Sandra Schneider im Interview
Die meisten kennen Sandra Schneider sicher aus der Serie „die Pferdeprofis“, in der sie sich zusammen mit Bernd Hackl bis 2018 um sogenannte Problempferde kümmerte. Gewaltfreie Kommunikation, Liebe und Geduld spielen dabei eine wichtige Rolle und für Sandra Schneider sind diese Eigenschaften der Schlüssel zum Erfolg im Umgang mit allen Pferden.
Gelernt hat die sympathische Pferdetrainerin, die vorher jahrelang im Büro gearbeitet hat, ihr „Handwerk“ in den USA / New Mexico. Dort brachte man ihr alles übers Westernreiten bei, wie man junge Pferde einreitet und wie man mit schwierigen Pferden umgeht. Schon damals war Sandra Schneider klar, dass die Menschen bei Problemen mit Pferden immer ein Teil des Problems sind und an sich selbst arbeiten müssen.
Daher absolvierte sie u.a. auch ein Studium am Internationalen Institut für Pferdekommunikationswissenschaft (IIPKW) und erlangte dort mit renomierten Trainern weitreichende Kenntnisse über ganzheitliches Pferdetraining. Seit 2004 arbeitet Sandra Schneider nun schon als selbständige Pferdetrainerin und hilft Menschen mit ihren problematischen Pferden.
Dazu reist sie nicht nur durch ganz Deutschland, um möglichst viele Menschen zu erreichen, sondern hat mit ihrer Akademie für ganzheitliches Pferdetraining ein Projekt geschaffen, das ihr sehr am Herzen liegt. In zwölf Monaten lernen ihre Schüler hier alles, was für das gesunderhaltende Training und die optimale geistige und körperliche Entwicklung eines Pferdes wichtig ist.
Davon profitiert natürlich auch ihre eigene kleine Herde, die aus dem Pinto Pepper, dem Haflinger Leon und der Mustangstute Uschi besteht. Letztere kam auf einem besonderen Weg zu Sandra Schneider, denn die Stute stammt aus einer Auffangstation in Oregon. Kennengelernt haben sich die beiden durch das Mustang Makover, an dem auch Sandra Schneider 2017 teilgenommen hat.
Dort bereitete sie die Mustangstute auf das Event vor und konnte sich dann am Ende nicht mehr von Uschi trennen. Wie dies zustande kam, darüber wollte ich mehr wissen und habe Sandra Schneider daher nicht nur dazu befragt, sondern ihr auch einige weitere für mich wichtige Fragen gestellt:
Sandra, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue. Daher fühlen sich auch viele Menschen von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist Du zu den Pferden gekommen?
Tiere haben mich schon als kleines Kind magisch angezogen und ich habe ihre Gegenwart oft der von Menschen vorgezogen. Pferde haben mich besonders in ihren Bann gezogen und ich konnte noch nie verstehen, warum diese großen, starken Tiere sich so viel von uns Menschen gefallen lassen. Aus diesem Grund habe ich es als Kind abgelehnt, eine Reitschule zu besuchen – ich konnte die Atmosphäre dort nicht ertragen. Viel lieber bin ich mit meinem Pflege-Shetlandpony Winnie im heimatlichen Westerwald durch die Natur gestreift.
Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung und wie sollte sie Deiner Meinung nach aussehen?
Der wichtigste Faktor ist ausreichend Platz und eine abwechslungsreiche Umgebung. Es gibt nichts schlimmeres und langweiligeres als viereckige, reizarme Paddocks oder Wiesen. Pferde möchten erkunden und lieben es, auf Futtersuche herumzustreunen. Da sind wir gleich beim nächsten Punkt: Das Futter. Das Verdauungssystem der Pferde ist auf ständige Futteraufnahme ausgerichtet – ein Pferd muss im Prinzip ständig kauen, um zufrieden und gesund zu bleiben. Darum braucht es Gras oder Heu, möglichst zur freien Verfügung oder gut gemanagt in vielen kleineren Portionen pro Tag, wenn es zur Gewichtszunahme neigt.
