Tommy Freundlich im Interview
Es ist immer wieder interessant zu beobachten, aus welch unterschiedlichen Berufen oder Sportarten Menschen kommen, die letztendlich ihre Erfüllung bei den Pferden gefunden und die Arbeit mit Ihnen zum Beruf gemacht haben. So auch bei Tommy Freundlich. Er hatte zwar zuvor schon etwas mit Pferdestärken zu tun, dies aber nicht in Form von Pferden, sondern Zweirädern: Er kommt ursprünglich aus dem Motorrad-Rennsport.
Als er schließlich vor vielen Jahren als „Späteinsteiger“ im Westernsattel auf einem runden Haflinger mit dem Reiten begann, wusste er schon nach ein paar Minuten, dass das, was da unter ihm war, sein Ding ist. Die damalige Reitlehrerin hat sich auch sehr viel Mühe gegeben, Tommy das ein oder andere über Pferde beizubringen, aber wenn man vom Motorrad-Rennsport kommt, ist das so eine Sache mit der Feinmotorig und dem Verständnis für ein Lebewesen wie dem Pferd. Trotzdem wurde es von Mal zu Mal besser.
Er lernte zu reiten und dem Pferd Befehle zu erteilen – was Tommy aber damals nicht beigebracht wurde, war die Kommunikation mit Pferden. Ihm wurde immer gesagt, das Pferd hat so oder so zu funktionieren, aber auf das emotionale Befinden des Pferdes wurde nicht eingegangen. Pferde wurden immer nur als reine Sportgeräte betrachtet, die zu gehorchen hatten. So geriet auch Tommy in die Mühle des althergebrachten Reiterlebens sowie des Turniersports. Das angenehme Gefühl der ersten Reitstunden ging ihm so zunächst verloren.
Irgendwann merkte Tommy aber, dass dies nicht die Erfüllung sein konnte und verließ nach ein paar Jahren mit seinem Pferd das Umfeld und zog in einen Stall, in dem es keine Turnierreiter gab. Hier lernte er eine ganz andere Welt kennen und letztendlich führte dies dazu, dass sich Tommy intensiver mit dem Thema Horsemanship auseinandersetzte. Später besuchte er auch Kurse bei bekannten, aber auch weniger bekannten Trainern und übernahm das, was er für sich umsetzen konnte und wollte.
So ist ein Mix aus ganz vielen Ansätzen des Horsemanship in seine Arbeit eingeflossen. Mittlerweile hat Tommy rund 25 Jahre mit Pferden zu tun und lernt immer noch jeden Tag etwas dazu. Menschen die Pferdesprache und nicht den Pferden die Menschensprache beizubringen, dass ist inwischen zu seinem Motto geworden. Das finden wir eine tolle Einstellung und wollten daher wissen, wie Tommy dieses umsetzt und wie er die Welt der Pferde sieht. Daher haben wir ihm einige für uns wichtige Fragen gestellt:
Tommy, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue. Daher fühlen sich viele von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist Du zu den Pferden gekommen und was fasziniert Dich an ihnen?
Letztendlich bin ich durch meine damalige Lebensabschnittsgefährtin zum Pferd gekommen. Sie hat mit dem Reiten angefangen und wie es so ist, sollte der Partner doch auch mal mit in den Stall zur Reitstunde und wupps, saß ich auf einem Pferd. Man muss aber auch sagen, dass ich früher in einem kleinen Ort mit ganz vielen Pferden gewohnt habe und mich nie näher als 5 Meter an diese Riesen, menschenfressenden Monster herangetraut habe.
Es hat mich also sehr viel Überwindung gekostet und meiner Frau reichlich Überredungskunst, mich auf ein Pferd zu bekommen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie für mich noch sehr weit von Edel und Wunderbar entfernt. Wie oben in der Einleitung beschrieben, war es unerwartet ein wundervolles Gefühl, das mich gleich voll erwischt hat. Ihre Art der Kommunikation, ihr individueller Charakter und ihre Stärke haben mich fasziniert. Ebenso, wenn ich mit ihnen trainiere, mich immer wieder neu auf jedes einzelne Pferd einstellen zu müssen und nicht jeden Tag das Gleiche mit ihnen zu erleben.
Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung und wie sollte sie Deiner Meinung nach aussehen?
Das sind für mich ganz wichtige Punkte, aber trotzdem ist es schwer, diese Frage zu beantworten. Über die artgerechte Haltung gehen die Meinungen sowas von auseinander. Ist für unsere heutigen, domestizierten Pferde der Offenstall mit 24 Stunden Weidehaltung das Richtige, oder eine Mischung aus Stall und Weide? Was ich absolut verurteile ist eine reine Boxenhaltung, wie es bei einigen Sportpferden noch üblich ist, die froh sein können, wenn sie eine Stunde am Tag auf einen kleinen Einzelpaddok kommen.
