Alexandra König im Interview

Jahrzehntelang gab sie beim bekanntesten deutschen Fußballverein die Richtung vor, zumindest was die Reisen anging, denn Alexandra König fuhr mehr als 30 Jahre den Mannschaftsbus des FC Bayern. Dies ist nach dem Verständnis vieler schon eher ungewöhnlich, aber wie kommt man dann auch noch dazu, eine eigene Schule für Pferdesprache und Pferdepsychologie aufzubauen?

Aufgewachsen in einer kleinen Vorstadt von München war das Leben von Alexandra König von Anfang an alles andere als langweilig, eher turbulent und nicht ganz ungefährlich. Was ihr Halt gab, war die Verbindung zu den Pferden. Mit ihnen konnte sie sich auf die Suche nach einem umfassenden Verständnis für sich und ihre Einstellung zum Leben machen, was sie bei den Menschen so nie gefunden hatte.

Dabei testete Alexandra sämtliche bekannten Umgangsmethoden mit Pferden und ließ letztendlich alle wieder hinter sich, weil sich keine für sie natürlich und gewaltfrei anfühlte. Erst durch die Entdeckung der fernöstlichen Lehren für sich selbst erlebte sie eine regelrechte Befreiung. Alexandra lernte nach eigenen Angaben, wie alles mit den Prinzipien von Ursache und Wirkung zusammenspielt, und was der Schlüssel zu guten und friedvollen Beziehungen sein kann, so wie es uns die Pferde vorleben.

Alexandra König
Foto: Peggy Wolff

Mit ihrem Ehrgeiz und dem Spürsinn für diese besonderen Tiere gab Alexandra nicht eher Ruhe, bis sie sich selbst viele Jahre lang an der Seite ihrer pferdigen Meister im Erkennen der Pferde ausgebildet und die Pferdesprache erlernt hatte. Jetzt war auch der richtige Zeitpunkt gekommen, eine eigene Ausbildungsstätte zu gründen, die Saliho School. Hier vermittelt Alexandra mit „chi horsing“ nun ihr ganzheitliches Konzept, um langfristig eine neue (Pferde)Welt mitzugestalten.

Das alles hört sich unheimlich spannend an, und um mehr über ihren Weg und ihre Arbeit zu erfahren, habe ich Alexandra einige Fragen gestellt:

Hallo Alexandra, zunächst vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen nimmst! Beginnen wir gleich mit der ersten, die erst einmal nichts mit Pferden zu tun hat, mich und sicher auch andere aber trotzdem interessiert: Wie bist Du eigentlich dazu gekommen, beim FC Bayern den Mannschaftsbus zu fahren?

Das kam durch das familieneigene Busunternehmen. Nach einem etwas orientierungslosen Arbeitsstart mit einer Friseurlehre und dem Bestücken von Platinen für Alarmanlagen und Bedienen in Diskotheken überkam mich mit 20 der Gedanke, endlich mal etwas Vernünftiges zu machen, und so stieg ich trotz meines Desinteresses am Fußball in das Busunternehmen meines Vaters ein. Hier wurde ich vom FC Bayern nicht nur herzlich aufgenommen, sondern hatte auch die Möglichkeit, alles über professionelle Teamentwicklung und erfolgsorientiertes Arbeiten zu lernen.

Kommen wir nun zum eigentlichen Thema: Den Pferden und Deinen Umgang mit ihnen. Zunächst würde mich interessieren, wie Du zu den Pferden gekommen bist und was Dich an diesen wunderbaren Tieren so fasziniert?

Ich landete schon sehr früh – mit 8 Jahren – auf einem Ponyhof und durfte mit anderen Mädchen auf den unterschiedlichsten Ponies und Pferden ausreiten. Unendliche Male bin ich gestürzt, ich fand mich in einer Umgebung unter rauesten Menschen wieder, aber ich lernte schon da, daß Pferde ungeheuer verläßlich sind. Wenn sie einen ablehnten, dann sofort und schonungslos.

Das war zuweilen ein trauriges Lernfeld, aber auch ein ehrliches und erkenntnisreiches. So konnte ich aber auch erkennen, dass Pferde diese Stille und Akzeptanz haben, wenn man einfach mit ihnen zusammen sein möchte, ohne sie zu reiten oder etwas von ihnen zu fordern. Man musste sich die Zuneigung manchmal schwer verdienen, aber dann hielt sie zuverlässig und beständig, je nach eigenem stabilen Verhalten.

Alexandra König
Foto: Peggy Wolff

Als sehr sensibles Tier, welches nach wie vor stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an uns, die leider viel zu häufig nicht berücksichtigt werden. Was ist daher aus Deiner Sicht wichtig beim Umgang mit Pferden?

