Fotografin Johanna Hagen im Gespräch
In Düsseldorf ist Johanna Hagen zu Hause. Die 36-jährige arbeitet als Hunde- und Pferdefotografin und ist in ganz NRW unterwegs. Ihre Ausbildung zur Fotografin hat Johanna an der Akademie für Photographie in Hamburg absolviert, anschließend studierte sie an der FH Düsseldorf Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Fotografie. Als freiberufliche Fotografin ist Johanna seit 2010 tätig. Dabei kommen ihr die jahrelange Erfahrung als Pferdebesitzerin und Hundesitterin sehr zugute, um authentische und lebendige Hunde- und Pferdefotos zu erstellen. Im nachfolgenden Gespräch erfährst Du mehr über Johanna Hagen:
Vielen Dank Johanna, dass Du Dir die Zeit für uns genommen hast. Um keine Zeit zu verlieren, kommen wir direkt zur ersten Frage. Wie ist Deine Leidenschaft zur Fotografie entstanden und wie bist Du zur professionellen Hunde- und Pferdefotografin geworden?
Ich freu mich auch, hier von mir und meiner Arbeit mit Pferden erzählen zu dürfen! Alles begann mit einem Schüleraustausch. Dort entdeckte ich meine Liebe zur Kunst. Mein sechswöchiger Schulaufenthalt in Indien legte dann den Grundstein für meinen Berufswunsch. Wenn man das erste Mal nach Indien kommt, ist das ein Kulturschock. Alles, was man sieht, ist interessant und bunt. Alle Eindrücke will man mitnehmen. So kam ich mit rund 40 Dia-Filmen zurück nach Deutschland.
Kurz danach – nach meinem Abitur – entschied ich mich, eine Ausbildung zur Fotografin zumachen. Dort habe ich alles Technische gelernt, was im Studium fehlt. Schon während meines Kommunikationsdesign-Studiums arbeitete ich als Hochzeitfotografin und habe dann sukzessive versucht, meine Leidenschaft zu Tieren auch beruflich zu nutzen. Wenn Menschen fotografiert werden, nehmen sie schnell eine posierende Haltung ein. Bei Tieren ist das anders, ihnen ist die Kamera egal, sie bleiben immer natürlich.
Was fasziniert Dich gerade an Pferden?
Auch wenn ich ungern zu Superlativen greife: Für mich sind Pferde die schönsten und anmutigsten Tiere auf unserer Erde. Die enorme Kraft, die Lebhaftigkeit, die Eleganz in ihren Bewegungen – diese imposanten Erscheinungen haben mich schon in meiner Kindheit in den Bann gezogen. Es sind sanfte, soziale, gutmütige und neugierige Tiere, die mich einfach schon immer beeindruckt haben. Als kleines Mädchen hatte ich nur einen Traum: Irgendwann ein eigenes Pferd haben! Im Übrigen liebe ich den Geruch von Pferden. Sie duften einfach!
Hast Du außerhalb der Fotografie mit Pferden zu tun?
Ich habe schon seit meiner Kindheit eine enge Beziehung zu Pferden. In der ersten Klasse habe ich schon voltigiert. Und dann war ich gefühlt täglich auf einem Abenteuerspielplatz in meiner Heimat Düsseldorf in Oberkassel und habe mich dort immer um das Shetland-Pony Willi gekümmert. Heute habe ich seit etwa 10 Jahren ein eigenes Pferd. Meine Stute steht in einem großen Herdenverband inmitten des schönen Grafenberger Waldes – ein perfektes Ausreitgelände in unmittelbarer Nähe zur Stadtmitte. Ich liebe den Ausgleich, den mir mein Pferd – fern vom Alltag – bietet.
Was ist für Dich die größte Herausforderung bei der Pferdefotografie?
Ich dreh die Frage mal um. Sehr große Herausforderungen stelle ich den Pferden bei der Studiofotografie. Denn hierbei muss ich sie bitten, sich vor einen 3 m hohen und 6 m breitem schwarzen Hintergrund zu stellen, die Blitzlampen zu dulden und ruhig stehen zu bleiben. Wenn man bedenkt, dass Pferde Fluchttiere sind und der natürliche Instinkt weglaufen ist, stellt das nicht nur eine Bitte dar, sondern ist vielmehr eine große Hürde, die die Pferde überwinden müssen.
Als ich mit der Studiofotografie anfing, hätte ich nie gedacht, dass uns dennoch so viele Pferde das Vertrauen schenken und diese Hürde für uns überwinden. Die Pferde bekommen natürlich immer ausreichend Zeit und Raum, sich an den Aufbau zu gewöhnen und ich habe tolle Helfer, die mit ganz viel Ruhe, Einfühlvermögen und kleinen Tricks an die Sache herangehen.
Als Pferdefotografin stehe ich vor allem vor großen Herausforderungen, wenn die Kommunikation zwischen Menschen und Pferd nicht stimmig ist. Gegenseitiges Vertrauen sollte idealerweise die Grundlage einer Pferd-Mensch Beziehung sein. Wenn die nicht stimmig ist, muss ich als Fotograf improvisieren. Es gab bis jetzt aber noch nie die Situation, dass ich deswegen keine guten Bilder machen konnte. Irgendwie gibt es dann immer ein paar Tricks oder Ideen, die man gemeinsam erarbeiten kann.
Welche Tipps kannst Du Amateur- und Hobbyfotografen für gelungene Pferdebilder geben?
