Verena Bauer im Interview

Im schönen Jammertal in Rheinland Pfalz ist Verena Bauer zu Hause. Hier besitzt sie eine kleine aber feine Reitschule, die sie mit 3 Kindern und einem nichtreitenden Mann erfolgreich leitet. Der Hof bietet für verschiedene Altersgruppen und reiterliche Ausbildungsstände ein individuelles Programm. Dabei ist Verenas Ziel die feine Ausbildung von Pferd und Reiter, welche sich nach der klassischen Reitweise richtet.

Sie selbst wird auf ihrem reiterlichen Weg seit 11 Jahren von Desmond O’Brien begleitet, der Verena auch in die klassische Reitweise einführte. Schließlich folgte mit Hilfe von Roland Heiß der Start in die Working Equitation. Gemeinsam mit ihrem Lusitano Hengst Emilio, der als 2-jähriger mehr zufällig in ihr Leben galoppierte und der seine Ausbildung bis zur Hohen Schule mit Verena gemeinsam meisterte, startet sie seit 2019 auch auf Working Equitation Turnieren.

Lusitano
Lusitano Hengst Emilio (Foto: Jennifer Nischik)

Hier sind die beiden mittlerweile erfolgreich in der Masterclass unterwegs und nahmen u.a. auch an der deutschen Meisterschaft der Working Equitation in Mannheim 2021 teil. Da Verena schon immer ein neugieriger Mensch war, probiert sie auch gern Neues aus. So kam sie auf die Idee, die klassischen Reitelemente und die Working Equitation doch einmal auf eine ganz andere Art und Weise vorzustellen, um auch andere zu inspirieren.

Im Trail Parcours reitet Verena z.B. jedes Hindernis mit einer Lektion der hohen Schule oder einer Zirkuslektion. So etwa das Tor in der Piaffe, auf der Brücke eine Levade, die Glockengasse im spanischen Schritt u.s.w. Damit möchte sie anregen, neue Wege zu gehen, auch mal etwas Ungewöhnliches zu probieren, um sich und sein Pferd neu zu entdecken, Leichtigkeit zu erarbeiten und immer mit Spaß bei der Sache zu bleiben.

Spaß am Reiten, egal ob nur für Zuhause oder eben auch im Wettkampf, dass ist es, was Emilio und Verena zeigen wollen, und was sie sich auch für jedes andere Pferd/Reiterpaar wünschen! Eine wunderbare Einstellung und tolle Ziele, die auch mir sehr gut gefallen und über die ich mehr wissen wollte. Daher habe ich Verena Bauer einige Fragen gestellt:

Hallo Verena, vielen Dank, dass Du Dir in diesen turbulenten Zeiten die Zeit für meine Fragen nimmst! Kommen wir daher gleich zur ersten: Wie bist Du zu den Pferden gekommen und was fasziniert Dich an ihnen?

Als ich neun Jahre alt war, sind all meine Freunde schon geritten und redeten nur noch von Pferden. Trotz großer Angst vor diesen Tieren blieb mir damals nichts anderes übrig, als auch anzufangen zu reiten – und es war das Beste, was mir passieren konnte. Was mich am meisten fasziniert ist, dass Pferde die einzigen Lebewesen sind, die mich an meine Grenzen bringen und mir helfen, diese sogar zu überwinden. Sie spiegeln mich, zeigen mir neue Wege und machen machen mich stark und vor allem glücklich.

Kind auf Pferd
Früh übt sich (Foto: Jennifer Nischik)

Mit Deinen Pferden arbeitest Du insbesondere nach der klassisch-barocken Reitweise. Wie war Dein reiterlicher Werdegang, bis Du letztendlich dann bei der Working Equitation gelandet bist?

Mein erstes Pferd, einen Friesen, meinen Sjirk, bekam ich von meinen Eltern und schnell war klar, dass mich nichts anderes als Pferde interessieren würde. Mit 20 Jahren haben ich mich selbstständig gemacht und alles lief seinen Weg – der Weg war alles andere als geteert und geradeaus, aber mit jedem Tag wurden die Felsen kleiner und die Kurven fangen allmählich an, Spaß zu machen.

Ich gab Kinder Unterricht und bildete meinen Friesen alleine aus, so gut, wie ich es damals konnte und ritt viele Shows mit ihm. Erst nach vielen Jahren merkte ich, dass Reiten wohl noch viel mehr bedeutet, als mir bis dahin bewusst war. 2011 hatte ich das Glück, Desmond O’Brien kennen zu lernen und somit auch das Reiten. Emilio kam dann als 2 jähriger lustitano Hengst in mein Leben und veränderte noch mal alles! 2016 lernte ich Roland Heiß kennen und kam durch ihn zur Working Equitation.

Was fasziniert Dich besonders an der Working Equitation?

