Die Tika Ranch in Marokko
Marokko ist zwar nur durch die Straße von Gibraltar von Europa getrennt, dennoch tauchen wir hier in eine völlig andere Welt. Sowohl landschaftlich als auch kulturell ist das Land faszinierend und abwechslungsreich. Mit seinen zahlreichen Kontrasten und reichem Kulturerbe, zu denen allein neun UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten wie z.B. die vier Königsstädte Fès, Marrakech, Meknes und Rabat zählen, ist es außerdem ein wahres Paradies für Reiter.
Seit 2023 leben und arbeiten auch Nadja und Alaeddine (wieder) im Königreich Marokko. An der Atlantikküste haben sie sich mit der Tika Ranch einen Traum erfüllt und bieten fernab vom Massentourismus Reitreisen an, die Brücken zwischen Kulturen bauen und Türen zu unvergesslichen Erlebnissen im marokkanischen Leben öffnen. Ihre Kenntnisse rund um artgerechte Pferdehaltung, Reitpädagogik und pferdegestützte Begleitung aus Deutschland und der Schweiz sind Nadja und Ali dabei eine wertvolle Hilfe.

Menschen aus aller Welt und jeden Alters sind auf ihrer Ranch willkommen – zu den Gästen zählen langjährige Reiter ebenso wie Pferdeliebhaber und Marokko-Interessierte, die den Zauber von Tausendundeiner Nacht hautnah erleben möchten. Was aber war der Beweggrund für beide, ausgerechnet in Marokko ihren Traum zu verwirklichen? Das wollten wir wissen und haben den Auswanderern einige Fragen gestellt:
Zunächst einmal vielen Dank ihr beiden, dass ihr euch die Zeit für unsere Fragen nehmt. Als erstes würde uns interessieren, wie ihr überhaupt zu den Pferden gefunden habt. Könnt ihr uns dazu etwas erzählen?
Nadja: Ich habe ziemlich früh – im Alter zwischen 5 und 7 Jahren – mit dem Reiten begonnen. Meine Eltern sind vor allem im Urlaub gerne wandern gegangen, und da ich keine Geschwister habe, war es praktisch für sie, mich auf sämtlichen Reiter- und Bauernhöfen zwischen Nordsee und Südtirol zu „parken“. Später habe ich in meiner Heimatstadt Steinfurt geritten, hatte mehrere Reitbeteiligungen. Mit Start der Ausbildung habe ich den Sport aufgegeben. Ein Jahr bevor ich zum ersten Mal nach Essaouira gekommen bin, habe ich zufällig wieder mit dem Reiten begonnen.
Ali: In Marokko sind Pferde tief verwurzelt mit der einheimischen Kultur und so gut wie jeder träumt zumindest einmal von einem Haus auf dem Land mit Schafen, Ziegen und Pferden. Mit dem Reiten bin ich jedoch relativ spät, mit circa 19 Jahren angefangen. Und wie man sieht dabei geblieben.
Was habt ihr gemacht, bevor ihr nach Marokko gegangen seid?
Ali: Ich hatte als Kind das Privileg, dass ein Teil meiner Familie in die USA ausgewandert und eine Firma gegründet hat. Durch diese konnte auch meine Großmutter und Mutter sowie ich nach Amerika umsiedeln. Dort bin ich viele Jahre aufgewachsen, habe dann kurzzeitig wieder in Marokko gelebt, und im Anschluss viele Jahre in der Schweiz. Trotzdem hat es mich regelmäßig in die Heimat gezogen. Hier jetzt leben und sogar erfolgreich arbeiten zu können, erfüllt mich sehr.
Nadja: Ich habe unter anderem eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten absolviert und über Umwege viele Jahre in den Bereichen Sales und Human Ressources gearbeitet. Mit Pferden hatte das alles eher wenig zu tun. Aber immer mit und für Menschen.

