Wirbelsäulenverletzungen im Reitsport
Was haben die Freizeitsportarten Reiten und der Zweikampf gemeinsam? Beide verlangen Koordination und halten fit, aber bei beiden sind auch Wirbelsäulenverletzungen nicht auszuschließen. Zu diesem Ergebnis kam bereits 2021 die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin. Dabei sind die Ursachen dieser Verletzungen in den beiden Sportarten allerdings verschieden. Während beim Reiten fast immer traumatische Verletzungen durch Unfälle vorkommen, sind es im Kampfsport Dauerschäden durch Mikrotraumen. Beides ist auf jeden Fall nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Verletzungen im Reitsport
Grundsätzlich gibt es im Reitsport drei unterschiedliche Verletzungsmuster: durch den Sturz vom Pferd – solo oder gegen ein Hindernis, durch den Sturz mit dem Pferd – wo häufig ein gewaltiges Gewicht auf den Reiter einwirkt und durch einen Hufschlag bei der Pflege des Pferdes. Laut Prof. Dr. Wolfram Mittelmeier, Direktor der Orthopädischen Klinik der Universitätsmedizin Rostock, passiert ein Sturz vom Pferd am häufigsten bei Reitern, die das Tier nicht gut genug kennen. Dabei machen 45,6 Prozent der Verletzungen Frakturen der Lenden-Wirbelkörper aus, vor allem des L1. Nur 11,6 Prozent der Verletzungen ereignen sich außerhalb der Lendenwirbelsäule.
Mittelmeier kennt sich aus, denn er war selbst jahrelang aktiver Reiter und Karatesportler. Zusammen mit Kollegen hat er lange Zeit Hunderte Verletzungen im Pferdesport untersucht und ausgewertet. Demnach gibt es beim Reitsport zwar auch schwere Verletzungen und Lähmungen, die meisten Unfälle* verlaufen aber erfreulicherweise weniger schwer. Rund ein Drittel aller Verletzungen passiert auch gar nicht beim Reiten selbst, sondern bei der Pflege des Pferdes – über 12 Prozent aller Tritte gehen dabei in die Lendenwirbelsäule.
Um diese Verletzungen zu vermeiden, sollten Trainer dafür sorgen, dass Pferd und Reiter besser zusammenfinden und eine Einheit bilden. Bei Kindern ist es wichtig, diese langsam an das Pferd zu gewöhnen und ihnen das richtige Verhalten beim Umgang mit dem Tier zu zeigen. Reitschulen tun gut daran, Reitern häufig dasselbe Pferd zur Verfügung zu stellen und Eltern müssen sich darüber bewusst sein, dass Reiten eine Sportart nicht mit einem Sportgerät, sondern einem beweglichen, sensiblen Lebewesen ist.
Vorbeugen
Prof. Mittelmeier empfiehlt daher, dass Kinder sportlich und beweglich sein sollten, bevor sie aufs Pferd kommen. Dafür eignet sich sehr gut das, weil es hervorragend die Koordination und das Gefühl fördert. Wenn die Kinder dann in den Reitsport wechseln, sollten sie mindestens ein- bis dreimal pro Woche reiten, um in Übung zu bleiben. Sinnvoll ist es laut Mittelmeier auch, zusätzlich zum Reitsport das richtige Abrollen, z.B. im Judo, zu erlernen. Hierdurch lassen sich viele Verletzungen vermeiden.
Verletzungen im Kampfsport
Im Vergleich zum Reitsport entstehen Verletzungen im Kampfsport entweder durch Gegenwirkung oder Aufprall beim Werfen, wie beispielsweise im Judo (ausgekugelte Schultern oder auch HWS-Verletzungen) oder durch das Schlagen, wie bei Karate, Kickboxen oder Taekwondo. Bei Letzteren sind häufig Hände, Füße und Gesicht betroffen. Insgesamt überwiegen im Kampfsport aber die Verschleißerkrankungen durch Mikrotraumen. Auch eine hohe Beschleunigung des Beines mit anschließendem Tritt ins Leere ist eine extreme Belastung für die Lendenwirbelsäule. Besonders einseitige wiederholte Übungen können die Wirbelgelenke und Bandscheiben überlasten.
Fit bleiben
Wer aber bis ins fortgeschrittene Alter sportlich bleibt, kann auch trotz jahrelangem Leistungssport in beiden Sportarten eventuelle Schäden (häufig L4/L5/S1) relativ gut vorbeugen oder kompensieren. Nicht umsonst heißt es: „Wer rastest, der rostet…“
Verwendete Quellen: Pressemeldung Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin