Andraz Obermeier im Interview

Horsemanship bildet für Andraz Obermeier die Basis der Reitkunst, denn ohne eine gute Partnerschaft ist feines Reiten nicht möglich. Aus diesem Grund ist es ihm ein besonderes Anliegen zu zeigen, wie man zum Pferd eine mentale Verbindung herstellt, die Emotionen schult und durch eine gemeinsame Sprache das Pferd besser versteht. Spannend in diesem Zusammenhang ist, das Andraz bis auf kleine Urlaubsritte lange Zeit eigentlich gar nichts mit Pferden zu tun hatte.

Dies änderte sich, als er mit seinen Eltern aufs Land zog, weil diese hier einen kleinen Reiterhof aufbauen wollten. Richtig intensiv wurde seine Beziehung zu den Pferden aber erst, als Andraz mit der Stute Amira sein erstes eigenes Pferd bekam. Sie war es auch, die ihn zum Natural Horsemanship brachte, denn die Stute war kein einfaches Pferd. Somit machte Andraz sich auf den Weg, um dazuzulernen. Als Working Student sammelte er bei Birger Gieseke erste Erfahrungen und vertiefte diese u.a. bei Honza Blaha und Michael Wanzenried.

Als Co- und Jungpferdetrainer arbeitete Andraz dann zunächst auf verschiedenen Anlagen, bevor er sich als Huforthopäde (die Ausbildung dazu hatte er absolviert, um die Hufe seiner Stute selbst bearbeiten zu können) und Trainer selbstständig machte. Die Freiarbeit mit Pferden und dass Reiten ohne Zaumzeug ist hier seine große Leidenschaft, denn diese Verbundenheit, die entstehen kann und diese Leichtigkeit faszinieren ihn immer wieder aufs Neue.

Andraz Obermeier im Sattel
Übung macht den Meister (Foto: Petra Lettl)

Trotzdem fehlte Andraz noch das passende Puzzlestück als Ergänzung zur optimalen Gymnastizierung der Pferde. Über verschiedene Wege fand er dieses dann letztendlich in der akademischen Reitkunst. Inspiriert wird er dabei z.B. durch die Arbeit von Arien Aguilar, Marius Schneider und Bent Branderup. Sein nächstes Ziel ist es nun, die Lehren der klassischen Reitkunst mit dem Horsemanship zu verbinden. Zwischenzeitlich absolvierte Andraz auch noch verschiedene Ausbildungen als Ernährungsberater, Tierheilpraktiker TCM und VFD Übungsleiter.

Dieser Weg, den Umgang mit dem Pferd aus ganzheitlicher Sicht zu betrachten und sich stets zum Wohle des Pferdes weiterzubilden, sollte uns allen Ansporn sein. Daher wollten wir mehr über Andraz Obermeier und seinen Weg mit den Pferden erfahren und haben ihm einige für uns wichtige Fragen gestellt:

Andraz, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns auf unterschiedlichste Weise immer wieder aufs Neue. Wie wurdest Du vom Pferdevirus infiziert und was fasziniert dich an Pferden?

Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich nicht gleich vom Pferdevirus infiziert wurde. Mit 14 zog ich auf das Land mit meinen Eltern. Pferde bedeuteten für mich erstmal nur Arbeit, da ich vom Ausmisten bis zum Zaunbau im Reitbetrieb mithelfen musste. Bis ein Fohlen bei uns geboren wurde, mit dem ich mich anfreundete. Leider mussten wir Felina wieder abgeben. Doch der Wunsch nach einem eigenen Pferd blieb.

Einige Zeit später entschieden sich meine Eltern, den Schulbetrieb zu vergrößern. So kam Amira zu uns, dass Pferd, dass ich brauchte. Sie biss und trat nach Menschen und Reiten ging erst gar nicht. Doch ich wollte sie auf keinen Fall aufgeben. Zu diesem Zeitpunkt sah ich zum ersten Mal, dass Parelli Konzept und unser gemeinsamer Weg begann. Dabei erfüllte mich die Arbeit mit den Pferden sehr und ich entschied, meinen Kindheitstraum von der Arbeit in der Natur wahr werden zulassen. Amira war meine Freundin und mein Wegweiser und noch immer vermisse ich Sie sehr.

Vertraute Pferde
Eine gute Beziehung ist die Basis der Reitkunst (Foto: Petra Lettl)

Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und beeinflussen auch unser Zusammensein. Wie leben deine Pferde und was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung?

Artgerecht bedeutet für mich, dass Pferde in einer Gruppe leben und gleichzeitig auch ihren persönlichen Frei- und Ruheraum haben können. Auch eine individuelle Fütterung finde ich wichtig, wobei die Tiere die Fresspausen selbst bestimmen können. Deshalb füttere ich gerne mit Netzen und Futterkisten. Diese verlängern die Fresszeit bei gleicher Heumenge. Als Hufbearbeiter hatte ich leider auch mit vielen Rehepferden zu tun. So weis ich, wie wichtig ein intakter Stoffwechsel ist.

Gerade haben wir selbst auch die Boxen aus einem Stall herausgerissen und ihn in einen Offenstall verwandelt. Aktuell sind noch 2 Pferde zeitweise in Boxen untergebracht. Diese 2 Stuten sollen aber auch in den 2 Offenstall kommen, sobald dieser fertig ist.

