Gabriela Proksch Bernabé im Interview
Für fast jeden Menschen stellt sich irgendwann im Leben die Frage nach dem eigenen Sein, nach Anerkennung und Zugehörigkeit. Nicht selten geraten wir dabei tief ins Grübeln oder sogar in Krisen. Jemand, der uns bei der Selbstfindung unterstützen kann, ist Gabriela Proksch-Bernabé. Gemeinsam mit ihrer Familie, vier Pferden und einer Katze lebt sie in Tirol.
Hier betreibt Gabriela auch zusammen mit ihrem Mann Gerhard mit der Reittherapie Tirol eine Einrichtung, in der sich sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene über das therapeutische Reiten mit eigens dazu ausgebildeten Pferden ihren Problemen stellen und Unterstützung finden können. Eine innige Beziehung zu Tieren hatte Gabriela schon immer und Pferde spielten dabei stets eine wichtige Rolle.
Daher durften diese Tiere auf ihrem Weg als neugierige Wissenssammlerin natürlich nicht fehlen. So ließ sich Gabriela dank ihrer Liebe zu den Pferden nach ihrer Promotion in Psychologie und Pädagogik zusätzlich zur Reittherapeutin ausbilden und lehrt sogar Feldenkrais. Außerdem beschäftigt sie sich seit vielen Jahren mit den verschiedensten Medizinmenschen und Bewahrern für altes Wissen. Aber nicht nur das.
Auch als Bildende Künstlerin verleiht Gabriela ihrer Kreativität Ausdruck und zahlreiche Ausstellungen führten sie rund um die Welt. Mit ihrem Erstlingsroman Nala – Der magische Steinkreis*, bei dem Pferde eine wichtige Rolle spielen, hat sie außerdem noch ihr Debüt als Schriftstellerin gegeben. Gerade erscheint übrigens der zweite Band Nala – Der Hexenberg*. So folgt Gabriela ihrem Herzen und vereint bemerkenswert Psychotherapie, Reittherapie, Feldenkrais, Philosophie und Kunst miteinander. Wir wollten natürlich wissen, wie das möglich ist und haben ihr daher einige Fragen gestellt:
Gabriela, Pferde sind besondere Geschöpfe, von denen wir so vieles lernen können. Wie bist Du zu den Pferden gekommen und was fasziniert Dich an ihnen?
Die Sehnsucht nach Pferden hat mich schon als Mädchen gepackt. In einer nahegelegenen Reitschule mit Araberzucht durfte ich meine ersten Erfahrungen mit diesen wundervollen Wesen machen. Vielleicht liegt meine starke Beziehung zu dieser Pferderasse auch darin begründet, dass sie meine „erste Liebe“ waren. Später hatte ich ein Pflegepferd, einen Riesen mit 185 cm Stockmass. Da ich sehr klein war, konnte ich nur mit einer speziellen Technik auf Don, so hieß der Hannoveraner, hinaufklettern. Ich durchstreifte mit diesem Pferdefreund die Wälder und er brachte mich stets sicher wieder heim, obwohl ich in diesem Alter überhaupt keinen Orientierungssinn hatte.
Während meines Studentenlebens musste ich aus Geldmangel die Reiterei aufgeben. Erst viel später begann ich, geprägt durch meine Begegnungen mit BewahrerInnen alten Wissens und durch Natural Horsemanship auf eine ganz andere, neue Weise diesen magischen Tieren zu begegnen. Jetzt bin ich angekommen in einer innigen Beziehung zu den Pferden und Ponys, mit denen ich lebe. Wir arbeiten gemeinsam und unterstützen kleine und große Menschen auf ihrem Entwicklungsweg.
Die Faszination ist vielleicht dadurch zu erklären, dass Pferde mit Menschen eine uralte, archetypische Bindung eingegangen sind. Nicht umsonst sind die Bilder des Zentauren, Pegasus und Einhorn in unseren Mythen tief verwurzelt. Ihre Anmut, Kraft und Schönheit berühren mein Herz. Jeder Versuch, diese geheimnisvolle Anziehung zu beschreiben, greift irgendwie zu kurz. Ich denke, das werden viele Pferdemenschen so empfinden. Ein Blick in die Augen, der Spiegel der Seele, gemeinsamer Atem, Ankommen im Sein. Am ehesten gelingt es durch Poesie, diese Verbundenheit und Liebe auszudrücken.
Nach wie vor sind Pferde stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt, das sollten wir beim Umgang mit ihnen beachten. Du hast Dich intensiv mit dem Thema Horsemanship auseinandergesetzt. Wie kam es dazu?
