Kirsten Fleiser im Interview
Wenn jemand in der Pferdewelt rumkommt, dann ist es Kirsten Fleiser. Dazu haben sicher ihre Aufenthalte auf diversen Reit- und privaten Zuchtbetrieben, u.a. in Andalusien, Portugal und an der Costa Blanca, aber auch ihre zahlreichen Aus- und Weiterbildungen beigetragen. Sanfte Trainings- und Behandlungsformen sind für Kirsten dabei die Mittel der Wahl, denn das körperliche und seelische Wohl der Pferde ist ihr eine besondere Herzensangelegenheit.
Die Ausbildung zur Geitner-Trainerin sowie die Ausbildung zur APM-Therapeutin nach Penzel für Pferde inkl. Farblichtanwendung waren dabei nur einige wenige Etappen auf Kirstens Weg. Weitere Informationen hat sie sich bei vielen in der Pferdeszene bekannten Pferdemenschen geholt.
Aufklärung und Wissensvermittlung in der Pferdewelt ist Kirsten ein ebenso wichtiges Anliegen. Auf zahlreichen Höfen hat sie bisher Kurse, Einzelstunden und Behandlungseinheiten für Pferde und ihre Begleiter abgehalten. Als ehemalige Moderatorin der Xing Pferde-Connection, Moderatorin der Equimondi-Pferdegesundheitsevents, freie Mitarbeiterin beim Crystal-Verlag (Natural Horse + ReitKultur) sowie Pernaturam (artgerecht) nutzt sie die journalistischen Möglichkeiten, um Menschen für den sensiblen Umgang mit den Pferden zu begeistern. Extra dafür hat Kirsten einen Reiterstammtisch auf Mallorca ins Leben gerufen, auf dem 3 – 4 Mal pro Jahr pferdefreundliche Trainings- und Therapiemethoden erlebt und in gemütlicher Runde besprochen werden.
Auch wenn bei allen Aktivitäten ihre fremdsprachliche Ausbildung und ihre langjährigen Erfahrungen im Vertrieb als Versicherungsbetriebswirtin bestimmt von Vorteil sind, finde ich es bewundernswert, mit wieviel Engagement sich Kirsten für ihre Ideale einsetzt. Daher wollte ich mehr über sie erfahren und habe ihr einige für mich wichtige Fragen zu ihrer Arbeit und zum Umgang mit Pferden gestellt:
Kirsten, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue. Daher fühlen sich viele Menschen von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie wurdest Du vom Pferdevirus infiziert?
Es gibt da ja diesen typischen Werdegang: schon als kleines Mädchen von Pferden in den Bann gezogen worden, mit Volti angefangen, Reitschul-Unterricht genommen, Ferien auf dem Ponyhof verbracht und bis ins junge Erwachsenenalter immer Freundinnen mit eigenem Pferd gehabt. Irgendwann traten andere Dinge in den Vordergrund und erst mit Anfang 40 wollte ich mich eigentlich aktiv im Auslandstierschutz vor Ort engagieren.
Weil es in diesem Bereich keine Gelegenheit gab, gegen Kost und Logis zu arbeiten, auf Reitbetrieben aber sehr wohl, habe ich mein Sabbatjahr in Spanien auf diversen Pferdehöfen verbracht. Danach hat sich mein Leben konsequent in Richtung Ponies gewandelt. Es folgten Qualifizierungen, Weiterbildungen, Netzwerkarbeit, Kurse und Auftritte bis hin zur jounalistischen Tätigkeit.
Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Was bedeutet denn für Dich artgerechte Pferdehaltung und wie sollte sie Deiner Meinung nach aussehen?
Was richtig ist, entscheidet einzig das Pferd – egal ob Paddock-Trail, Bewegungsstall, Alm, angepflockt, halbwild, Extremrobust – ich habe alles kennengelernt. ARTgerecht bedeutet für mich so nah wie möglich an Mutter Natur orientiert, wobei es in der menschlichen Obhut zumeist mehr als ausreichend Nahrung und eben auch medizinische Versorgung gibt. Laufbedürfnis und soziale Kontakte (nicht nur über den Zaun hinweg), gerade auch bei Hengsten, sollten befriedigt werden.
PFERDgerecht kann allerdings für das einzelne Tier etwas ganz anderes erforderlich machen. Pferde sind Gewohnheitstiere, die geregelte Abläufe schätzen und ich kenne Pferde, die trotz sperrangelweiter Boxentür nicht raus gehen. Manche haben Stress in der Herde oder sind körperlich nicht mehr so fit, sich behaupten zu können. Da kann auch Paddockbox mit Weidegang das passende sein.
Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Für uns als Partner ist es daher wichtig, sich auf die Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Was ist aus Deiner Sicht wichtig im Umgang mit Pferden?
Zunächst mal scheint ein jeder unter Partnerschaft etwas anderes zu verstehen – übrigens ähnlich wie beim Begriff LONGIEREN… Dabei ist es oft gar keine Partnerschaft, denn da dürfte jeder von beiden frei seine Wünsche äußern, sich verweigern, einen Kompromiss schließen. Partnerschaft heißt leider viel zu oft, dass es um Gehorsam geht und dass das Tier immer zu funktionieren hat.
