchen viele Fotografen, mit zahlreichen Hilfsmitteln zu arbeiten – klappernde Futterschüsseln, raschelnde Tüten, Regenschirme, Handy-Apps, die ein Wiehern abspielen und vieles mehr…
Doch da man ja nicht nur 1 Foto haben möchte, artet das schnell in ein minutenlanges Geraschel und Gewieher aus – das Pferd ist davon genervt, gestresst oder bekommt sogar Angst. Und das sieht man auf den Fotos! Für mich sind solche Fotos nicht mehr schön – egal wie gut sie technisch sind!
Mir ist es enorm wichtig, dass das Pferd sich genauso wohl bei einer Foto-Session fühlt wie der Mensch. Deshalb halte ich mich meistens eher im Hintergrund und warte achtsam auf den richtigen Augenblick, um mein Foto zu machen. Das bedeutet, dass man manchmal viel Geduld haben muss und auch ein bisschen Glück. Aber so entstehen ganz ungestellt wunderschöne Fotos.
Welche Tipps kannst Du Amateur- und Hobbyfotografen für gelungene Pferdebilder geben?
Zuerst einmal – mach dich mit dem Pferd vertraut, das du fotografieren willst. Begrüße es, zeige ihm die Kamera und nimm dir Zeit, eventuelle Unsicherheiten abzubauen, bevor du überhaupt ans Fotografieren denkst. Und dann ganz praktisch – hock dich eher hin und geh so weit weg wie möglich, um dann den Zoom deiner Kamera oder deines Smartphones zu nutzen.
So bekommst du deutlich realistischere Proportionen und nicht diese Riesen-Köpfe und Stummelbeine, wie sie gerade bei Handy-Schnappschüssen oft entstehen. 😉 Und wenn du etwas ambitionierter bist, analysiere deine Fotos. Überlege, was dir gefällt, was nicht und wie du es nächstes Mal verbessern könntest. Am Ende hilft nur ganz viel üben, um den eigenen Blick zu schulen und die Kamera in und auswendig kennen zu lernen.
Was war dein bisher außergewöhnlichstes Erlebnis bei einem Pferdeshooting?
Einmal durfte ich eine junge Frau einfach beim gemeinsamen SEIN mit ihren Pferden auf einer Weide begleiten. Durch meine achtsame Art der Fotografischen Begleitung erschaffe ich oft einen sehr ruhigen, geradezu intimen Raum, in dem sich Pferd und Mensch gesehen fühlen und Heilung geschehen darf. Als es bereits dämmerte, legte sich eines der Pferde, das große seelische Themen mit sich herumschleppte, plötzlich hin. Die Frau hockte sich vor das Pferd und beide erlebten einen magischen Moment, indem sich plötzlich etwas lösen und heilen durfte – ich traute mich kaum den Auslöser zu drücken, aus Angst, dass das Klicken die beiden aus ihrer Verbindung zueinander reißen würde. Das war wirklich ein magischer Abend.
Gibt es Vorbilder in der Pferdefotografie, die Dich besonders inspirieren und wenn ja, weshalb?
Zu allererst natürlich die großen Pferdefotografinnen Gabrielle Boiselle und Christiane Slawik. Bei Gabrielle Boiselle habe ich mit 18 tatsächlich ein Wochenendseminar besucht, um von ihr den Umgang mit meiner 1. Spiegelreflexkamera zu lernen. Heute ist mein größtes Vorbild Carina Maiwald, da auch ihr Achtsamkeit und der Blick auf das Wesen des Pferdes so wichtig ist.
Welche Rolle spielt das Equipment für Dich bei der Pferdefotografie und welches nutzt Du?
Für Amateur- und Hobbyfotografen ist es erstmal ziemlich unwichtig, welches Equipment sie nutzen. Die grundlegenden Dinge wie Bildgestaltung, Perspektive, Licht usw. kann man auch mit einem Smartphone lernen. Deshalb gebe ich auch Onlineseminare speziell zum Thema Pferde fotografieren mit dem Smartphone. Wenn es aber natürlich darum geht, so richtig schöne Fotos zu machen, wo der Hintergrund so schön unscharf oder das Pferd auch in der Bewegung absolut scharf sein soll, da kommt man um eine bessere Kamera nicht drum herum.
Ich selbst bin „Team Canon“, einfach weil mir deren Kameras am Besten in der Hand liegen. Und das ist enorm wichtig, denn wenn man sich verkrampft, um an den Auslöser zu kommen, ist das definitiv die falsche Kamera für einen. Da ich hobbymäßig ja schon seit vielen Jahren fotografiere, hat sich da inzwischen eine große Auswahl an Equipment angesammelt *lach*. Da ich privat auch gerne Landschaften, Blumen und Wildtiere fotografiere, besitze ich verschiedene Objektive und auch noch eine ältere Amateur-Spiegelreflexkamera.
Für die Pferdefotografie nutze ich meine Canon 7D Mark II und das 70-200mm f2.8 Objektiv. Diese Kamera ist eine Profi-Sportkamera mit sehr schnellem Autofokus und schnellen Auslösungen. Das war mir wichtiger als die Lichtempfindlichkeit, die z.B. bei der Canon 5D Mark III (der anderen klassischen Profi-Pferdekamera) besser ist. Das Objektiv ist das Standard-Objekt für Pferdefotografen.
Als Faustformel gilt: mindestens eine Brennweite von 100mm für Pferdefotos nutzen, damit das Pferd von den Proportionen her realistisch aussieht. Manchmal experimentiere ich aber auch gerne und nutze dann zum Beispiel ein Weitwinkel-Objekt, um besonders außergewöhnliche Perspektiven zu kreieren. Meine nächste Kamera wird aber sehr wahrscheinlich eine spiegellose Kamera, wie die Canon R6 sein, da dort in letzter Zeit enorm viel Entwicklung passiert ist.
Du bist ja nicht nur Pferdefotografin, sondern auch Geologin. Wie hast Du es zwischendurch geschafft, beides zu verbinden?
Gar nicht *lach*. 2018 habe ich versucht, beides plus Pferd und normalen Alltag unter einen Hut zu bringen. Für mich hat es nicht funktioniert. Die Selbständigkeit kam immer viel zu kurz, obwohl mein Herz so dafür schlägt. Genau deshalb habe ich mich dann für die Selbständigkeit als Pferdefotografin und gegen die Geologie-Karriere entschieden. Heute freue ich mich einfach, wenn ich eine Geologie-Doku im Fernsehen sehe und auch Steine sammel ich weiter. 😉
Hast du einen „fotografischen Traum“ bzw. welche Ziele hast Du für die Zukunft?
Meine Mission ist, mehr Achtsamkeit in die Pferdewelt und speziell auch in die Pferdefotografie zu bringen, damit wir bald nicht mehr in jeder Pferdezeitschrift und in den sozialen Medien zahlreiche gestresst oder ängstliche Pferde sehen. Dafür sehe ich mich auch in der Zukunft auf Messen und Kongressen auftreten, vielleicht sogar international – einen Anfang habe ich letztes Jahr bei der ersten Online Equitana gemacht, worauf ich sehr stolz bin. 🙂
Aber ich möchte auch weiterhin so vielen Pferdebesitzern wie möglich dazu verhelfen, ganz viele tolle Fotos von ihren eigenen Pferden zu haben. Denn am Ende bleiben uns nur diese Fotos – ich habe es mit meinem Seelenpferd Eldur erlebt. Und damit es dann eben nicht nur eine Handvoll Profi-Fotos und tausende Handyschnappschüsse sind, bringe ich bestimmt auch in Zukunft Menschen bei, wie sie selbst schönere Fotos machen können, unabhängig von ihren Ambitionen und der Technik, die sie nutzen.
Trotzdem möchte ich natürlich auch selbst weiter fotografieren und mein Ziel ist es, international gebucht zu werden, um meine Leidenschaft, die Beziehung zwischen Pferd und Mensch, auf ungestellten Fotos festzuhalten mit meiner Reise-Leidenschaft verbinden zu können.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluss angehenden Fotograf:Innen noch mit auf den Weg geben?
Wenn du dich selbständig machen möchtest, suche dir so früh wie möglich Unterstützung durch einen Coach oder Mentor. Toll ist auch ein Gruppenprogramm, wo man sich direkt mit anderen Selbständigen vernetzen und austauschen kann. Gerade wenn man von Selbständigkeit, Marketing, Buchhaltung und all dem, was da auf einen zukommt, keine Ahnung hat, sollte man nicht versuchen, alles alleine zu machen. Ich habe es natürlich versucht und bin damit erstmal auf die Nase gefallen. 😉
Nimm dir aber auch nicht den erst besten Marketing-Guru, sondern hör da und auch sonst immer auf dein Bauchgefühl! Und zu guter letzt möchte ich mit euch noch mein Motto teilen: Begegne deinem Pferd auf Augenhöhe und erlebe echte Glücksmomente.
Vielen Dank für dieses schöne Interview und das ich hier in dieser Serie dabei sein darf. 🙂
Kontakt:
Jessica Freymark
Kuhnertstraße 16
13595 Berlin
Tel.: 015165477821
E-Mail: info@jessica-freymark.de