Das erste eigene Pferd haben wir für unseren Sohn gekauft. Eine glückliche Fügung hat uns zu einem dreijährigen Shagya-Araber namens Spirit geführt. Seine vorherige Besitzerin wurde unsere Trainerin. Sie hat uns in eine Natural Horsemanship Methode eingeführt und wir durften mit ihr gemeinsam diesen jungen Wildfang ausbilden. Zum ersten Mal habe ich mir wirklich Gedanken über das Wesen Pferd gemacht. Es war wie ein neues Universum. Die Welt durch Pferdeaugen zu betrachten, war in der Reiterei, wie ich sie als Kind gelernt hatte, nie vorgesehen. Erst jetzt begann ich zu begreifen, wie unterschiedlich wir Menschen als Raubtiere, und Pferde als Fluchttiere funktionieren. Die Freude zu entdecken, wie wir uns gegenseitig spiegeln, anziehen oder unterscheiden, hat mich immer weiter hineingeführt in das Thema.
Zur Frage, was wir beachten sollten: Das Pferd wirklich als Wesen Pferd zu begreifen und nicht zu vermenschlichen, obwohl es unser Spiegel ist. Das finde ich eine hohe Kunst. Der Mut zur Ehrlichkeit hilft die Beziehung zu vertiefen, denn Pferde sind immer ehrlich. Im Gegensatz zu uns Menschen. Wir machen oft nicht nur den anderen, sondern auch uns selber etwas vor. Pferde sehen und spiegeln immer den wahrhaftigen Kern ihres Gegenübers.
Was ich in meinem neuen Buch: NALA – Der Hexenberg, auch vermitteln will, ist die Bewusstheit darüber, dass Pferde keinen Schmerzlaut äußern können. Wir müssen mit Achtsamkeit und viel Pferdewissen ihre Körpersprache beobachten, um zu wissen ob es ihnen gut geht. Allzu leicht können wir sonst die Bedürfnisse der Tiere übersehen und nur eigene Ziele, auch wenn diese gut gemeint sind, durchsetzen.
Häufig orientieren wir uns an Vorbildern oder holen uns bei ihnen zumindest Anregungen, das gilt auch beim Umgang mit Pferden. Wer in der Pferdewelt inspiriert Dich am meisten und vor allem weshalb?
In der Pferdearbeit war meine erste Lehrerin Susanne Zanesco, die mich in die Horsemanship Philosophie eingeführt hat. Mit Liebe und Konsequenz schaute sie auf die Beziehung zu mir und meinen Pferden und hat mich auch selber entdecken lassen, wie Lösungen gelingen können. Besonders schön finde ich, dass sie immer wieder betont, dass Pferde auch Fehler machen dürfen, sie daraus lernen und sich aus eigener Kraft weiterentwickeln können.
Alfonso Aguilar habe ich als einen Pferdemenschen kennengelernt, der ein unheimliches Timing hat. Er macht nie zuviel. Sich rechtzeitig zurückzunehmen finde ich sehr respektvoll, weise und bescheiden. Die Bücher von Mark Rashid oder Linda Tellington-Jones haben mir wertvolle Impulse gegeben, aber es gibt inzwischen wirklich viele inspirierende Menschen in der Pferdewelt.
Ich könnte meine sehr spezielle Arbeit aber nicht machen, ohne meine Lehrzeit bei BewahrerInnen von Altem Wissen der indigenen Völker. Seit vielen Jahren gebe ich dieses Wissen auch selbst weiter. Es fließt in die Heilungsprozesse ein. Medizinräder, Rituale und der Respekt vor der Verbundenheit mit der Natur kommen aus dieser Quelle.
Damit Pferde uns unterstützen können, spielen deren artgerechte Haltung, Gesundheit und Ernährung eine wesentliche Rolle. Wie leben eure Pferde und was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung?
Unsere vier Pferde leben im Offenstall in Herdenhaltung, mit 24 Stunden Zugang zu gutem Heu. Im Sommer genießen sie ihr Leben auf einer großen Weide. Wenn wir pfeifen, kommen sie aufs Paddock, um mitzuarbeiten. Unsere Absicht ist, dass es nach einer Therapieeinheit allen besser geht, dem Menschen der begleitet wird, der TherapeutIn und dem Pony.
Im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung und Selbstfindung wird bereits seit vielen Jahren auf das Pferd gesetzt. Du bist mit deinem Mann hier sehr vielseitig aufgestellt. Was umfasst euer Angebot und wie müssen wir uns so ein Coaching bei euch überhaupt vorstellen?
Wir finden es vorteilhaft, den Menschen die zu uns kommen, verschiedene Herangehensweisen an die Pferdearbeit anzubieten. Das ermöglichen unsere vielseitigen Ausbildungen. Mein Mann Gerhard hat sich als systemischer Familientherapeut und Kinder- und Jugendlichentherapeut auf pferdegestützte Psychotherapie und Coachings für Einzelpersonen und Teams spezialisiert.