Klar, manchmal macht man Dinge, weil man weiß, dass sie dem Pferd zuträglich sind wie beispielsweise anstrengendes Muskelaufbautraining. Nur eben allzu oft tut der Mensch die Dinge für sich selbst. Dabei sollte man meiner Meinung nach nur vom Pferd verlangen, was man auch selbst bereit ist zu investieren, sprich Vertrauen, Fitness und zu einhundert Prozent mit der eigenen Aufmerksamkeit beim Tier sein. Leider sehe ich stattdessen allzu oft falsch verstandenes Kümmern.
Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung und den Umgang mit seinem Pferd. Wer in der Pferdewelt inspiriert Dich am meisten und dient Dir als Vorbild – und vor allem weshalb?
Hmmh, da gibt es gleich mehrere Kapazitäten, denen ich begegnen durfte und die ich für ganz besonders halte wie Bea Borelle, Gertrud Pysall, Gerd Römbke, Philippe Karl, Karin Kattwinkel, Sibylle Wiemer, Christoph Ackermann, Helke Falke, Conny Niedenthal,… Allerdings kann ich von jedem, dem ich begegne etwas lernen und es treten auf geradezu magische Weise immer die passenden Menschen für die gerade nötigen Erfahrungen in mein Leben und bewirken Quantensprünge im Sinne der Pferde.
Stefanie Holze, meine Reitlehrerin auf Mallorca, ist so jemand für mich. Und auch jedes Ponymädel mit Zugang zum Tier kann mich deutlich weiter bringen als so manch bekannter Trainer. Das vermeintlich schöne und jederzeit abrufbare Ergebnis ist für mich nebensächlich – für mich zählt der gemeinsame Weg mit dem Pferd.
Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen eigenen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Wie würdest Du Deinen Weg und Deine Ziele mit den Pferden beschreiben?
Es fühlt sich an wie ein sanftes Getragenwerden, überraschend für mich selbst, mit ständig neuen sich öffnenden Türen – genau wie auch dieses Interview. Mir ist es ein echtes Anliegen, guten Dingen Sichtbarkeit zu verschaffen, die richtigen Menschen miteinander zu vertüddern, auf Misstände aufmerksam zu machen und durchaus diejenigen zu mobilisieren, die genügend Einfluss haben, die Zustände zum Guten hin zu verändern.
Kirsten, Aufklärung und Wissensvermittlung in der Pferdewelt ist auch heutzutage leider immer noch dringend erforderlich. Wo gibt es Deiner Meinung nach den größten Nachholbedarf?
Reiten ist ja eher antiquiert und moderne Einflüsse und Erkenntnisse aus Trainingslehre, Tierschutz und Materialentwicklungen etc. finden erst langsam Zugang. Und dann ist da noch diese Inselbildung in Western, Klassik, Freizeit, Zucht, etc., die nicht unbedingt zum Austausch anregt. Ganz wichtig finde ich permanente Weiterbildung und für Neues offen zu sein. Und zwar auch dann, wenn es für einen selbst unbequem ist, weil man etwas ändern muss, das man schon ewig auf die gleiche Weise gemacht hat. Deshalb habe ich auch den Reiterstammtisch auf Mallorca ins Leben gerufen.
Du engagierst Dich aktiv in der Pferdewelt und auch im Tier- bzw. Naturschutz. Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?
Pläne sind das eine, was tatsächlich passiert etwas ganz anderes… Die bisherige Entwicklung geht hin zum Wort und weg von der direkten Arbeit am und mit dem Pferd. Dennoch möchte ich die Ausbildung zum EMRT-Practitioner noch abschließen und noch mehr Weiterbildungen absolvieren. Mein Wunsch ist, Pferdemenschen Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und sie ins Fühlen zu bringen.
Aufgrund meiner fast 25-jährigen Vertriebserfahrung sehe ich mich im Bereich von Pferdeversicherungen oder Pferdepharmazie, weil dort genügend Geld vorhanden ist, um es auch im Sinne der Tiere einzusetzen, z.B. im Sponsoring. Schön wäre auch, wenn Pferdehaltung im Einklang mit der Natur erfolgen kann – Stichwort Permakultur. Ganz aktuell unterstütze ich Hersteller von Reitsportartikeln, um die Funktionalität der Produkte noch pferdefreundlicher zu gestalten.
Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?
Hinterfragt alles, was Ihr macht bzw. gelernt habt und was andere Euch weismachen wollen!!! Das gilt natürlich auch für das, was von meiner Seite kommt. Genießt Quality Time mit Eurem Pferd, auch mal ganz absichtslos und sucht nach Neuem außerhalb der Komfortzone! Und auch, wenn Ihr damit die „Außerirdischen“ im Stall seid, bleibt mit den vermeintlich „Doofen“ in Kommunikation, damit auch deren Pferde die Aussicht auf Verbesserungen haben.
Vielen Dank Kirsten für deine offen Worte und die konstruktive Zusammenarbeit. Weiterhin viel Freude bei deinen zahlreichen Unternehmungen zum Wohle der Pferde.
Weitere Informationen über Kirsten Fleiser und ihre vielfältigen Ideen findest du auf ihrer Facebookseite.