Kopfkino beim Reiten – wie abstellen?

Gedanken an vergangene Fehler und der Druck, Leistung erbringen zu müssen sorgen oft dafür, dass der Kopf dicht macht. Das ist nicht nur im Beruf oder alltäglichen Leben so, auch bei viele Reitern ist das Kopfkino ein ständiger Begleiter. In solchen Situationen verkrampfen sich die meisten Reiter und werden passiv. Die Folge: die Konzentration schwindet und die Verbindung zum Pferd geht verloren. Um dem entgegenzuwirken ist es wichtig, die Ursachen zu verstehen und Strategien zur Steuerung der eigenen Gedanken zu entwickeln – aber wie? Mental-Coach Vanessa Klett hat dazu einige Tipps:

Foto: Vanessa Klett

So behalten Reiter das Kopfkino unter Kontrolle

Ob im Training oder vor einer Turnierprüfung – wenn das Kopfkino einsetzt, möchten viele Reiter am liebsten sofort den Kopf in den Sand stecken. Die ständige Sorge darüber, was alles schiefgehen könnte, zerrt an den Nerven und zieht sie in eine Spirale voller Selbstzweifel. Auch wenn sie wissen, dass die von ihnen ausgemalten Szenarien sehr unwahrscheinlich sind, fällt es dennoch schwer, diese negativen Gedanken loszulassen. Unter solchen Bedingungen ist es fast unmöglich, die eigene Leistung abzurufen.

Es gibt zwar Techniken, die für kurze Zeit hilfreich sind, um das Kopfkino zu stoppen, allerdings hört ihre Wirkung meist schon kurz nach der Anwendung wieder auf. Wer dauerhaft gelassener und leistungsfähiger im Sattel werden möchte, muss die Ursachen für die eigenen Zweifel und negativen Glaubenssätze erkennen und auflösen – sonst wird das Gedankenkarussell immer wieder zurückkehren. Welche Ursachen gibt es also?

Vergangene Erlebnisse brennen sich ein

Viele Reiter durchleben beim Reiten wiederkehrend Horrorszenarien im Kopf, indem sie frühere negative Erfahrungen wie Stürze oder riskante Situationen immer wieder vor ihrem geistigen Auge durchspielen. Solche Erlebnisse können sich samt Bildern, Geräuschen und Gefühlen tief in das Gedächtnis eingraben und das Gehirn spielt diese Erinnerungen in ähnlichen Situationen immer wieder automatisch ab, um sich auf die vermeintliche Gefahr vorzubereiten.

Dabei muss es nicht immer ein selbst erlebtes Ereignis sein – auch das Beobachten eines Sturzes oder einer brenzligen Lage bei anderen Reitern kann solche Gedankenschleifen auslösen. In ihrem Kopfkino versetzen sich Reiter dann oft selbst in die Rolle des Gestürzten, projizieren die Angst und manchmal sogar den Schmerz auf sich und erleben die Situation fast hautnah mit.

Ob ein Erlebnis aber als problematisch abgespeichert wird, hängt weniger von seiner Schwere als vielmehr von persönlichen Denkmustern und Glaubenssätzen ab. Perfektionistische Reiter etwa speichern jeden Sturz als persönliches Versagen ab, unabhängig davon, ob der Fehler selbst oder von außen verursacht wurde. Das Kopfkino entsteht also nicht durch den Fehler oder den Sturz an sich, sondern durch die Selbstvorwürfe und die Zweifel über die eigene Kompetenz. Wer Fehler nicht abhaken kann, blockiert also dauerhaft seine eigene Leistung und Entwicklung.

Foto: Christine Benton / Unsplash

Das Grübeln des Kopfmenschen

Viele Reiter entwickeln schon früh in der Kindheit das Grübeln als Bewältigungsstrategie und bezeichnen sich selbst als „Kopfmenschen“. Dieses Verhalten wird oft als Charakterzug gesehen, ist aber angelernt. So kann es in der Kindheit vielleicht geholfen haben, jede Situation zuvor zu durchdenken, um auf schwierige Situationen mit beispielsweise gestressten Eltern oder Lehrern vorbereitet zu sein. Doch im Reitsport kann dieses ständige Überdenken jeder Situation Gefühle wie Nervosität verstärken und dazu führen, dass sich der Reiter nur noch auf Fehlerpotentiale konzentriert.

Im Sattel führt das häufig zu Unsicherheit, die sich schnell auf das Pferd überträgt. Anstelle von Ruhe und Sicherheit strahlt der Reiter Anspannung aus, wodurch eine Negativspirale entsteht: Der Reiter wird unsicher und kopflastig, gibt unklare Hilfen und das Pferd reagiert zunehmend gestresst – eine Dynamik, die das Kopfkino weiter verstärkt. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, müssen alte Denkmuster erkannt und durch gezielte Kontrolle über die eigenen Gedanken ersetzt werden.

Angst vor Unbekanntem und starres Festhalten an Plänen

Viele Reiter haben Schwierigkeiten mit neuen und unbekannten Situationen. Auch weil der Reitsport zeit- und kostenintensiv ist, planen sie oft alles bis ins Detail, um möglichst immer die Kontrolle zu behalten, das Pferd vor Schäden zu schützen und ihr Ziel auf schnellstem Wege zu erreichen. Doch sobald etwas Unerwartetes passiert, auch wenn es nur eine Kleinigkeit wie beispielsweise schlechtes Wetter ist, dass die Trainingspläne durchkreuzt, stecken viele sofort den Kopf in den Sand.

Dieses starre Festhalten an Plänen ist meistens ein Ausdruck von mangelndem Selbstvertrauen. Wer ständig an sich zweifelt, versucht im Gegenzug, sich durch präzise Planung Sicherheit zu verschaffen und Fehler vorzubeugen. Doch wenn der Plan scheitert, entsteht oft eine Handlungsstarre, die zu weiteren Sorgen und einem sich intensivierenden Kopfkino führt.

Auch das Planen als Sicherheitsstrategie ist häufig ein in der Kindheit erlerntes Verhalten. Struktur gibt zwar Sicherheit, doch wenn es zur Blockade wird, schränkt es die Fähigkeit zur Flexibilität ein. Ein starker Reiter muss also lernen, auch ohne starren Plan auf seine Fähigkeiten zu vertrauen und neue Herausforderungen gelassen zu meistern.

Eine Übung gegen das Gedankenkarussell

Nach der Klärung der Ursachen für das Kopfkino folgt hier eine einfache Übung, die das Gedankenkarussell kurzfristig stoppen kann. Diese Technik dient jedoch nur als vorübergehende Unterstützung und nicht langfristige Lösung:

Man setzt sich bequem hin, schließt die Augen und ruft die negativen Gedanken bewusst hervor. Dann stellt man fest, in welche Richtung sich die Gedanken drehen – nach rechts oder links – und lenkt diesen Gedankenfluss aktiv in die entgegengesetzte Richtung. Dabei liegt der Fokus nicht auf dem Inhalt der Gedanken, sondern auf der Drehrichtung. Man führt diese Übung etwa 30 Sekunden lang durch. Anfangs kann das Umstellen der gewohnten Richtung herausfordernd sein, aber mit etwas Übung stellt sich eine spürbare Entspannung ein.

Damit Reiter jedoch langfristig eine klaren Kopf ohne Kopfkino und Gedankenkarussell bekommen, braucht es eine tiefere Auseinandersetzung mit den Ursachen der Problematik. Wer alte Denkmuster erkennt und durchbricht, kann Selbstsicherheit und Gelassenheit dauerhaft aufbauen – eine Stärke, die sowohl dem Reiter als auch der Beziehung mit dem Pferd zugutekommt.

Verwendete Quellen: Vanessa Klett Coaching LLC

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