Pferde – wie von Zauberhand bewegt
„Pferde – wie von Zauberhand bewegt“, das ist nicht nur der Leitspruch von Wolfgang Marlie, sondern auch der Titel eines Buches, das weit mehr ist als nur die Biografie dieses beeindruckenden Pferdemenschen. Die Journalistin Ulrike Bergmann, die Wolfgang Marlie seit vielen Jahren kennt, blickt darin gemeinsam mit ihm auf mehr als sechs Jahrzehnte deutscher Reitszene zurück. Dabei erfahren wir nicht nur eine Menge über den Menschen Wolfgang Marlie sowie seinen Weg mit den Pferden, sondern lernen obendrein, wie wichtig es ist, seinem Herzen zu folgen. Dies und vieles weitere macht das Buch nicht nur für Pferdefreunde so lesenswert.
Gleich der Beginn von „Pferde – wie von Zauberhand bewegt“ mit dem Kapitel „Vor der Fernsehkamera“ läßt Wolfgang Marlie so menschlich und liebenswert erscheinen. Frei und unverblümt berichtet er hier über sein Lampenfieber bei seinem ersten Live-Interview:
„Es war nicht einfach Lampenfieber vor meinem ersten Live-Interview, was da lauerte. Es war dieser übermächtige Wunsch, mich aus purer Versagensangst unsichtbar zu machen, mir die Bettdecke über den Kopf zu ziehen und mit mir und meinem Elend allein zu sein. Nur wer nichts macht, macht nichts verkehrt und kann sich nicht blamieren. Ich habe mit diesem Gefühl schon so unendlich oft gekämpft, habe versucht, es zu ignorieren, abzuschütteln, auszutricksen, es wie einen schlecht sitzenden Pullover in einen geistigen Altkleidercontainer zu stopfen… Aber die Angst vor einer Blamage hing an mir wie eine Klette. Egal, ob ich in der Schule ein Gedicht aufsagen, auf Turnieren ins Dressurviereck einreiten oder einen neuen Gast in unserer Pension begrüßen sollte.“
Überhaupt beeindruckt mich die Bescheidenheit, die dieser von vielen als Vorbild betrachtete Pferdemensch an den Tag legt. Das war auch schon beim Interview mit Wolfgang Marlie zu unserer Serie Pferdemenschen so. Hier stellt er ebenfalls nicht sich selbst in den Mittelpunkt, sondern verweist auf liebe Kollegen oder seine Schüler, von denen er so viel gelernt habe und natürlich auch von den Pferden selbst. Dabei war sein eigener Einstieg in die Welt der Pferde alles andere als einfach. Nach dem Krieg war es nicht leicht, Fuß zu fassen und so half er seiner Mutter, die heutige Reiterpension Marlie aufzubauen und brachte den Gästen das Reiten bei, obwohl er selbst nur 10 Reitstunden absolviert hatte.
Es folgte eine lange Zeit des Lernens und Experimentierens und Jahrzehnte, bevor alle Welt von Pferdeflüsterern sprach, machte sich Wolfgang Marlie auf die Suche nach neuen Ideen zum Umgang mit Pferden. Dabei ließ er nichts unversucht, um den Dialog mit den Pferden stetig zu verfeinern:
„Wenn ich heute darüber nachdenke, war mir wirklich keine Idee zu verrückt, um sie nicht auszuprobieren. Mit meiner langjährigen Schülerin und heutigen Kollegin Carola habe ich beispielsweise die Reithalle mit riesigen Plastikfolien in zwei komplett voneinander getrennte Zirkel aufgeteilt. Warum? Weil mich der Film von Ray Hunt dazu inspiriert hat. Dort sah ich zum ersten Mal einen Roundpen, in dem man die Pferde eben nicht wie in einem Longierzirkel am Band hatte, sondern frei laufen ließ. So gelang es auf kleiner Fläche, die Unendlichkeit der Weite zu simulieren – was für eine Entdeckung. In der Steppe, wo Pferde ja eigentlich hingehören, gibt es nun mal keine Ecken, die sie beim Ausleben des Fluchtinstinkts bremsen.“
Diese und noch viele weitere, wichtige Erkenntnisse können wir aus „Pferde – wie von Zauberhand bewegt“ für uns und unsere Pferde mitnehmen. Das ist deshalb so, weil Wolfgang Marlie uns ausgesprochen offen und authentisch daran teilhaben läßt, wie und warum er nach und nach gelernt hat, sowohl den allgemeinen als auch den eigenen Leistungs- und Erwartungsdruck loszulassen und stattdessen nach dauerhaften „Win-Win-Situationen“ für Pferd und Mensch zu suchen. Dies kann auch uns dabei helfen, unseren eigenen Weg zu gehen, aus Fehlern zu lernen und für unsere Überzeugungen einzustehen. Nicht nur in der Pferdewelt ist dies heute wichtiger denn je. Und wie kann es anders sein, schließt das Buch mit einem wunderbar passenden Satz von Wolfgang Marlie:
„Wir können viel für uns und unsere Pferde tun, wenn jeder das beisteuert, was ihm Freude bereitet. Wenn wir es gemeinsam machen, uns gegenseitig ermutigen und dabei auf Bewertungen verzichten. Menschen und Pferde, wie von Zauberhand bewegt, das ist für mich der Zuckerguß auf meinem Reiterleben.“
Auch, wenn „Pferde – wie von Zauberhand bewegt“ bereits 2016 erschienen ist, hat es nach wie vor, genau wie Wolfgang Marlie selbst, nichts an Aktualität und Faszination verloren.
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