Matthias Greye im Interview
Wie so viele Männer ist auch Matthias Greye erst über Umwege zu den Pferden gekommen, obwohl er eigentlich mit ihnen aufgewachsen ist. Schnell merkte er dann, dass er einen guten Zugang zu Pferden hat und so wurde aus Faszination Leidenschaft. Pferdesport war allerdings nie seine Welt, der Umgang mit sogenannten „schwierigen“ Pferden schon eher.
Besonders die Herausforderung, das Vertrauen dieser sensiblen und intelligenten Tiere zu gewinnen sowie partnerschaftlich mit ihnen zu arbeiten, machen Matthias großen Spaß. Die Freude an der Arbeit mit den Pferden brachten ihn dann letztendlich dazu, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Als Pferdetrainer hilft er nun Mensch und Pferd dabei, besser miteinander kommunizieren zu können.
Aber nicht nur das. Da Matthias die ganzheitliche Betrachtung des Pferdes wichtig ist, sorgt er zudem als Hufpfleger und Pferdeheilpraktiker für ihr Wohlbefinden, um ein gesundes und zufriedenes Fundament für die Partnerschaft mit dem Menschen zu schaffen. Auf der Noriker Ranch hat er so zusammen mit seiner Frau ein Reich geschaffen, wo sich Mensch und Tier wohlfühlen können.
Um mehr über Matthias Greye, seine abwechslungsreiche Arbeit und seine Einstellung zu den Pferden zu erfahren, haben wir ihm daher einige für uns wichtige Fragen rund um die Welt der Pferde gestellt:
Matthias, Pferde sind wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns auf unterschiedlichste Weise immer wieder aufs Neue. Daher fühlen sich viele von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist Du zu den Pferden gekommen und was fasziniert Dich an ihnen?
Ich hatte bereits als Kind intensiven Kontakt mit Pferden. Mein Großvater war Hufschmied und ich war in jeder freien Minute dabei. Zu dieser Zeit war der Größenunterschied zwischen mir und den damals sehr großen Warmblütern zwar noch viel größer, aber ich habe schon damals das sanfte und ehrliche Wesen dieser Tiere zu schätzen gewusst. Die Pferde und ich hatten damals schon einen Draht zueinander, gerade die als schwierig bezeichneten reagierten ruhig und behutsam auf meine Anwesenheit. Auch heute noch faszinieren mich die einzigartigen Charaktere der Pferde und jedes Pferd benötigt eine individuelle Begegnung mit dem Menschen. Der tägliche Umgang mit dem Pferd besteht darin, das Pferd als Partner zu sehen und eine vertrauensvolle Partnerschaft zu pflegen.
Pferde sind immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt. Als Fluchttier stellen sie daher besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Was ist aus Deiner Sicht als Trainer wichtig beim täglichen Zusammensein mit Pferden?
Zum einen versuche ich immer mit den Pferden im Moment zu leben, so wie es die Pferde auch tun. Weiterhin sehe ich jede Zeit, die ich mit Pferden verbringen kann als Geschenk. Vor allem ist es wichtig, die Pferde aufmerksam zu beobachten und ihnen zuzuhören. Das tun die wenigsten Menschen leider heutzutage. Ich stecke kein Pferd in ein Raster und drücke es dann dahin, wo ich glaube, es hin drücken zu müssen. Die Pferde geben mir immer den Rahmen vor, in dem ich mich bewegen kann.
Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Das weisst Du als Trainer, Hufpfleger und Pferdeheilpraktiker sicher nur zu gut. Wie leben Deine Pferde und was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung?
Wir haben auf der Noriker Ranch verschiedene Haltungsformen. Paddockboxen, Innenboxen, Laufboxen und Offenställe. Egal welche Behausung, so hat jedes Pferd täglich Auslauf auf Koppel oder Schlechtwetterauslauf. Essentiell für Pferde ist ausreichend Raum für freie Bewegung, also nicht nur longieren oder spazieren gehen mit dem Menschen sowie der direkte Kontakt zu Artgenossen. Pferde sind Herdentiere und benötigen auch Herdenstrukturen, um glücklich und zufrieden zu sein. Problem ist, dass wir auf Grund von limitierenden Rahmenbedingungen den Pferden meist keine Bedingungen wie den Wildpferden schaffen können. Kompromisse muss man also immer eingehen. Aber folgende Grundsätze sollten dabei nie zur Debatte stehen: täglich freie Bewegung über mehrere Stunden, direkter Kontakt zur Herde, ausreichend Raufutter ohne lange Fresspausen sowie abgestimmte Mineralstoffzufuhr.
Für die Ausbildung und den Umgang mit dem Pferd dienen uns häufig bekannte Horsemen und Pferdemenschen als Vorbild oder Anregung. Wer in der Pferdewelt inspiriert Dich am meisten und vor allem weshalb?
Ich versuche immer abseits von bestimmten Stilen und Dogmen zu agieren, mir Anregungen und Ideen zu holen, aber nie mein Prinzip des Pferdes als Partner aus dem Auge zu verlieren. Die alten und bekannten Horsemen wie Buck Brennaman haben mich von Anfang an inspiriert, weil sie einen Zugang gefunden haben, den ich bewundernswert finde. Horsemanship ist leider lange nicht mehr gleich Horsemanship, da auch hier bei einigen Vertretern die eigentliche Grundidee verloren gegangen ist. Nämlich nicht dem Partner Pferd stumpf seinen Willen aufzuzwingend, sondern mit ihm zu kommunizieren.
