Fotografin Annika Seiler im Gespräch

Die Pferdefotografie hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Ohne Bildbearbeitung geht nichts mehr und schaut man sich so in den sozialen Netzwerken um, scheint es nur eine Devise zu geben: schneller, höher, weiter. Immer mehr Fotografen:innen drängen auf den Markt, die Bilder von Pferden werden immer spektakulärer und jeder scheint den anderen übertrumpfen zu wollen. Ob dies allerdings der Sinn der Sache ist und wir unseren Pferden damit einen Gefallen tun, ist die Frage.

Umso schöner ist es daher zu beobachten, dass sich nicht alle davon anstecken lassen und sich trotz allem selbst treu bleiben, so wie z.B Annika Seiler. Sie fotografiert leidenschaftlich gerne Tiere und ihre Menschen. Für sie ist es wichtig, Emotionen einzufangen, das Leuchten und das Knistern zwischen Mensch und Tier, sodass wunderschöne Erinnerungen entstehen für die Ewigkeit. Besondere Momente, die Geschichten erzählen auch noch lange, nachdem die Geschichte geendet hat.

Dabei sind für Annika nicht besondere Locations oder ausgefallene Kleider entscheidend, ihr kommt es vielmehr auf das Gefühl und den Moment an – und das sieht man ihren Bildern auch an. Trotzdem bildet sie sich regelmäßig weiter, besucht Coachings und Seminare bei anderen bekannten Pferdefotografen:innen wie z.B. Alexandra Evang oder Carina Maiwald, um immer noch dazuzulernen und sich inspirieren zu lassen. Was sie dort gelernt hat und welchen Anspruch Annika Sailer an gute Pferdefotos hat, interessiert mich und daher habe ich ihr einige Fragen gestellt:

Hallo Annika, erst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für meine Fragen nimmst, obwohl Du durch Beruf und Berufung sicher nicht zu viel davon hast. Kommen wir daher gleich zur ersten Frage. Wie ist Deine Leidenschaft für die Pferdefotografie entstanden?

Ich habe schon immer gerne fotografiert und als ich mir dann endlich eine Spiegelreflexkamera gekauft habe, war ich nicht mehr zu bremsen. Ich damals 2016 schon einigen wunderbaren Pferdefotografen gefolgt unter anderem Alexandra Evang und Lia Faliski. Lia fotografiert inzwischen nicht mehr und einige werden sie vielleicht auch gar nicht mehr als Fotografin kennen, aber sie hat in meiner Nähe gewohnt und da habe ich mir ein Herz gefasst und ein Personal Coaching bei ihr gebucht. Damals hatte ich von meiner Kamera und den ganzen Einstellungen sowie von der Bildbearbeitung nicht wirklich viel Ahnung. Lia hat mich sozusagen in die Pferdefotografie einführt und meine Leidenschaft dafür geweckt. Danach wollte ich nur noch solche Bilder machen und immer besser werden.

Du betreibst die Pferdefotografie nebenberuflich. Wie schaffst Du es, dies mit Deinem Beruf zu vereinbaren.

Das Ganze ist natürlich ein schmaler Grat und man muss sich diszipliniert daran halten, nicht zu viele Shootings anzunehmen, damit man neben dem Beruf noch genug Zeit findet und es nicht zu Belastung wird. Ich schaffe es bisher ganz gut, dass ich alles problemlos vereinbaren kann. Und ich habe natürlich die besten und verständnisvollsten Kunden, die mich nicht unter Druck setzen oder ungeduldig sind. Noch dazu stellt die Fotografie der perfekte kreative Ausgleich zu meinem normalen Beruf dar.

Was fasziniert Dich gerade an Pferden?

Ich bin schon seit meiner Kindheit den Pferden verfallen. Sie sind so zarte und sensible Wesen, und strahlen trotzdem so viel Stärke und Kraft aus. Pferde haben mir immer so viel Liebe und Freundschaft geschenkt. Und seit ich mein Pferd Schneetiger habe, hat sich alles noch intensiviert. Er zaubert mir jeden Tag ein Lächeln auf die Lippen. Ein Schelm und Charmeur in einem Pferd. Jedes Pferd hat einen Charakter, und es fasziniert mich immer wieder, diese verschiedenen Charaktere kennenzulernen und ihr Wesen mit meiner Kamera einzufangen.  