Wir neigen ja dazu, schnell die Zuneigung durch Berührungen und emotionale Hingabe zu suchen und zu erlangen, was für uns Menschen völlig natürlich ist. Beim Pferd ist es umgekehrt! Wenn wir ein gesundes Verhältnis von Distanz und Nähe pflegen, dann bekommen wir ein absolut zuverlässiges und sicheres Pferd, das uns mehr und mehr sucht. Es erkennt dann in uns die Zuverlässigkeit unseres Seins. Berührungen wie Streicheln oder emotionale „Auf und Abs“ in unseren Stimmungen sprechen Pferde auf einer tiefen Ebene an, die aber auch zu großen Veränderungen in ihrem eigenen Verhalten führen. Daher sollte man sich gut mit den eigenen emotionalen Ausschüttungen und Bedürfnissen auseinandersetzen, um zu verstehen, was sie mit dem Pferd machen.

Die fernöstlichen Lehren haben es Dir angetan, denn hier hast Du viel für Dich selbst und auch für den Umgang mit den Pferden lernen dürfen. Was waren dabei die wichtigsten Erkenntnisse für Dich?

Dass Pferde durch ihren Fluchtinstinkt und geprägt von ihren Urängsten und Kräften zu einem für uns greifbaren Wegweiser werden können, wenn wir es verstehen, die Botschaften ihres Verhaltens zu deuten und auf unsere Lebensweise zu übertragen. Dabei muss man aber erst einmal sehr lange Zeit auf das, was man ursprünglich vorhatte, nämlich es zu dressieren oder zu konditionieren, verzichten.

Um Pferde wirklich zu verstehen, müssen wir ihre Sprache erlernen. Dazu gibt es die unterschiedlichsten Anleitungen und Wege, die uns aufgezeigt werden, die aber oft nicht zielführend sind. Wie können wir aus Deiner Sicht am besten die Sprache der Pferde lernen?

Sich die Zeit zu nehmen, die Tiere untereinander zu beobachten, ist der erste Schritt. Dann sollte man auch ganz viel experimentieren: Mit Pferden leben, oder sich auf der Koppel und im Auslauf mitbewegen. Ohne dass wir dabei aber aufmerksam und achtsam sind, werden wir viele subtile Zeichen nicht wahrnehmen. Es bedarf also einer wirklichen Neugier auf die Unterhaltung zwischen den Pferden!

Wenn wir selbst mit dem Pferd umgehen, ist es immer hilfreich, sich filmen zu lassen und dieses Material dann auch in Zeitlupe zu studieren, um zu erkennen, wie schnell jede Handbewegung oder kleine Positionsveränderung zu Reaktionen von Pferden führen. Das erscheint mühevoll, aber darin liegt die Investition, ihre Sprache zu erlernen. Mit meinen 30 – stündigen Lehrfilmen in den Onlineseminaren habe ich versucht, so viel wie möglich für die lernbegeisterten Pferdefreunde zu veranschaulichen.

Du hast Deinen eigenen Weg mit Pferden entwickelt, den Du „chi horsing“ nennst. Wie kamst Du auf diesen Namen und was genau können wir darunter verstehen?

Den Namen hat eine ehemalige Mitarbeiterin kreiert. Sie meinte, was ich mache, ist: Mit „Chi“, also: „Lebensenergie“ spielen. Ich nehme diese wahr und kommuniziere in dieser Verbindung mit dem Pferd. „Horsing“ kommt ja aus dem Englischen von „horsing around“, und heißt „herumspielen“. So entstand das Wortspiel: chi horsing. Noch dazu hört es sich wie „horse“, also: „Pferd“ an, das fand ich sehr beeindruckend, und so war der Name für meinen Pferdeumgang geboren.

Alexandra König
Foto: Peggy Wolff

Bei Deiner Suche hast Du letztendlich sämtliche bekannten Methoden zum Umgang mit Pferden hinter Dir gelassen, weil sich keine für Dich natürlich und gewaltfrei anfühlte. Gibt es trotzdem jemanden in der Pferdewelt, der Dich inspiriert (hat) und wenn ja, weshalb?

Bei meiner Suche nach einem gewaltfreien Umgang wußte ich noch nicht genau, wonach ich suchen sollte. Ich wollte Harmonie zwischen mir und meinem Pferd, aber jede Methode, die mir bebegnete, basierte darauf, dem Pferd Gehorsam abzuverlangen. Dies stiess in mir auf Widerstand. Vielleicht resultierte dieser darauf, daß ich selber immer gehorsam sein musste und darum jeden Widerstand des Pferdes nicht aushielt. Es war, als würde ich mich selbst noch weiter herunter drücken, als es in meiner Kindheit und im ganzen System schon von aussen passierte. So suchte ich so lange nach Harmonie, bis ich auf Klaus Ferdinand Hempfling stieß.