Pferde sind nach wie vor sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt. Was ist daher aus Deiner Sicht wichtig im Umgang mit ihnen?

Wichtig im Umgang ist, dass man diese Instinkte versteht und die Pferde auf die menschliche Umgebung vorbereitet. Pferde müssen sich in unserer Umgebung anderes verhalten, als es die Natur vorgibt. So müssen Sie lernen, dass Gegenteil davon zu machen, was ihr Instinkt ihnen sagt. Deshalb ist eine gute Beziehung die Basis der Reitkunst. Vertraut mir mein Pferd, wird es für mich alles tun.

Die Basis einer guten Beziehung ist Kommunikation. Diese Kommunikation muss ich gemeinsam aufbauen und erlernen, wobei hier ist die Körpersprache und eine genaue Vorstellung wichtig sind. In einer Partnerschaft sollte man viel Zeit miteinander verbringen. Bei der Pferd-Mensch Konstellation ist besonders die gemeinsame Zeit von großer Bedeutung, in der ich nichts verlange. Pferde benötigen diese Pausen, in denen sie neue Eindrücke verarbeiten können.

Andraz Obermeier
Gemeinsame Zeit ist wichtig (Foto: Verena Dechant)

Bei der Ausbildung und im Umgang mit Pferden orientieren wir uns häufig an anderen Pferdemenschen. Wer in der Pferdewelt inspiriert Dich am meisten und vor allem weshalb?

Es gibt einige Menschen, die mich inspirieren und lernen kann man von jedem etwas. Trotzdem ist Jean-François Pignon ein Idol. Ich bewundere, wie er mit vielen Pferden gleichzeitig arbeitet und dann auch noch mit so einer ruhigen Körpersprache. Gleichzeitig merkt man auch seine Demut. Irgendwann schaffe ich es zu einem Kurs bei ihm.

Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen eigenen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Wie würdest Du Deinen Weg und Deine Ziele mit den Pferden beschreiben?

Ich bin immer auf der Suche nach mehr Wissen und neuen Wegen in allen Bereichen. Mir macht einfach alles Spaß. Dressur ist wichtig, Liberty spielen ist ein Test und Ausreiten ein Muss. Ich bin sehr vielseitig und offen für vieles. Ziele habe ich viele. Ich möchte mehr Zeit der Freiheitsdressur mit mehreren Pferden widmen. In der Dressur möchte ich noch viel weiterkommen und dies dann auch korrekt ohne Zügel umsetzen können.

Andraz, leider halten immer noch zu viele Verantwortliche in der Pferdewelt an veralteten Strukturen und überholten Ansichten fest. Aufklärung und Wissensvermittlung ist daher dringend erforderlich. Was muß sich deiner Meinung nach ändern?

Wir müssen offener werden und jemanden nicht gleich verurteilen. Deshalb bin ich von dem Equilumina Konzept von Arien Aguilar so überzeugt. Trainer müssen zusammenarbeiten, statt gegeneinander. Dazu kann jeder beitragen. Ich habe zum Beispiel auch Sachen ausprobiert, die ich jetzt nicht mehr mache, weil es nicht mein Weg ist. So erkläre ich es meinen Schülern, und nicht, weil die Methode falsch ist. Wir müssen uns alle weiterentwickeln. Dies geschieht nur, indem man über den Tellerrand schaut. So kommt man von alten Strukturen los.

Gemeinsame Zeit mit dem Pferd
Über den Tellerrand hinausblicken (Foto: Petra Lettl)

Du hast dich bereits vielseitig weitergebildet und auf dem Barsdorfer Hof mittlerweile eine Heimat gefunden. Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?

Ich möchte in Zukunft mit meinen eigenen Pferden weiter kommen und mehr Zeit mit ihnen verbringen. Deshalb werde ich mehr Kurse geben und meine Hufkundschaft reduzieren. Man soll ja bekanntlich nicht auf vielen Baustellen gleichzeitig sein. Ich habe gerade herausgefunden, was mir wichtig ist und alles neu sortiert. Der Tag ist einfach nicht lang genug, um alles zu schaffen. Durch meine Familie habe ich jetzt auch Verantwortungen, die ich früher nicht hatte. Deshalb ist es ist mir auch sehr wichtig, mehr Zeit mit den Kindern und meiner Frau zu verbringen. Alles andere wird sich von selbst ergeben.

Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Leichtigkeit kommt von Leichtigkeit. Ein Pferd kann nur fein werden, wenn wir es auch zu unserem Partner sind. Gerade beim Reiten kann man sich gar nicht vorstellen, wie fein. Dazu gehört Training und Selbstdisziplin. Von Nichts kommt nichts, deshalb geht zu Euren Pferden und macht etwas mit ihnen.

Ein Reiter im Rapsfeld
Leichtigkeit kommt von Leichtigkeit (Foto: Verena Dechant)

Vielen Dank Andraz für deine Zeit fund dein Vertrauen, dass du uns geschenkt hast. Wir wünschen dir weiterhin viel Freude auf deinem Weg mit den Pferden.

Wenn du noch mehr über Andraz Obermeier und seine Arbeit mit den Pferden erfahren möchtest, findest du weitere Informationen auf seiner Website Basis der Reitkunst.

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