Durch Silvia Mathoi bin ich zu NHS gekommen und bei ihr habe ich meine ersten Kurse belegt. Daher inspiriert auch sie mich. Weiterhin Bernd Hackl mit seiner natürlichen Art, das Pferd im Mittelpunkt zu sehen und Pferd inkl. Mensch zu trainieren. Erst vor Kurzem hat mich Ina Cygon sehr inspiriert. Eine Trainerin, die eigentlich aus dem klassischen Bereich kommt, über die letzten 30 Jahre aber eine natürliche und pferdegerechte Ausbildungsmethode entwickelt hat, die gerade in Bezug auf Gymnastizierung und gesunden Muskelaufbau sehr inspirierend ist. Auch bei Ihr liegt das Verständnis des Pferdes an sich zu Grunde, sowie das Zuhören bzw. Kommunizieren, mit dem Ziel gesündere und zufriedenere Reitpferde zu haben.
Was gibt es Schöneres, als seinen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Wie würdest Du Deinen Weg sowie Deine Arbeit und Deine Ziele mit den Pferden beschreiben?
Wie schon erwähnt versuche ich die Pferde und ihre sehr klare Körpersprache sehr aufmerksam zu beobachten und ihnen zuzuhören. Wir Menschen sind in Sachen Körpersprache echte Analphabeten und hier muss man sich stetig weiterentwickeln. Mein vorrangiges Ziel ist es, dass es den Pferden mit dem Menschen gut geht und sie so naturgerecht wie möglich leben können. Aber auch dass die Menschen Freude am Umgang mit diesen wunderbaren Tieren haben bzw. behalten. Die einzelnen Ziele können immer sehr individuell sein, wobei für mich immer das Wesen im Vordergrund steht.
Matthias, Du bist zusammen mit Deiner Frau und eurer Noriker Ranch gerade erst im Februar 2019 auf den Sonnleitenhof nach Gerolsbach gezogen. Hier habt Ihr nach eigenen Aussagen noch eine Menge vor. Wie sehen Deine weiteren Pläne konkret aus?
Im Grunde möchten wir hier einen Platz schaffen, an dem wir unsere Leidenschaft für Pferde mit anderen Menschen teilen können und Pferden sowie Menschen helfen, besser miteinander kommunizieren zu können und damit glücklicher zu werden. Die Reiterwelt ist leider geprägt von Konventionen, Vorurteilen und Schema-Denken. Wir möchten hier eine Alternative bieten für Kinder und Erwachsene. Hier soll ein Ort sein, an dem es keine Vorurteile auf Grund von Pferderassen, Reitweisen usw. gibt – nur das Pferd im Vordergrund steht.
Bautechnisch gibt es immer viel zu tun und man hängt auch leider öfter Mal im Plan hinterher. Unser Offenstall muss noch fertig werden sowie der neue Reitplatz eine neue Tretschicht bekommen. Weiterhin ist noch ein kleiner Extreme Trail Parkour geplant für das nächste Jahr. Ab diesem Herbst sind wir außerdem Ausbildungsstandort für die methodenoffene Hufpflegerausbildung des LTZ Zanger. Es wird auch weiterhin diverse Kurse, auch von externen Trainern geben, denn man sollte sich immer versuchen weiterzuentwickeln, den Austausch pflegen und dazu lernen.
Leider bekommt man immer mal wieder von Neidern usw. diverse Steine in den Weg gelegt. Wir lassen uns davon aber nicht abbringen, sondern nutzen diese Steine zum Bau des weiteren Weges. Der Weg ist ein echter und guter Horseman zu werden. Denn egal, wieviel ich bereits durch die Pferde lernen durfte, mein Weg ist noch lange nicht zu Ende.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluß anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?
Arbeitet nicht immer nur an Eurem Pferd, sondern überprüft auch Euch selbst und arbeitet vor allem auch an Euch und Eurer Einstellung. Wagt stets einen Blick über den Tellerrand hinaus und folgt nicht einfach nur irgendwelchen „Gurus“ und Lehren. Das Leben ist ein ewiger Lernprozess und man lernt immer dazu. Hört mehr auf Euer Pferd und Euer Gefühl.
Für die Harmonie zwischen Mensch und Pferd gibt es eigentlich nur den Weg von Vertrauen, Kooperation und Verständnis füreinander. Seht das Pferd als eigenständiges Individuum mit Charakter und Bedürfnissen, genau wie ihr es auch seid. Wenn es Euch beim Pferd nur darum geht, Selbstbestätigung über das Tier zu suchen oder dass es so funktionieren soll, wir ihr das wollt, dann steigt lieber auf ein Fahrrad oder Motorrad um. Es gibt im Grunde keine „Problempferde“- nur Pferde mit Menschenproblemen.
Vielen Dank Matthias für deine ausführlichen Antworten auf unsere Fragen und den Einblick in deine Arbeit.
Wenn du jetzt mehr über Matthias Greye und seine Philosophie im Umgang mit Pferden erfahren möchtest, findest du weitere Informationen auf der Website der Noriker Ranch.