Mit Schneetiger hast Du ein wundervolles Pferd an Deiner Seite. Wie seid ihr zusammengekommen und was unternehmt ihr gemeinsam?

Ich habe ihn 2008 von einer Züchterin gekauft. Eigentlich wollte ich keinen Schimmel, aber als ich ihn mit seinen schwarzen frechen Augen in der Stallgasse stehen sah, war es um mich geschehen. Auch das Wesen eines Vollblutes muss man erst mal für sich entdecken. Ich hatte zu Beginn schon etwas meine Schwierigkeiten mit so einem quirligen und energiegeladenen Pferdetyp. Aber wenn man das Herz eines Vollblutes erobert hat, macht es alles für einen. Inzwischen sind wir wie ein altes Ehepaar – wir kennen uns in- und auswendig, zanken und diskutieren auch mal ausgiebig miteinander, aber wir gehören zusammen und lieben uns einfach.

Ich mache viel Bodenarbeit und Zirzensik mit Schneetiger. Er beherrscht das Steigen (seine absolute Lieblingslektion) und wir arbeiten gerade am Abliegen. Wir reiten gerne in der Natur umher, auch gerne mal 20 km mit viel Trab und Galopp. Ansonsten natürlich die klassische Dressur und ab und an auch etwas Springen. Wir haben auch schon Wanderritte mitgemacht. Und dieses Jahr habe ich mir einen Traum mit meinem Seelenpferd erfüllt. Wir waren wir zusammen in Renesse/Holland am Meer.

Was ist bei der Pferdefotografie die größte Herausforderung für Dich?

Das hört sich jetzt komisch an, aber die größte Herausforderung in der Pferdefotografie ist der Mensch. Tiere sind wie sie sind. Sie verstellen sich nicht. Sie sind nicht aufgeregt, weil ich heute ein Shooting haben, sondern beispielsweise, weil der Besitzer aufgeregt ist. Pferde sind so sensibel, sie spiegeln oft den Besitzer und dessen Gefühlswelt. Wir Menschen machen uns so viele Gedanken. Der Alltag holt uns ein und steuert und beeinflusst uns. Tiere sind immer wie sie sind. Ehrlich und echt.

Welchen Anspruch hast Du an Deine Pferdebilder und was möchtest Du mit Ihnen erreichen?

Ich will die Emotionen und die Verbindung der Menschen zu ihren Pferden einfangen. Hier natürlich nicht nur bei Pferden, sondern bei allen Tieren, die geliebt werden. Ich will das Band, das das Team verbindet, sichtbar machen. Und die Tiere so zeigen, wie der Besitzer sie durch seine Augen sieht. Jeder Moment ist ein Geschenk. Und ich bin Sammler dieser Geschenke, um sie mit Licht und Farbe zu bemalen und sie dann wieder zurück zu geben.

Welche Rolle spielt für Dich das Equipment bei der Pferdefotografie und welches nutzt Du bevorzugt?

Für mich persönlich spielt es eine wichtige Rolle, da ich natürlich will, dass meine Bilder auch technisch die größtmögliche Qualität auch unter schlechteren Lichtbedingungen und begrenzter Locationwahl haben. Manchmal kann man mit ängstlichen und älteren Pferden die gewohnte und sichere Umgebung des Stalls nicht verlassen und ist dann darauf angewiesen, dort zu fotografieren, was der Stall hergibt. Als Kamera nutze ich die Canon R5 und die Canon 5d Mk IV. Mein liebstes Objektiv ist das Canon 300mm f2.8. Ich nutze aber immer mehr auch Weitwinkelobjektive, um oftmals die wunderschöne Landschaft erfassen zu können und das Pferd hier gekonnt zu platzieren.

Ohne digitale Bildbearbeitung geht nicht nur in der Pferdefotografie fast nichts mehr. Was bedeutet sie für Dich?