Wie kamt ihr auf die Idee, euch in Marokko mit der Tika Ranch ein eigenes Reich zu schaffen?
Ali: Ich hatte bereits vor der Corona-Pandemie Pferde in Marokko, allerdings Stuten, mit denen ich unter anderem gezüchtet habe. Als wir uns kennengelernt haben, habe ich gerade begonnen, erste Gäste über „Urlaub gegen Hand“ zum Reiten und Pferde pflegen nach Marokko einzuladen, um mögliche Angebote zu testen. Zu der Zeit habe ich aber noch überwiegend in der Schweiz gelebt.
Welche Pferde leben auf der Ranch?
Ali: Mit uns leben aktuell sieben Pferde auf der Ranch, darunter reinrassige Berber sowie Araber-Berber. Mittlerweile haben wir eine gute Mischung aus Hengsten, die für Anfänger sowie für Profis reitbar sind.
Wie leben die Pferde bei euch, welche Haltungsform bevorzugt ihr?
Nadja: Wir bevorzugen definitiv die Weiden- beziehungsweise Paddockhaltung von Pferden. Das ist in unserer Region gar nicht so leicht umzusetzen, weil es hier sehr, sehr viele Pferde auf wenig Raum gibt. Uns ist daran aber immer gelegen gewesen. Ich weiß noch, dass ich am Anfang oft geschimpft habe, dass mir unser Traum „zu teuer“ ist, wenn unsere Pferde unter den Haltungsbedingungen leiden müssten. Mittlerweile arbeiten wir an drei Orten, unter anderem unserem eigenen. Wenn Pferde viel gearbeitet haben, kommen sie auf ein Paddock oder die Weide. An einem weiteren Ort, der zu einer Hotelanlage gehört mit der wir zusammenarbeiten, stehen sie dann auf dem Sandplatz oder im Stall. So hat jedes Pferd die Chance, frei zu rennen und wie ein Pferd zu leben und zu arbeiten.

Was genau bietet ihr an und was sind eure Ziele mit eurem Angebot?
Ali: Wir bieten Pauschal- und Individualreisen vor Ort sowie Wanderritte für Reiter aller Klassen, Pferdebegeisterte und auch Nicht-Reiter an. Im Schnitt bleiben unsere Gäste für ein bis zwei Wochen. Außerdem haben wir mittlerweile ein Netzwerk aus Freunden, die gemeinsam mit uns Gruppenreisen und Retreats organiseren. Hier liegt der Fokus nicht nur auf dem Reiten, sondern vor allem darauf, einen zuverlässigen Ansprechpartner vor Ort in Marokko zu haben, der die Organisation und Durchführung der Reisen übernimmt.
Nadja: Ab 2025 wollen wir unsere Türen auch für Familien öffnen, die um die Welt reisen und sogenannte Worldschooling Hubs besuchen. Im September und im Dezember dieses Jahres ist das für vier Wochen zum ersten Mal unser Projekt! Ich bin schon gespannt auf die Kids und wie sie unser Programm annehmen. Und natürlich wollen wir noch mehr Pferden die Chance geben, bei uns alt zu werden, wenn ihre aktuellen Lebensumstände, beziehungsweise die ihrer Besitzer kein artgerechtes Leben mehr zulassen. Nächstes Jahr sollen in Kooperation mit einer guten Freundin auch Horsemanship Workshops in Marokko stattfinden, was eine Bereicherung für alle sein wird!
Welchen Rat möchtet ihr zum Schluss anderen Pferdefreunden, die einmal nach Marokko möchten, mit auf den Weg geben?
Nadja: Auch wenn Marokko auf den ersten Blick chaotisch wirken kann, seit offen für die Vielfalt des Landes! Mir gefällt es an der Küste am besten, aber auch die Wüste und der Atlas haben viel Schönes zu bieten, das wir euch gerne bei einer gemeinsamen (Reit-)Reise zeigen. Achtet aber unbedingt auf die Pferdehaltung, wenn ihr euch für eines der zahlreichen Angebote entscheidet. Es lohnt sich!