Ich unterstütze Menschen gerne durch einen Selbsterfahrungsprozess mit Hilfe von Ritualen oder Körperarbeit mit dem Pferd. Bei sehr einfachen Übungen wie z.b. dem Führen und Folgen können oft in wenigen Augenblicken die Grundfragen der Persönlichkeit ans Licht kommen. Es mutet fast magisch an, wie Pferde, wenn sie in ihrem Ausdruck frei sind, jede Stärke und Schwäche spiegeln.
Mit sehr individuellen Lösungsschritten, das reicht von Atem- oder Körperübungen bis zu Trancereisen, begleite ich beide, Pferd und Mensch zu Klarheit, Verbundenheit und Leichtigkeit (oder was immer sie sich wünschen). Humor und Freude sind ein wichtiges Heilmittel. Denn oft entsteht befreites Lachen über die alte Sicht auf Schwierigkeiten, aus einem gemeinsamen Weg mit dem Pferd.
Der naturnahe, behutsame und respektvolle Umgang mit Pferden spielt auch in Deinem Buch „NALA – Der magische Steinkreis“ eine wichtige Rolle. Was war Dein Beweggrund, dieses Buch zu schreiben?
Dieser magische Pferderoman ist inspiriert von sehr konkreten Problemen, mit denen Mädchen zu uns in die Therapie gekommen sind. Es waren junge Menschen, die gemobbt und ausgegrenzt wurden. Wenn es ihnen durch das Erlernen von Pferdekommunikation und einer entsprechenden Körpersprache erstmals gelingt, ein großes, mächtiges Tier auf Abstand zu halten, „Stopp“ zu sagen, wenn ein Pferd auf sie zukommt, ist das ein äußerst stärkendes Erlebnis. Oft gelingt es dann leichter, auch Menschen, die ihnen auf die Pelle rücken wollen, in ihre Schranken zu weisen. Aber auch umgekehrt: Zuzulassen, dass dieses warme, lebendige Wesen ganz nah kommt oder ohne Strick mit über die Wiese läuft, sind heilsame Momente für die Mädchen gewesen. Wir waren selbst überrascht über die Tiefe und Nachhaltigkeit der Veränderungen.
Zuerst hatte ich die Idee, ein Sachbuch über Pferdesprache für Jugendliche zu schreiben. Aber dann habe ich die Gelegenheit genutzt, auch das Alte Wissen der Native Americans, mit dem ich mich jahrzehntelang beschäftigt habe, in eine magische Abenteuergeschichte zu verpacken. Auch moderne psychologische Methoden haben hier Platz. Sie gleichen uralter Zeremonialmedizin oft verblüffend. Das fabulieren und verweben der verschiedenen Ebenen hat unglaublich Spaß gemacht und ich bin wirklich glücklich, dass das Buch so viele begeisterte LeserInnen gefunden hat.
Gabriela, du liebt es zu Forschen und zu Lernen, das sieht man schon an Deinem bisherigen Lebensweg. Wie sehen denn Deine Pläne für die Zukunft aus?
Natürlich wird die NALA Buchreihe fortgesetzt werden, denn es gibt noch viel zu erzählen… Gemeinsam mit meinem Mann Gerhard und Ingrid Egger planen wir außerdem, unser Wissen in Form von Ausbildungen weiterzugeben und gründen derzeit das Cheiron-Institut. Cheiron ist ein großer Heiler in der griechischen Mythologie und, wen wundert es, ein Zentaur. Wir wollen dieses archetypischen Wesen, halb Pferd, halb Mensch zu unserem Leitstern machen. Im Moment arbeiten wir an verschiedenen Ausbildungscurricula für Menschen, die gemeinsam mit ihren Pferden auf eine fundierte, naturverbundene Art und Weise sich selber und andere begleiten wollen. Aktuelle Informationen über Kurse werden auf meiner Homepage angekündigt.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen (Pferde-) Menschen noch mit auf den Weg geben?
Trennung ist eine Illusion. Das Pferd ist dein Spiegel, schau mit einem sanften, liebevollen und klaren Blick hinein.
Vielen Dank Gabriela für die wertvolle Zeit, die Du uns geschenkt hast und den tollen Einblick in deine wunderbare Welt. Wir wünschen Dir und deinem Mann viel Freude und Erfolg beim Aufbau eures Cheiron-Instituts und natürlich auch bei allen andern Aktivitäten.
Wenn du noch mehr über Gabriela Proksch-Bernabé und ihre Arbeit erfahren möchtest, dann besuche sie doch einfach auf ihrer Website.
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Ich brauche die Mail Adresse oder Webseite von Frau Proksch in Tirol bitte
Lg Anja