Sabine Lauterbach im Interview
Treue, Demut, Großzügigkeit, Würde, Beständigkeit, Tapferkeit, Freundlichkeit und ein heiteres Gemüt, dies alles sind Tugenden, die im Mittelalter von den Rittern verlangt wurden. Turniere, die sich im Hochmittelalter aus den ursprünglichen Waffenübungen entwickelten, boten den Rittern die Gelegenheit, diese Tugenden unter Beweis zu stellen. Eine Rennaissance erleben diese Ritterturniere heutzutage wieder auf vielen Mittelalterveranstaltungen, wobei es hier natürlich nicht so roh und gewalttätig zugeht, sondern mehr Wert auf Reitkunst gelegt wird.
Was früher allerdings unmöglich gewesen wäre ist die Tatsache, dass heute sogar Frauen an diesen Ritterturnieren teilnehmen. Eine von ihnen ist Sabine Lauterbach, die gemeinsam mit den Herzog-Tassilo-Rittern inzwischen europaweit auf Ritterturnieren unterwegs ist. Ursprünglich war Sabine mit ihrem Trakehnerschimmel Blue auf Schlepp- und Fuchsjagden unterwegs, bis bei ihm mit 16 Jahren angehende Arthrose diagnostiziert wurde. Somit hieß es von ihren Trainern: neues Pferd oder Sport an den Nagel hängen. Sie entschied sich, Blue weiterhin treu zu beiben und sah sich nach einer Alternative zum adrenalinausschüttenden Jagdreiten um.
Auf dem alljährlich stattfindenden Ritterturnier in Kaltenberg fand Sabine dann einen Weg für sich und ihr Pferd, nämlich die Teilnahme an diesen Turnieren. Blue hatte schon so viel Erfahrungen mit Leonhardiumzügen, Rennbahnrennen oder Skijöringeinsätzen im Winter, ihn brachte nichts aus der Ruhe. So wurde aus Sabine der Ritter Orlando. Obwohl sie Blue inzwischen in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet hat, ist sie nach wie vor mit ihrem aktuellen Ritterpferd Pebbles auf Ritterturnieren unterwegs. Diese sehr dominate, farbwechselnde Criollostute hat sie komplett selbst ausgebildet und schon sehr früh auf die ersten Ritterturniere mitgenommen.
Immer wieder wurde Sabine dort von reitenden Zuschauern gefragt, ob man das, was auf den Ritterturnieren aufgeführt wird, auch mit dem eigenen Privatpferd trainieren könne. Nachdem die Anfragen dann zusehens mehr wurden, hat sich Sabine dazu entschieden, sich mit Ride for Fun selbstständig zu machen. Hier ist ihr wichtig, den Reitern und ihren Pferden neben der alltäglichen Arbeit Zuhause, sei es die Arbeit im Viereck, im Parcours oder als Freizeitpartner, interessante Kurse anzubieten. Dabei ist die abwechslungsreiche Arbeit und vor allem auch die Bodenarbeit ein absoluter Schwerpunkt. Bei den sogenannten Ritterreitkursen, wozu auch Feuerkurse und Gelassenheitskurse zählen, werden alle neuen Aufgaben zuerst am Boden mit dem Pferd zusammen erarbeitet, bevor man die Übungen dann ganz ohne Druck nachreitet. Ausgelegt sind alle Kurse so, dass Menschen und Pferde jedes Alters, Leistungsstandes und Reitweisen daran teilnehmen können.
Das hört sich alles schon mal sehr interessant an, und voller Neugier wollte ich natürlich mehr über Sabine Lauterbach und ihre Arbeit wissen. So habe ich ihr einige für mich wichtige Fragen gestellt:
Sabine, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue. Daher fühlt sich so mancher von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist Du zu den Pferden gekommen und was fasziniert Dich an Ihnen?
Hallo Dietmar, so weit ich mich erinnern kann, bzw. was meine Eltern mir immer gesagt haben war, dass ich schon zu sehr jungen Jahren im Familienurlaub in Südfrankreich immer am Strand zu den Strandreitern wollte, die dort recht oft geritten sind. Von da an war ich infiziert, es kam der erste Reitunterricht, die erste Reitbeteiligung und dann mein erstes Pferd „Blue“.
Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung und wie sollte sie Deiner Meinung nach aussehen?
Das Hobby/Beruf Pferd ist so unglaublich komplex, ich vergleihe das gerne mit Golf. Da kan man über Fashion, verschiedene Schläger, sein Handicap und Golfplätze sprechen, auf denen man mal spielen möchte, Trainer die gut sind und das wird es schon gewesen sein. Wo fängt man bei Pferden an und wo hört man auf. Das fällt mir immer wieder schwer, wenn ich Reitanfänger gegenüber trete, was soll man zuerst den Leute erklären, wo fängt man an.