Dort verstand ich damals kein Wort, weil er seine Seminare auf Englisch hielt und ich kein Englisch verstand, aber ich spürte in jeder meiner Zellen, dass das, was er mit dem Pferd kommunizierte, ihm in jeder Sekunde ein „Ja“ von diesem einbrachte. Ohne es zu unterdrücken, ohne es zu hetzen, ohne es zu entwürdigen. Das war mein größtes AHA – Erlebnis, und ab diesem Moment wollte ich nichts anderes mehr. Weder für mich, noch für irgendein Pferd. Denn gerade, wenn man sich mit dem Resonanzgesetz auseinandergesetzt hat und seine Wirkung wirklich verstanden hat, wendet man nichts Zerstörerisches mehr bei einem anderen Lebewesen an, was man nicht bei sich selbst möchte. Denn nur so kann man sein Leben wieder zur größten Freude und Lebendigkeit hin verändern.

Der artgerechte Umgang mit Pferden kann nur funktionieren, wenn wir ihn ganzheitlich betrachten. Dazu gehört auch die artgerechte Haltung. Wie sollte sie Deiner Meinung nach aussehen?

Die Pferde sollten rund um die Uhr in ihrer Haltung selbst entscheiden können, ob sie ihrem Drang nach Bewegung nachgehen oder ruhen möchten. Offenstallhaltungen sind daher sehr beliebt geworden, bergen aber auch allzu oft die Gefahr, dass rangniedrige Pferde Stress und zu wenig Unterstellmöglichkeiten haben, und zu wenig Futter- und Wasserplätze vorhanden sind. Gerade nachts ist es dann vorteilhaft, wenn die Pferde lieber getrennt werden, aber trotzdem alle genug Auslauf haben, um am Boden noch nach etwas Futter suchen zu können. Es muss nicht immer eine fette Weide sein, weil das eher schadet, aber das Pferd ist psychisch und physisch viel gesünder, wenn es immer die Möglichkeit hat, dieses Bedürfnis nach Futtersuche auszuleben.

Paddock- oder Boxenhaltung ist ein Konstrukt der Menschen, um ein Pferd greifbar zu machen. Kaum einer, der sein Pferd so hält, fühlt sich in solch eine Haltung hinein, die für ein Pferd das Ersticken seiner Lebensfreude bedeutet, und den Zugang zu seiner Verbindung zur Natur verwelken lässt. Unsere Pferde hier auf dem Hof haben das ganze Jahr Zugang zu zwei Hektar abgegrastem Boden. Zusätzlich haben wir vier Hektar Weiden, auf denen sie täglich bis zu sechs Stunden verbringen. Darum brauchen wir sie im Frühjahr nicht anzuweiden. Die ganzjährige Haltung auf den Weiden stellt bei allen Pferden schon über Jahre ein gesundes Gleichgewicht von Magen- und Darm- Gesundheit her, was unseren Pferden die gefürchteten Koliken erspart.

Jetzt werden Viele sagen: „Aber wir haben solche Möglichkeiten nicht!“ Und da wären wir dann wieder bei den Resonanzgesetzen: Erst müssen wir für uns ganz viele Entscheidungen treffen, was wir verändern wollen. Dann müssen wir den Mut haben es für uns selbst zu beginnen, dann beständig danach leben und dann öffnen sich nach und nach die Türen, durch die das Universum zuverlässig alle Freiheit und Plätze zu Dir kommen lässt, die Deiner Lebensweise entsprechen. Ich hatte auch nicht immer so tolle Möglichkeiten wie heute. Aber ich habe sie erschaffen, ab dem Tag, an dem ich die Entscheidung getroffen habe, nicht mehr meinen Ängsten zu folgen, sondern mich der Freiheit und dem Leben zu öffnen.

Alexandra König
Foto: Peggy Wolff

Angefangen ab Deiner Zeit beim FC Bayern bis zum Aufbau Deiner eigenen Ausbildungsstätte hast Du bereits einen beeindruckenden Weg zurückgelegt. Wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?

Wenn ich genug Lehrmaterial hergestellt habe, damit die nachfolgende Generation die Pferdesprache leichter lernen kann, möchte ich mich wieder mehr den Pferden zuwenden. Ich möchte für Kinder kleine Comedy Stücke machen. So etwas wie Mr. Ed, den ich aus dem Fernsehen kannte, und der mit seinem Pferd Gespräche führte. Das ist mein größter Wunsch. Dazu wollte ich aber auch erst alles an Wissen in Erfahrung bringen, um nicht einfach irgendwelche Gespräche zu führen, die sinnlos sind. Nein, es sollen Gespräche sein, die vom Leben erzählen und von dem, wie man das Leben für sich leben könnte.

Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Wann immer Du denkst, jemand anders kann es mit Deinem Pferd vielleicht besser als Du: Besinne dich auf die Wahrheit! Keiner kennt Dich besser als Du selbst, und keiner wird den Zugang zu Deinem Pferd lebensbejahender erhalten als Du. Bilde Dich und sieh Dir alles an, was andere lehren, aber dann gehe in Dich und nimm Dir die Zeit, es selber zu tun! Unterliege nicht ungeprüft den Verheissungen und Versprechungen von noch so tollen Tainern, sondern besinne Dich auf das, was Du in Dir findest! Und dann gehe nur noch Deinen eigenen, gesunden Weg! In Deinem Tempo, mit Deinen Einfällen, mit Deiner Bestimmung.

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