Beim trainieren des Trails, merkte ich immer wieder, wie wichtig es ist, sein Pferd zu kontrollieren. „Controll your Horse“, das waren immer wieder Rolands Worte! Jeden Schritt so zu reiten, wie man ihn braucht, egal ob vorwärts, seitwärts oder rückwärts. Die 4 Disziplinen in der WE faszinieren mich, da sie sehr vielseitig sind und gegenseitiges Vertrauen eine sehr große Rolle spielt.

Klassische Reitkunst
Working Equitation und klassische Reitkunst (Foto: Jennifer Nischik)

Um andere Pferdefreunde zu inspirieren, gehst Du ganz eigene Wege, indem Du klassische Reitelemente mit der Working Equitation verbindest. Wie bist Du auf die Idee gekommen und wie muß ich mir das genau vorstellen?

Emilio hatte mir in unseren ersten Turnieren gezeigt, was er alles kann ? ( zum Beispiel das Piaffieren am Tor), das war allerdings alles andere als erwünscht. Wir trainierten nach dem Reglement der WED und Emilio wurde immer souveräner, gelassener und mutiger. Dann fielen mir seine Ideen ein und ich fing an zu kombinieren. „Classic Working Trail“, hohe Schule an Hindernissen, das ist dass, was wir zeigen. Und es macht irre viel Spaß. Im spanischen Schritt in die Glockengasse, den Slalom in der Passage, im Pferch wird sich hingelegt oder die Levade auf der Brücke etc…

Wichtig ist mir allerdings hierbei, dass Emilio ganz klar unterscheiden kann, ob wir Working Equitation reiten oder eben unseren ganz eigenen „Classic working Trail“ – und ich bin mehr als erstaunt und stolz, wie toll er mir zuhört und unterscheiden kann! Denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!

Was ist für Dich besonders wichtig beim Umgang und der Ausbildung von Pferden?

Der Umgang mit den Pferden sollte immer auf Augenhöhe stattfinden. Natürlich müssen wir uns unseren Rang „sichern“, aber dies bedarf keinem langem Tamtam und sollte durch unser Auftreten, klaren Ansagen und gegenseitigem Respekt schnell klargestellt sein. Die Ausbildung muss in meinen Augen sehr individuell gestaltet sein und absolut abhängig von jedem einzelnen Pferd. Der einzige rote Faden, den ich in der Pferdeausbildung habe, ist: das Pferd bestimmt das Tempo, Motivation und gegenseitiges Vertrauen, und wenn es etwas versteht, wird gelobt – und das nicht zu knapp. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell die Vierbeiner lernen, verstehen und mitarbeiten wollen.

Working Equitation
Motivation und gegenseitiges Vertrauen (Foto: Jennifer Nischik)

Um unseren Pferden gerecht zu werden, müssen wir den Umgang mit ihnen ganzheitlich betrachten. Dazu gehören sowohl die Ausbildung als auch die Haltung. Wie sieht Deiner Meinung nach eine artgerechte Pferdehaltung aus?

Puh, das ist eine schwierige Frage, finde ich. Meine Pferde stehen alle in kleinen oder auch großen Herden im Offenstall und das ist wohl eine der natürlichsten Haltungen. Allerdings kenne ich auch Pferde, die sich in einer großen Paddock-Box wohler fühlen. Gerne würde ich diese Frage an die Pferde weitergeben ?

Gerne holen wir uns Anregungen von anderen Pferdemenschen. Von wem in der Pferdewelt läßt Du Dich inspirieren und weshalb?

Ich finde, es gibt viele tolle Pferde-Menschen, bestimmt viel mehr, als wir denken oder kennen. Tatsächlich habe ich keinen „Guru“, den ich vergöttere. Ich bin immer offen für alles und kann glaube ich von jedem etwas lernen. Am Ende ziehe ich allerdings meine eigenen Schlüsse und lerne durch meine Erfahrung. Meine größten und besten Lehrer aber sind die Pferde!

Working Equitation
Pferde sind die besten Lehrmeister (Foto: Jennifer Nischik)

Mit der Kesselmühle inmitten des schönen Jammertals in Rheinland-Pfalz hast Du Dir ein tolles Reiterparadies geschaffen. Was bietest u dort an und welche Pläne hast Du noch für die Zukunft?

Wir unterrichten die ganz Kleinen und natürlich auch die Großen, von den Anfängen bis zu Lektion der hohen Schule und mittlerweile auch gerne in der Working Equitation. In den Ferien können Kinder bei uns Reiterferien machen und einfach mal Kind sein. Am meisten Freude habe ich natürlich daran, mit den Pferden zu arbeiten und sie auszubilden. Also sind Berittpferde immer willkommen und manchmal passiert es, dass sich jemand in eins meiner Pferde verliebt. Und wenn das auf Gegenseitigkeit beruht, verkaufe ich auch mal schweren Herzens einen Vierbeiner.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass alle weiterhin ganz viel Spaß mit ihren Pferden haben, offen für Neues sind und alle gesund bleiben ☺️

Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Fürchte dich nicht vor Perfektion, denn du wirst sie nie erreichen. (Salvatore Dali) Einfach mal machen?

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