Bei den Tipps kommt es natürlich ganz darauf an, wo man mit der Fotografie steht. Ganz zu Beginn: Ja, Technik erlernen nervt, aber es lohnt sich. Und ganz so schwierig, wie es erscheint, ist es gar nicht. Den Zusammenhang von Blende, Belichtungszeit und ISO sollte man verstehen, um im manuellen Modus fotografieren zu können.
Außerdem lohnt es sich in jedem Fall, viel auszuprobieren und Fotos und deren formalen Bildaufbau zu verstehen. Es hilft, Gestaltungsprinzipien zu kennen und einzuordnen. Bildkompositionen und deren Bildwirkung sollte man kennen. Zum Beispiel trägt der Bildausschnitt, die Perspektive, aber auch die Entscheidung, ob ein Quer-oder Hochformat gewählt wird, entscheidend zu einem guten Bild bei. Auch die Aufteilung von Flächen und Linien im Bild formt das Foto. Es ist also sicher nützlich, die Grundlagen der Gestaltungsregeln zu erlernen, um sie dann später zu nutzen oder auch bewusst wieder zu brechen.
Neben den Gestaltungsprinzipien sind bei der Pferdefotografie natürlich auch andere Dinge enorm wichtig: Jedes Pferd hat einen anderen Charakter und eine andere Stresstoleranz, die Pferde nicht zu überfordern, ist es wichtig, die Signale der Pferde verstehen zu können. Eine ruhige, aber auch klare Körpersprache hilft hier ungemein. Um starke Pferdebilder zu machen, agiere ich stets geduldig – mit viel Einfühlungsvermögen und dem Gespür für den richtigen Augenblick.
Was war dein bisher außergewöhnlichstes Erlebnis bei einem Pferdeshooting?
Jedes Jahr zu Beginn der Weidesaison fotografiere ich die Pferde bei uns im Reitstall auf Gut Großeforst in Düsseldorf. Da sind zwei große Herdenverbände mit insgesamt 50 Pferden. Ich finde das jedes Mal aufs Neue beeindruckend, wenn die Pferde als Herde losziehen und gefühlt die Erde bebt – und das in einer Großstadt 8 km von der Düsseldorfer Kö entfernt. Ein großartiges Spektakel!
Gibt es Vorbilder in der Pferdefotografie, die Dich besonders inspirieren?
Am beeindruckten sind für mich die Werke von Yann Arthus-Betrand. In seinem weltbekannten Buch „Pferde“ hat über 86 Pferderassen aus aller Welt porträtiert: von russischen Kaltblütern bis zum Arabischen Vollblut, von den weißen Pferden der Camargue bis zu den Ponys der Britischen Inseln. Die Pferde zeigt er dabei nicht als Rassenexemplar, sondern ganz individuell im Beisein mit Besitzer, Reiter oder Pfleger. Die Fotos erzählen ihre ganz eigene Geschichte, ohne dabei überinszeniert zu wirken.
Die hohe Kunst in der Pferdefotografie besteht aus meiner Sicht darin, Bilder zu schaffen, die das Thema nicht kitschig behandeln. Schöne und handwerklich perfekte Pferdefotos, die die Pferde verherrlichen und geradezu heroisch darstellen, gibt es viele. Für mich ist aber viel mehr eine natürliche Bildsprache spannend – Eine Bildsprache, die authentisch und echt ist.
Um ein Beispiel zu nennen: Die Bilder von der Tierfotografin Wiebke Haas in der Natur haben so einen natürlichen Bildstil, der mich anspricht. Um starke Bilder zu machen, braucht es nicht immer satte Farben.
Welche Rolle spielt das Equipment bei der Pferdefotografie und welches nutzt Du?
Sagen wir es so: Für gute Bilder braucht man auch gutes Equipment. Aber nicht jedes gute Equipment macht gute Bilder. Das Auge zählt genauso. Für den Einstieg benötigt man keine High-End-Kamera, aber man sollte sich schon eine solide Kameratechnik zulegen. Für die Tierfotografie sind lichtstarke Teleobjektive von Vorteil. Ich habe mehrere Nikon Vollformatsysteme. Mein Standard in der Tierfotografie ist das Telezoom 70-200 mm (AF-S Nikkor 70-200mm 1:2,8 E FL ED VR) mit 2,8 Offenblende und Bildstabilisator. Es lohnt sich, das Automatikprogramm mit dem Manuellen zu ersetzten.
Hast du einen „fotografischen Traum“ bzw. welche Ziele hast Du für die Zukunft?
Ich würde gerne mal im Ausland arbeiten. Also beispielsweise für ein Gestüt in Andalusien oder anderswo in Europa. Das muss sich aber natürlich mit meinem Familienleben vereinen lassen, ich habe einen Sohn im Kleinkindalter. Insofern sind das vielleicht Träume für die etwas fernere Zukunft.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluss angehenden Fotograf:Innen noch mit auf den Weg geben?
Was ich gelernt habe: Mit das Wichtigste für einen Fotografen ist die Vermarktung – und die beruht heutzutage zu einem großen Teil auf Selbstvermarktung. Das sollte man sich bewusst machen und bereit dazu sein. In der heutigen Zeit mit Social Media sogar mehr denn je. Das fällt mir selbst manchmal schwer, ist aber ein Muss für jeden Fotografen.
Kontakt:
Johanna Hagen (geb. Degens)
Neumannstraße 21
40235 Düsseldorf
Mail: kontakt@johannahagen.de
Tel: 0173 5332258