Auch die Bearbeitung spielt eine große Rolle für meine Bilder. Immerhin gebe ich so jedem Bild meine spezielle Note. Ich passe die Farben und das Licht an, entferne Elemente, die das Bild stören. Ich erhoffe mir so, dass meine Bilder einen Wiedererkennungswert bekommen. Jedes Bild bearbeite ich so, als würde ich es mir selbst an meine eigene Wand zuhause hängen wollen.

Was war dein bisher berührenstes bzw. außergewöhnlichstes Erlebnis bei einem Pferdeshooting?

Es war ein Regenbogenshooting, bei dem das Pferd nochmal alles machen konnte, was es liebt. Wir haben auf der Koppel einen Tag vor der Einschläferung fotografiert. Zu Beginn hatte ich einen richtigen Kloß im Hals. Ich wollte, dass wir perfekte Bilder hinbekommen, weil es ja keine weitere Chance für Bilder geben wird. Aber als wir angefangen hatten, und das Pferd frei über die Koppel gerannt ist und immer wieder zu uns kam, um uns zu begrüßen, hatte ich alle Nervosität abgelegt. Es war einfach ein wunderschönes Shooting, bei dem das Pferd einen schönen Tag auf der Koppel mit seinem Lieblingsmenschen hatte. Noch dazu hatten wir genau an diesem Tag das wunderbarste Wetter und den schönsten Sonnenuntergang. Ich werde dieses Shooting nie vergessen.

Du bildest dich regelmäßig auf Treffen und Seminaren weiter. Gibt es Vorbilder in der Pferdefotografie, die Dich besonders inspirieren und wenn ja, weshalb?

Ein ganz besonderes Vorbild ist und bleibt Alexandra Evang. Sie beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue mit ihrer positiven und ruhigen Art und ihrer feurigen Leidenschaft für die Pferdefotografie. Sie sprudelt vor Kreativität und ist noch dazu ein so liebenswerter und positiver Mensch, dass man sich, egal ob Model oder Fotograf, in ihrer Nähe jederzeit wohlfühlt. Ich liebe die Art, wie sie Emotionen in ihren Bildern einfängt. Genau das ist es ,was ich tun will. Die Location, das Outfit oder die Äußerlichkeiten des Teams rücken klar in den Hintergrund, denn wer die Emotionen zwischen dem Menschen und seinem Seelentier sichtbar machen kann, der braucht das alles nicht. Wir alle lieben unsere Tiere, und nur darauf kommt es an.

Hast du einen „fotografischen Traum“ bzw. welche Ziele hast Du für die Zukunft?

Ich möchte ganze viele Länder bereisen und dort Pferde fotografieren. In der reinen  Pferdefotografie Emotionen wecken, indem ich vieles der typischen Landschaft mit einfließen lassen kann. Ganz oben auf meiner Wunschliste stehen Island, Tansania, Kanada und die USA. Und ich will unbedingt wieder nach Bosnien zu den Wildpferden. Sie haben mein Herz erobert, nachdem ich sie 2019 besucht habe.

Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Fotograf:Innen oder Einsteigern noch mit auf den Weg geben?

Tut das was euch Freude macht und euer Feuer entfacht. Lasst euch nicht zu sehr von den Bildern von anderen Fotografen beeinflussen und von anderen schönen Bildern bei Facebook, Instagram und Co. demotivieren. Gebt nie auf und wenn mal was nicht klappt versucht es weiter. Ihr könnt alles schaffen, wenn ihr nur genug Leidenschaft mitbringt und ihr freien Lauf lasst.

Vertraut auf das, was ihr könnt und lernt eure Kamera, ihre Fähigkeiten kennen und kennt ihre Schwächen, dann könnt ihr das beste Ergebnis erzielen. Es muss nicht immer höher, schneller, weiter sein – Emotionen sind überall, in jeder kleinen Geste und jedem kleinen Moment. Achtet auf die kleinen Dinge. Es ist eine Kunst, die kleinen Dinge zu sehen und festzuhalten, die Großen sieht jeder.


Kontakt:

Annika Seiler – Photography
Bachgasse 43
76761 Rülzheim

Telefon: 01794867730
E-Mail: info@annikaseiler-photography.de

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