Wie man schon heraushören kann, ist für mich die Haltung in einem großzügigen Offenstall die einzig wahre Haltungsform. Das Leben in einer Box wurde von uns Menschen erfunden, um das Pferd immer schnell zur Verfügung zu haben. Artgerecht ist diese Haltungsform nicht. Bei der Offenstallhaltung ist neben ausreichend Platz und gutem Futter die Gruppenkonstellation sehr wichtig, damit es keinen Stress gibt.
Ich sage hier bewusst Gruppe und nicht Herde – eine Herde ist für mich etwas, das die Pferde sich in der Natur selbst aussuchen. Die Gruppen, die der Mensch zusammenstellt, entstehen willkürlich und die Pferde sind gezwungen, darin klar zu kommen. Sehr wichtig ist für mich, dass es in der Gruppe eine geringe oder am besten gar keine Fluktuation gibt – das sorgt immer für Stress …. und Pferde sollten möglichst wenig Stress haben.
Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Deine Mustangstute Uschi ist sicher ein gutes Beispiel dafür. Für uns als Partner ist es daher wichtig, sich auf die Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Was ist aus Deiner Sicht wichtig im Umgang mit Pferden?
Jeder Pferdehalter sollte sich zunächst wirklich mit dem Naturel der Pferde beschäftigen und lernen, was für Pferde wichtig ist und welche Bedürfnisse sie haben. Erst dann können wir uns in die Lage des Pferdes versetzen, ohne es zu vermenschlichen. Wenn wir das schaffen und empathisch auf das Wesen PFERD blicken, können wir praktisch alle Probleme verhindern bzw. recht schnell ausmerzen und wissen immer, was richtig ist – im Umgang und im Training. Pferde brauchen z.B. einen Führer, dem sie gerne vertrauensvoll folgen …. es ist wunderbar, wenn der Mensch diese Rolle im Umgang und im Training einnehmen kann. In der Tat ist das die Grundvoraussetzung für ein schönes, angstfreies Miteinander.
Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung und den Umgang mit seinem Pferd, auch wenn dort manches nicht so pferdegerecht ist, wie es manchmal scheint. Wer in der Pferdewelt inspiriert Dich am meisten – und vor allem weshalb?
In der Tat ist es so, dass viele „Horsemen“ die Pferde mit Angst gefügig machen und dann eine tolle Show abliefern, die die Menschen begeistert. Dabei muss man diesen Pferden nur einmal in die Augen schauen, um zu sehen, wie sie sich fühlen. Darum bin ich gar kein Freund von allzu spektakulären Auftritten und Darbietungen. Allerdings bin ich völlig fasziniert von Frédérique und Francois Pignon, die ihre Pferde spielerisch und mit ganz viel Vertrauen ausbilden. Diesen Pferden sieht man an, wieviel Freude sie an der gemeinsamen Arbeit haben!
Im Jahr 2017 hast Du als Trainerin am ersten Mustang Makeover Germany teilgenommen, einem Event der etwas anderen Art. Was hat Dich dazu bewogen, dort mitzumachen und was hast Du für Dich selbst aus dieser Zeit mitgenommen?
Ich verfolge seit Jahren das Extreme Mustang Makeover in den USA, bei dem die Mustangs innerhalb von 100 Tagen eine z.T. unglaubliche Entwicklung durchleben. Darum war ich sofort begeistert, als die Familie Strussione mich im Jahr 2017 fragte, ob ich beim allerersten Mustang Makeover in Deutschland mitmachen möchte. Ich fand die Idee gut, dass bei der Vorstellung der Pferde nach drei Monaten allein die Harmonie zwischen Pferd und Mensch bewertet werden sollte.