Pferd / Reiten funktioniert nur gut und pferdegerecht, wenn man interessiert ist und die richtigen Partner hat. Einen guten Sattler, der für meine Reitweise Sättel verkauft, polstert und einen berät, Ausrüstung im Allgemeinen ist wichtig, dass sie regelmäßig kontrolliert wird. Gesundheit, hier ist mir wichtig, dass meine Pferde gesund sind und bleiben, Impfungen, Entwurmungen, Chiropraktiker, Osteopathen, Hufschmied, Trainer und Futterexperten sind meines Erachtens sehr wichtig, damit unser Partner schmerzfrei und leidfrei leben kann. Bei der Fütterung lasse ich mir gerne immer wieder von Futterexperten den Bedarf meiner Pferde überprüfen.
Um auf deinen Punkt mit der artgerechten Haltung zu kommen, finde ich das Thema schwierig. Nicht jedes Pferd kann in einem Offenstall / HIT Aktivstall / Padocktrail gehalten werden, was meines Erachtens die natürlichste Haltungsform unserer Haltungsformen ist. Man muss das abhängig von der Gesundheit, der Psyche des Pferdes, des Alters und der Zipperlein / leichten Erkrankungen die sich im Laufe eines Pferdelebens ansammeln. entscheiden.
Ich bin eher abgeneigt, alle Pferde über einen Kamm zu scheren. Wichtig ist mir Bewegung, regelmäßiger Koppelgang und psychische Abwechslung (Spiele / Aufgaben / Pferdespielzeug). Meine Pferde stehen beide in einer Reitsportanlage mit Führanlage, täglich Koppelgang, eine der Reithallen ist zum Freilaufen lassen freigegeben und das nutze ich so gut es geht sehr oft. Das Ausreitgelände inkl. See zum Schwimmengehen sind hier optimal. Ziel ist es ausgeglichene Pferde als Freizeit- oder Sportpartner zu haben, die sich in unsere Nähe wohlfühlen.
Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Für uns als Partner ist es daher wichtig, uns auf die Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Was ist aus Deiner Sicht als erfahrene „Ritterin“ wichtig beim Umgang mit Pferden?
Da möchte ich auch noch kurz ausholen. Pferde sind nicht von Natur aus als Reitpferde ausgelegt worden, wir haben sie domestiziert und nach unseren Wünschen / Bedürfnissen in allen Arten und Weisen gezüchtet. Was der Mensch aber nicht rauszüchten konnte ist, das sie ihre Instinkte behalten.
Ich stand mit meinem ersten Pferd vor Jahren altersbedingt vor der Entscheidung, den Turnierreitsport zu beenden, hatte aber nicht das Gefühl, das mein Pferd bereit war, auf die Koppel geschickt zu werden. So habe ich nach einer Alternative gesucht, die uns beiden Spaß macht. Da wir früher auch viel auf Reiterralleys / Orientierungsritten unterwegs waren und ich in Kaltenberg auf nem Ritterturnier als Zuschauer war, kam mir die Idee, das wir das auch können.
Ein paar Monate später war ich dann beim ersten Training der Herzog-Tassilo-Ritter und bin seitdem als Ritter europaweit auf Ritterturnieren unterwegs. Bis heute habe ich 5 Pferde der verschiedensten Charaktere und Rassen zu Ritterturnierpferden ausgebildet. Egal, ob es die kribbelige Holsteiner-Springstute war oder das gechillte Criollo. Mit Ruhe, Verstand, Zeit und dem Verständnis, dass jedes Pferd seine Zeit braucht und man nichts übers Knie brechen sollte, hat es immer geklappt.
Mit Ruhe und Verständnis für seinen Vierbeiner kann man denen so einiges beibringen und sie an fast alles gewöhnen. Und ohne kontinuierliches Training wirds nicht gut werden, also trainieren, üben, Rückschritte überdenken, Lösungen finden und sich immer hinterfragen.
Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung des Pferdes, auch wenn bei einigen Vorbildern nicht immer alles so pferdegerecht ist, wie es manchmal scheint. Hast auch Du Vorbilder in der Pferdewelt und was fasziniert Dich an ihnen?
Vorbilder zu haben, Leute die einen anspornen in der Pferdeausbildung besser zu werden und sich inspirieren zu lassen oder am Besten Bestätigung zu bekommen, das Vorbilder es genau so machen wie man selbst, tut gut. Meine Vorbilder sind Ingrid Klimke und Jessica Bredow- Werndl. Sie bilden ihre Pferde vielseitig aus und bereiten sie auf die Welt als Pferd in unserer Welt vor. Das gefällt mir gut, wenn ein Dressurreiter seine jungen Pferde auf dem Platz genau zu der Zeit trainiert, wenn der Platz gerade abgezogen wird und der Abzieher über den Platz saust.
Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Nach vielen Jahren im Reitsport hast du dich dann deinem Pferd zuliebe nach Alternativen umgesehen und dich den Ritterspielen verschrieben. Wie würdest Du Deine Arbeit mit den Pferden und Dein Konzept der Ritterreitkurse konkret beschreiben?
Viel kann und nichts muss! Das Pferd zeigt uns gerade in Ritterreitkursen, Gelassenheitstrainings und Feuertrainings, welche ich deutschlandweit in den Ställen, in die ich eingeladen werde durchführe, wann es „genug“ aufgenommen hat. In meinen Kursen wird vermehrt das Gehirn beansprucht, als die Muskeln oder die Ausdauer. Was hilft mir den ein super rittiges, top körperlich trainiertes Pferd, wenn die Psyche nicht entwickelt wurde, wenn nur auf das Reiten wert gelegt wird. Ein Pferd besteht aus mehr als nur Ausdauer und Muskeln. Bei mir ist die Psyche wichtig. Ich lasse den Pferden zwischen den Übungen Zeit das erlente zu verstehen und es gibt auch keinen Druck, was das Pferd bereit ist zu leisten, das macht es. Natürlich bin ich nicht inkonsequent, wann ein Pferd den Besitzer hinterfrägt, wer in der Herdenführung hier das sagen hat, dass muss das natürlich gewaltfrei geklärt werden.
Sabine, mit deinen sogenannten Ritterreitkursen bietest du schon ein außergewöhnliches Angebot für Pferdefreunde. Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?
Meine Ride for Fun Reitkurse haben mehrere Säulen, neben den Gelassenheitskursen, welche alle Aufgaben der Gelassenheitsprüfungen der FN und zusätzliche Hindernisse, wie Wippe, Brücke, Podest, Nebelmaschine, Verladen in den Pferdehänger und ne brennende Feuertonne als Aufgaben beinhalten, biete ich, wie du schon erwähnt hast, Ritterreitkurse an, man kann sie als fortgeschrittene gerittene Gelassenheitstrainings gepaart mit Reiterspielen ansehen. Das Haupaugenmerk und das derzeit meistgebuchte sind meine Feuerkurse. Bei diesen Kursen wird zuerst geführt das Thema Feuer erarbeitet.
Bis jetzt hatte ich über 100 Feuerkursteilnehmer und alle waren begeistert, da 99% der Pferde nach nicht mal 2 Trainingseinheiten ( á 45 min ) mit Ihren Besitzern übers Feuer gegangen sind. Es macht mich sehr glücklich, nach dem Kurs vor Freude weinende Besitzer in den Arm zu nehmen, weil sie nie damit gerechnet haben, was ihr Pferd alles kann. Es ist so oft der Mensch, der Panik vor Feuer hat. Die meisten Pferde haben kein Problem mit Feuer, wenn man es ihnen in Ruhe zeigt. Wenn dann nach dem Kurs die Kursbilder in den WhatsApp Gruppen umhergeschickt werden, sind alle stolz auf sich und ihre Vierbeiner.
Meine Pläne für die kommenden Jahre und 2019 sind das ich noch mehr Kursorte dazubekomme, würde gerne meine Kooperation mmit Loesdau vertiefen, hierzu sind wir schon in Gesprächen für eine Zusammenarbeit auf der Americana Messe in Augsburg. Mein Wunsch wäre auch die Korrektur von Privatpferden als „Beritt“ anzubieten. Was ich mir für die Herzog-Tassilo-Ritter Gruppe wünschen würde ist, das wir, nachdem wir Ende 2018 die Führung gewechselt haben, mit neuen Konzepten und Geschichten neue Veranstalter für uns gewinnen können und vielleicht den ein oder anderen Auftritt auf Pferdemessen-Abendveranstaltungen bekommen. Das würde mich sehr freuen, da wir in der Gruppe alles Freunde sind, die sich sehr oft sehen und ich gerne was mit meinen Freunden unternehme.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluß anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?
Seid fair zu eurem Pferd, vermenschlicht es nicht und seid entspannter, wenn es mal nicht so reagiert, wie ihr es gewollt habt.
Vielen Dank Sabine für deine Antworten und die Zeit, die du mir geschenkt hast, um uns einen kleinen Einblick in deine Arbeit zu geben. Für deine Zukunft wünsche ich dir weiterhin alles Gute und und weiterhin viel Freude bei deiner Arbeit mit den Pferden…
Wenn du jetzt noch mehr über die spannende Arbeit von Sabine Lauterbach und ihre tollen Ritterkurse suchst, findest Du diese auf ihrer Website Ride for Fun.