Meine Pferde stehen tagsüber draußen, im Winter auf einem Mattenpaddock und in der Nacht kommen sie in ihre Einzelbox. Draußen stehen sie in kleinen Gruppen, weil für mich das wichtigste das soziale Verhalten zwischen den Pferden ist. Eigentlich kommen unsere Pferde auch gut ohne uns als Sozialpartner zurecht, das sollten wir uns immer wieder im Umgang klar machen. Wenn sie mit uns egal was tun, sollten wir es als Geschenk nehmen und es auch so wertschätzen.
Die Gesundheit ist für mich ein ganz wichtiges Thema. Wir verlangen von unseren Tieren Dinge, die sie von Natur aus nicht können, wir nehmen uns heraus, auf ihnen zu sitzen, was sie anatomisch eigentlich nicht tragen können, legen Ihnen Gebisse ins Maul und und und… Wir sind für ihren Gesundheitszustand und ihr Wohlbefinden verantwortlich. Dazu gehört für mich der regelmäßige Besuch des Hufschmiedes genauso dazu wie der vom Zahnarzt und der Manualtherpeutin. Nur eine regelmäßige Kontrolle bewahrt ein langes und gesundes Zusammenleben.
Mit dem Futter ist es auch so eine Geschichte, leider ist es wie bei uns Menschen, es gibt alles im Überfluss und die Futtermittelindustrie lässt keine Wünsche offen. Leider leiden dann auch, wie bei uns Menschen, sehr viele Pferde an Übergewischt und anderen Krankheiten, die durch gutgemeinte, aber falsche Ernährung aufkommen. Weniger ist oft mehr… Ein hochwertiges Raufutter und je nach Belastung ein Ergänzungsfutter reicht völlig aus.
Ich persönlich füttere im Winter noch so einige Kräuter dazu und gebe Möhren zur täglichen Ration. Grundsächlich muss man sein eigenes Pferd immer beobachten, dann sieht man ganz gut am Fell und dem Istzustand, was man füttern muss und ob die Haltungsform auch die richtige ist.
Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Für uns als Partner ist es daher wichtig, sich auf die Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Was ist aus Deiner Sicht wichtig im Umgang mit Pferden?
Wie schon in der Frage beantwortet, sollten wir uns als erstes auf unseren Partner einstellen. Pferde sind als Individuen zu sehen, sie sind alle anders und daher ist es ganz wichtig, sie nicht in Schubladen zu stecken. Im Umgang wie im Training müssen wir uns immer wieder neu auf das einzelne Pferd einstellen. Oft ist es abhängig von der Tagesform, wie und was ein Pferd lernen kann oder möchte. Wir müssen lernen, sie zu lesen und ihre Sprache zu beherrschen. Einer meiner Leitsprüche ist: „Wir sollten die Sprache der Pferde lernen und nicht versuchen, den Pferden die Sprache der Menschen beizubringen.“
Uns sollte immer bewusst sein, dass unser Partner ein Fluchttier ist und immer aus einem Instinkt heraus handelt und weniger nach einer für uns logischen Denkweise. Es ist doch heute ein leichtes, in den Medien zu erforschen, was die natürlichen Instinkte des Pferdes sind, wir müssen uns nur darauf einlassen, dann ist es ganz leicht, unsere Pferde zu verstehen und danach zu handeln. Leider gibt es in unserer Welt noch zu viele Menschen mit einem Pferd, aber zu wenige „Pferdemenschen“!
Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung und den Umgang mit seinem Pferd. Wer in der Pferdewelt inspiriert Dich am meisten und dient Dir eventuell sogar als Vorbild – und vor allem weshalb?
Oh, da muss ich etwas in der Zeit zurück gehen. Ich persönliche hatte vor ca. 23 Jahren meine erste Begegnung mit einem sogenannten Pferdepflüsterer, der noch heute durch die Welt tingelt und seine Art, mit Pferden zu sprechen, publiziert. Gemeint ist Monty Roberts, und jetzt werden viele aufschreien und sagen, der ist doch zu hart und übt zu viel Druck auf die Pferde aus. Ja, das ist auch meine Meinung, aber vor fast 25 Jahren, war Er es, der uns Europäern eine andere Art mit Pferden umzugehen gezeigtt und ein paar zum Umdenken inspiriert hat.
Nein, er ist nie zu einem Vorbild von mir geworden, aber wie gesagt, manchmal braucht es nur Denkanstöße. Als Horseman Nr. 1 handele ich Ray Hunt, der immer im Sinne des Pferdes gehandelt hat und uns unvergessene Weisheiten hinterlassen hat. “Feel it! A feel following a feel. There’s no pressure mentally or physically.” „Fühle es! Ein Gefühl, das einem Gefühl folgt. Da ist kein Druck, weder körperlich noch geistig.“ Er hat immer zuerst versucht, die Dinge aus Sicht der Pferde zu sehen und ist dann erst an das Problem herangetreten. Ja, er war für mich eine Art Vorbild und inspiriert mich in meiner heutigen Arbeit sehr.
Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen eigenen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Wie würdest Du Deinen Weg und Deine Ziele sowie deine Arbeit mit den Pferden beschreiben?
Ja, den Weg habe ich für mich gefunden, obwohl dieser noch ganz viele Abzweigungen bereithält. Es ist sehr wichtig, dass jeder Pferdemensch, seinen eigenen, für ihn selbst richtigen Weg findet. Wir sollten nicht versuchen, andere zu kopieren. Sich Inspiration holen ist ok, aber dann doch bitte in sich hineinschauen und sich auch hinterfragen, ob der Weg auch für einen selbst der Richtige ist. Ich habe in meiner Laufbahn an mir selbst und auch an anderen gesehen, was passiert, wenn man einem Trainer (Guru) hinterherläuft und sich selbst und die Beziehung zu seinem Pferd nicht mehr in Frage stellt. Man verliert das Gefühl für seine persönliche Kommunikation zum Pferd.
Du hast mich nach meinem Weg und meinen Zielen in meiner persönlichen Arbeit gefragt. Als erstes steht für mich der Horsemanship Gedanke ganz klar im Vordergrund. Beim Training schaue ich erst mal, ob das Pferd physisch und auch psychisch in der Lage ist, das Ziel des Trainings zu erreichen. Oft sind Pferde nicht in der Lage, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Nicht jedes Pferd kann hohe Lektionen in der Dressur oder Reining Manöver leisten.
Für mich ist es super wichtig die Pferde jeden Tag wieder neu einzustufen, wir sind ja auch nicht jeden Tag gleich motiviert. Wenn so ein Tag ist, wird das Trainingsprogramm einfach angepasst und wir gehen eine Runde ins Gelände. Ich habe im Gegensatz zu früher gelernt, das Ziel auch mal auf Umwegen und nicht mit einem genauen Zeitplan zu erreichen, denn diesen gibt immer das Pferd vor.
Tommy, du hast schon einen langen Weg gemeinsam mit den Pferden zurückgelegt und setzt dich immer wieder für ihr Wohlergehen ein, indem du auch unbeliebte Themen ansprichst. Wie sehen denn deine Pläne für die Zukunft aus?
Du fragst bestimmt auf Grund meiner Posts auf meiner FB-Seite. Ich bin ja schon ein paar Jahre älter und bin noch ohne soziale Netzwerke groß und erwachsen geworden. Habe aber für mich beschlossen, diese Art von Kommunikation zu nutzen. Was ich nicht mag, ist die übertriebene Selbstdarstellung, die auf diesen Plattformen auf dem Rücken der Pferde ausgetragen wird. Oft artet dieses dann mit üblen Beschimpfungen in den Kommentaren und Diskussionen aus. Ok, eine kleine Selbstdarstellung ist es auch für mich, aber versuche es nicht so aussehen zu lassen. 😉
Ich versuche mit meinen Posts auch mal Fragen in die Runde zu stellen, die sich keiner traut, offen zu benennen, ohne gleich irgendjemanden an den Pranger zu stellen. Ich versuche mit meinen Themen niemanden persönlich anzugreifen, aber trotzdem meine Meinung zu Dingen zu schreiben, die auch mal dem ein oder anderen nicht passt. Lasse ich mich auch gern belehren, denn es ist ja nur meine persönliche Meinung zu diesem Zeitpunkt des Posts.
Meine Pläne für die Zukunft… Der erste Teil des Planes ist erstmal gesund zu bleiben, dass ich noch lange mit meinen Pferden und Schülern Zeit verbringen darf. Ansonsten bin ich gerade dabei, ein Buch zu schreiben. Ja noch so ein Pferdebuch, das keiner braucht. Glaube, so werde ich es auch nennen: „Noch so ein Pferdebuch, das keiner braucht“. Über den Inhalt möchte ich sagen, dass in dem Buch mit spitzer Zunge über den ganz normalen, oder auch nicht normalen Wahnsinn im Pferdeleben geschrieben wird. Ich schreibe das Buch eigentlich für mich, da es aus meiner Erfahrung spricht und eine Art Abrechnung mit meiner Vergangenheit ist.
Was ist dir sonst noch wichtig und welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?
You have to go your own way… / Du hast nur diesen einen, eigenen Weg…
Vielen Dank Tommy, dass du dir die Zeit genommen hast, uns ein wenig an deinen Gedankengängen teilhaben zu lassen und uns einen kleinen Einblick in deine Arbeit zu geben.
Wenn du jetzt noch mehr über Tommy Freundlich und seine Arbeit erfahren möchtest, findest du weitere Informationen auf seiner Facebook-Seite.