Praktisch lässt sich das natürlich nicht durchführen und letztendlich befanden wir uns in einer Turnier-Situation …. aus diesem Grund habe ich für mich entschieden, nicht mehr als Trainer bei dem Event mitzumachen. Ich lehne es ab, das Pferd im Schnelldurchlauf in wenigen Wochen zu etwas machen zu wollen, was es noch gar nicht leisten kann. Dafür bin ich einfach die Falsche. Was ich aber aus dieser Zeit mitgenommen habe, bleibt für immer bei mir: Meine Mustangdame Uschi. Ich hatte das große Glück, dieses besondere Pferd bei der Auktion im Anschluss an das Event in Aachen selbst zu ersteigern und bin jeden Tag froh darüber!
Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen eigenen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Du setzt Dich auf vielfältige Weise für das Wohl der Pferde ein und bietest umfangreiche Hilfestellungen. Wie würdest Du Deine vielseitige Arbeit mit den Pferden sowie Dein Gesamtkonzept beschreiben?
Für mich gibt es nichts Schöneres als die Gegenwart der Pferde. Ich möchte den Pferden so viel wie möglich zurückgeben für das, was sie für mich sind und was sie für uns tun. Ich möchte den Menschen vermitteln, dass unsere Pferde viel mehr Wertschätzung verdient haben, als die meisten ihnen entgegenbringen. Ich möchte eine Stimme für die Pferde sein – zwar „sprechen“ die Pferde auf ihre Art ständig mit uns, aber oft brauchen die Menschen einen „Übersetzer“ dafür.
Mein „Gesamtkonzept“ begründet also darin, dass ich Pferden helfen möchte, besser verstanden zu werden. Dazu brauche ich natürlich die dazu gehörigen Menschen. Es ist also nicht nur Training mit dem Tier, sondern auch Coaching für den Menschen. Das ist für mich eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, die ich sehr ernst nehme.
Sandra, Du beschäftigst Dich intensiv mit den Pferden und ihren Menschen und gibst Dein Wissen auch gerne weiter. Über Beschäftigungsmangel kannst Du Dich wahrscheinlich nicht beklagen. Wie sehen daher Deine Pläne für die Zukunft aus?
Ich bin ein Mensch, der im Augenblick lebt – und im Augenblick bin ich absolut glücklich mit meinem Leben, so wie es ist …. Daher bin ich niemand, der großartige Pläne schmiedet. Ich habe viel Vertrauen ins Leben und weiß, dass alles zu einem kommt, solange man auf dem rechten Weg ist. Für mich ist es wichtig, eine große Plattform zu haben, um möglichst viele Menschen mit dem zu erreichen, was ich zu sagen habe und was ich tue – im Namen der Pferde.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluß anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?
Jenseits jeder Technik und jeglichen Equipments ist unser GEFÜHL das wichtigste im Pferdetraining. Pferde spüren unsere Emotionen und reagieren darauf. Auch wenn ich gar nicht reiten kann und mich mit Pferden nicht auskenne, kann ein Pferd zu mir eine wundervolle Bindung und blindes Vertrauen aufbauen, wenn ich mit Gefühl an die Sache herangehe.
Oftmals bleibt dieses Gefühl auf der Strecke, weil wir ein bestimmtes Ziel erreichen wollen oder der Trainer uns etwas suggeriert, was er in dem Pferd (nicht) sieht …. darum mein Rat: Hört immer auf Euer Bauchgefühl und behandelt Euer Pferd so, wie Ihr behandelt werden möchtet. Wenn Ihr das Pferd trainiert, fragt Euch immer: „Wie würde ich das finden, wenn ich Pferd wäre? Würde mir das gefallen?“ Eure Pferde werden es Euch danken…
Vielen Dank Sandra für Deine offen Worte und die konstruktive Zusammenarbeit. Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude bei Deinen zahlreichen Unternehmungen zum Wohle der Pferde.
Weitere Informationen über Sandra Schneider und ihre Bemühungen, diese Welt zu einer besseren Welt für Pferde zu machen, findest du auf ihrer Website Sandra Schneider Live oder Traumberuf Pferdetrainer.