Marie Heger im Interview
Von der diplomierten Schauspielerin zur Pferdefrau, so könnte man Marie Hegers Weg in einem Satz zusammenfassen. Jahrelang war die Theaterbühne ihr Zuhause, mittlerweile ist es die Welt der Pferde. Dabei kommen Marie die Inhalte und Erfahrungen aus ihrem Schauspielstudium und ihrer Arbeit als Schauspielerin hier durchaus zugute, insbesondere die zwischenmenschliche Kommunikation betreffend. Vor allem für die Beziehungsarbeit von Pferd und Mensch sind diese sehr hilfreich.
Hinzu kommt die langjährige Erfahrung im Umgang mit Jung- und Korrekturpferden sowie Pferden mit Verhaltensstörungen. Als Pferdeverhaltenstrainerin hat Marie zudem Tierpsychologie studiert, ist ausgebildete Trainer C Westernreiten Leistungssport und hat viele weitere Kurse und Ausbildungen erfolgreich absolviert. Dieses Wissen gibt sie regelmäßig in Kursen und Workshops rund um das Thema Pferdeverhalten und Ausbildung weiter.
Im Rahmen ihrer Referententätigkeit und als Gast auf internationalen Turnieren und Veranstaltungen vermittelt Marie zudem ihre idealistischen Gedanken, um die Pferdewelt für Mensch und Pferd harmonischer und artgerechter zu gestalten. Die sensible und pferdegerechte Kommunikation zwischen Mensch & Pferd steht für sie dabei im Mittelpunkt mit Ziel, so frei und unabhängig wie möglich von mechanischer Einwirkung mit den Pferden zu kommunizieren. Der #pferdegerecht auf der ersten Seite ihrer Website verdeutlicht dies noch einmal. Damit auch du die Möglichkeit hast, mehr über Marie Heger und ihre interessante Arbeit zu erfahren, haben wir ihr einige für uns wichtige Fragen gestellt:
Marie, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue. Daher fühlen sich viele von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist du zu den Pferden gekommen und was fasziniert dich an ihnen?
Mein Großvater hat mir gezeigt, was wirklich wichtig ist im Leben. Einfach, indem er mich an seinem Alltag mit den Pferden teilhaben ließ. Er hat mir alles über Leben und Tod beigebracht, nicht zuletzt mit seinem eigenen. Durch die Pferde werde ich immer mit ihm verbunden sein. Meine Ruhe und Freiheit finde ich bei den Pferden. Sie holen mich immer wieder zurück in die Natur und zu der Ursprünglichkeit des Lebens. Sie geben mir Kraft und erarbeiten mit mir und ihren Menschen immer wieder, ob und wem man vertrauen kann, um sich nicht fürchten zu müssen. Bei den Pferden geht es um so viele pure Bedürfnisse, die mir immer wieder bewusst werden lassen, wie wenig ich eigentlich benötige, um glücklich und zufrieden zu sein.
Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes. Wir als verantwortungsbewußte Pferdehalter können viel dazu beitragen. Wie leben deine Pferde und was bedeutet für dich artgerechte Pferdehaltung?
Meine Stute Jolene lebt in einem großen Aktivstall in einer sehr homogenen, gemischten Herde mit Weideanschluss. Mein leichtfuttriges Minishetty Polly lebt mit einem Freund ihrer Größe in einem Laufstall und auf einer kargen Weide. Nicht so leicht, die Kleinen schlank und trotzdem zufrieden zu halten. Ich berate täglich Pferdebesitzer*innen, die bei mir in Bezug auf die Verhaltensstörungen ihrer Pferde Hilfe suchen. In den meisten Fällen muss ich ausschließlich eine Haltungsberatung machen, da hier der Grund vieler Erkrankungen und Verhaltensannomalien liegen. Häufig scheint es so naheliegend, was dem Pferd fehlt, die Besitzer*innen sind jedoch nicht in der Lage, es zu sehen. Ich treffe jedoch auch häufig auf die Bereitschaft, zum Wohl des Pferdes etwas verändern zu wollen. Und diese Menschen sind bei mir an der richtigen Adresse. Mit der Unterstützung verschiedener Experten und Expertinnen im Pferdebereich versuche ich, für die Pferde und ihre Besitzer*innen die bestmöglichen Lösungen zu finden.
Als Tier, welches von Natur aus bei Gefahr sein Heil in der Flucht sucht, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Was ist für dich aus Sicht einer Pferdeverhaltenstrainerin wichtig beim Umgang mit Pferden?
Als Pferdeverhaltenstrainerin ist es mir ein großes Anliegen, Pferdebesitzer aufzuklären, um beginnende Verhaltensstörungen beim Pferd frühzeitig zu erkennen und im Sinne des Pferdes etwas zu verändern. Mir ist es wichtig, die Pferde auf das, was wir tun, antworten zu lassen. Wer feine Hilfen gibt, bekommt auch feine Antworten. In meiner Arbeit als Vermittlerin zwischen Pferd und Mensch geht es darum, den Menschen zu helfen, ihr Pferd nicht zu vermenschlichen, jedoch genau soviel Empathie zu zeigen, wie für einen geliebten Menschen. – pferdegerecht – mitdenkend – mitfühlend. All das geht nur mit Wissen rund um das Pferd und seine artspezifischen Bedürfnisse.
Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung seines Pferdes. Wer sind deine Vorbilder in der Pferdewelt und was fasziniert dich an ihnen?
Mich inspiriert jeder, der stets offen in seinem Umgang mit Pferden und Menschen ist. Die Menschen, bei denen sich Empathie, Fachwissen und Intuition treffen. Ich wühle mich täglich durch Fachliteratur alter Lehrmeister und lerne zu differenzieren. Ich scheue mich nie davor, heute etwas zu verändern, wovon ich gestern noch überzeugt war. Und das haben die Pferde mich gelehrt.
Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen eigenen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Wie würdest du deine Arbeit mit Pferden und dein Konzept beschreiben?
Ein Konzept würde ich es nicht nennen, da es so viele Variablen benötigen würde, wie es Pferde gibt, und das würde die Bezeichnung Konzept wieder aufheben. Ich bringe den Pferden bei, dass ihre Körpersprache nicht ignoriert wird. Dass es eine Reaktion gibt auf eine Aktion. Eine Antwort auf eine Frage. Erst dann ist es motiviert, mit mir zu kommunizieren und offen für die weitere Ausbildung bis zur hohen Schule. Ich bringe den Pferden bei zu lernen! Ich kann den Pferden nicht die ganze Welt zeigen und erklären, aber ich kann ihnen beibringen, wie sie mit neuen Situationen umgehen können. So, dass sie nie um ihr Leben fürchten müssen oder in Stress geraten und womöglich sich und andere in Gefahr bringen. Mein Ziel ist es, so frei und unabhängig von mechanischer Einwirkung wie möglich mit den Pferden zu kommunizieren. Deshalb steht die sensible und pferdegerechte Kommunikation zwischen Mensch und Pferd im Mittelpunkt meiner Arbeit. Ich liebe die Vielfalt der verschiedenen Reitweisen und Rassen. Ich werde mich wohl nie festlegen, in welchem Sattel ich ausbilden will und das ist auch gut so. Ziel jeder Ausbildung ist für mich, das jeweilige Talent vom Pferd zu entdecken und es zu fördern, immer unter Beachtung der Möglichkeiten des jeweiligen Exterieurs. So ist Motivation vorprogrammiert. Wenn ein Wettbewerb im Vordergrund steht, sollte es immer der mit sich selbst sein und nicht der, sich mit anderen zu messen.
Du hast dieses Jahr (2018) zum ersten Mal als Trainerin am Mustang Makeover Germany teilgenommen. Was hat dich dazu bewogen, hier mitzumachen, wie hast du die 100 Tage mit deinem Mustang erlebt und was hast du für dich selbst aus dieser Zeit mitgenommen?
Ich wollte wissen, wie es ist, einem Pferd gegenüberzustehen, das kaum bis gar keine Erfahrungen mit Menschen hat. Pferdeverhalten pur zu erleben, ohne Verfremdung von Aufzucht und Einwirkung vom Menschen. Der Wettbewerbsgedanke hat mich an der ganzen Aktion eher gestört. Ich wollte das Projekt jedoch nutzen, meine Arbeit mit Pferden transparent zu zeigen und die Menschen für einen pferdegerechten Umgang zu sensibilisieren. Zwang- und gewaltlose Pferdeausbildung, egal in welcher Reitweise, ist möglich, und das war eine schöne Gelegenheit, dies auch öffentlich zu zeigen. Ich mochte die Bewertungskriterien „Harmonie“ und „Partnerschaft“. Ich dachte mir einfach, wenn ich mit Herz dabei bin, kann ja nichts schief gehen. Und dann kam Berry. Mein Mustang Wild Berry hat mich zum Schwanken gebracht – in jeder Hinsicht. Sie hat mich noch mehr für die natürliche Sprache der Pferde sensibilisiert und mir verdeutlicht, was für ein großes Privileg uns Menschen eingeräumt ist, wenn sie Berührung zulässt und sich dem Menschen anschließt. Sie hat mich gelehrt, dass nichts selbstverständlich ist. Ihre Stärke ist ihr Selbstschutz und ihr tiefer Drang zu überleben. Ich hoffe, dass ihr niemand je diese nehmen wird. Ihre Sehnsucht nach Weite und Platz ihr hoffentlich nie zum Verhängnis wird und sie ihr Leben lang in einer pferdegerechten Haltung leben wird – ohne Boxen und Gitterstäbe.
Du hast bereits viel in deinem jungen Leben erreicht. Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?
Die Frage passt zu mir. Denn genau diese stelle ich mir jeden Tag und jeden Tag kommt etwas Neues dabei heraus.
Welchen Rat möchtest du zum Schluß anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?
Macht die Pferde nicht „mundtot“, lasst sie antworten und hört ihnen zu. Sie haben so viel zu erzählen.
Vielen Dank Marie, dass du dir trotz deines vollen Terminkalenders die Zeit genommen hast, um uns einen kleinen Einblick in deine Arbeit zu geben. Für deine Zukunft wünschen wir dir weiterhin alles Gute und freuen uns, wenn sich unsere Wege in Zukunft wieder einmal kreuzen…
Wer jetzt noch weitere Informationen über Marie Heger und ihre Arbeit mit Pferden sucht, findet diese auf ihrer Website oder ihrem Facebook-Acount.