Die tanzenden Pferde von Sri Lanka
Sie gilt als Perle im indischen Ozean, wird auch immer wieder als schönstes Land der Welt bezeichnet und ist das Traumziel vieler Urlaubsreisender – die Insel Sri Lanka im Indischen Ozean. Das dies nicht übertrieben ist, hat auch die Autorin Marion Schwartzkopff festgestellt, als sie Sri Lanka vom Pferderücken aus erkundet hat. Insgesamt 12 Tage war sie beim Trekkingreiten auf edlen Marwaripferden unterwegs über Traumstrände, Teeplantagen, an Buddhas und Tempeln vorbei. Hier schildert Marion Schwartzkopff uns ihre Erfahrungen:
Der Monsoon hatte die ganze Nacht gehämmert. Der Trockenrasen meines Hotels hatte sich in ein Feuchtbiotop verwandelt, über dem Hunderte von Libellen kreisten. Mosquitoschwärme bereiteten sich auf mein persönliches Schlachtfest vor. Ein Mungo huschte an mir vorbei. Ich unterdrückte den Gedanken, dass dort, wo Mungos waren, es vermutlich auch Schlangen geben müsse…
Um sechs in der Frühe war ich aufgestanden, um die Ankunft der Pferde aus Colombo mit anzusehen. Unter tropfendnassen Palmyrapalmen war ich im fahlen Licht der aufgehenden Sonne zu den Ställen geeilt. Doch dort, im Garten des Hotels, stand der Trailer der „Premadasa Riding School“ schon. Ich war zu spät. Fünf Pferde standen unter den Palmen, nibbelten am harten Tropengras oder dösten Schweif schlagend vor sich hin.
Ishan, der singhalesische Reiter-Guide, der unseren Trekkingritt anführen sollte, war schon am Vorabend losgefahren und bereits um Mitternacht mit seinem kleinen Troß hier im Hotel in Kalpitiya, im Westen Sri Lankas angekommen. Da ich nun schon mal da war, nutzte ich die Ruhe der morgendlichen Stunde, um mich mit Ishan und seiner Mannschaft bekannt zu machen. Es gab einen „Milk-Tea“, auch heute noch, lange nachdem die englischen Kolonialherren die Insel verlassen haben, das ceylonesische Nationalgetränk.
Zu Ishans Team gehörten die beiden Grooms, Shanaka und Sunjeeva, der LkW-Fahrer Kosala und die fünf behuften Damen aus Indien: die graue Dusty (Marwarimix, fünfeinhalb Jahre), die silberweiße Kushi (12), ein reines Marwari, die ebenso silbrige Marwari-Sindi-Kreuzung Shilpa (12), die braune Saroj (13), ein Marwari, und die schwarze Payal (14), Ishans Pferd, ebenfalls Marwari.
Eine besondere Pferderasse
Ishan gibt mir eine kleine Einführung in die Geschichte der Marwari-Rasse: „Die Marwaris sind eine sehr alte Pferderasse, nicht so alt wie die Araber“, sagt er mit Hinweis auf mich, er hatte sich aus meiner Anmeldungs-email gut gemerkt, dass ich ein arabisches Vollblut habe. „ Aber immerhin ist ihre systematische Zucht in Indien seit dem 12. Jahrhundert belegt. Es gibt sie auch nur in Indien, in der Region Marwan, im Norden des Landes, in Rajasthan und unsere wenigen Importe hier.“
Alle Marwaris in Sri Lanka gehören übrigens der Premadasa Riding School und ihrem Ableger Ceylon Horse Trails, mit dem ich unterwegs war.
Nur die Marwaris haben als einzige Rasse der Welt diese Sichelohren die sie um 180 ° drehen können. Marwaris wurden von den Mogulherrschern und Maharadschas für den Kampf gezüchtet, es sind ursprünglich also Kriegspferde. Das erklärt die Härte der Rasse, ihren Mut, ihre Intelligenz. Sie sind schnell, ausdauernd, anspruchslos, kommen in der bitteren Kälte der Wüstennacht und der Hitze des Tages zurecht. Die Wüste Thar in Rajasthan hat die Rasse geprägt.
„ Als Kriegspferde wurden sie so ähnlich ausgebildet wie bei Euch die weißen tanzenden Pferde“ – er meint die Lippizaner in Wien – „ in Lektionen, die dazu dienten, ihren Reiter aus dem Schlachtengetümmel herauszuhauen: Eurer Piaffe, die es dem berittenen Soldaten ermöglicht, sich des angreifenden Fußvolkes zu erwehren, durch seine eigenen Bewegung jedoch nie selber ein ruhiges Ziel bietet. Durch Steigen, das den Angriff auch auf mit Elefanten berittenen Gegner möglich machte oder eben den Reiter aus der Reichweite von Speeren bringt. Durch Kapriolen, mit denen man aus einer Umzingelung wieder herauskam. Oder durch das Hüpfen des sich bäumenden Pferdes. Damit haben sie ihren Herren aus brenzligen Situationen befreit.“ Ishan kennt sich bestens aus mit den tanzenden Pferden. Aber diese „Lektionen der Hohen Schule über der Erde“, wie wir sie nennen würden, werden hier und in ihrem Ursprungsland Indien schlicht und ergreifend „Pferdetanz“ genannt.
Auch deshalb, weil die Pferde oft auf Instrumente hin trainiert sind…und dann bei Trommelwirbel das Piaffieren beginnen….Ich muss wohl einigermaßen ungläubig geschaut haben, denn Ishan schwingt sich kurzerhand auf den Rücken der inzwischen gesattelt wartenden Shilpa, streift die für ihn zu kurzen Bügel vom Fuß, heißt mich, in die Hände zu klatschen, touchiert mit einem flugs abgebrochenen Stöckchen…und siehe da….die schöne Stute beginnt den Trab auf der Stelle. Freilich nicht, so wie wir ihn in der M-Dressur zeigen würden, sondern mit hocherhobenem Kopf, so will man es eben hier….immer schön den Kopf aus der Gefahrenzone des Kriegsgetümmels bringen!
Wir staunen nicht schlecht. Ach ja, wir! In der Zwischenzeit sind auch Sabine aus Frankfurt und Christine aus München an den Ställen eingetroffen, meine Mitreiterinnen.
Die Pferde werden von Ishan zugeteilt, Christiane bekommt unseren Youngster, die graue Dusty mit der großen Laterne und dem Milchmaul, die in utero aus Indien kam, die Mutter Marwari, der Vater Sindi. Sie ist groß und wurde schon mit drei eingeritten, weil sie so stark war, wie Ishan erklärt. Ansonsten gibt er seinen jungen Pferden ein halbes Jahr mehr, ehe für sie der Ernst des Lebens beginnt. Stardust, wie die Graue eigentlich heißt, ist der Pausenclown der Stutentruppe. Sie läuft, während die „Alten“ angebunden sind, immer frei umher, wohl auch ihrem Sommerekzem geschuldet, das sie für die pausenlosen Gnitzen- und Mückenstiche sehr empfindlich und eben auch ruhelos macht. Zu Ishan hat sie eine innige Beziehung; wann immer sie sich an ihn heranpirschen kann, knabbelt und stupst und erbettelt sie Streicheleinheiten. „Sie ist eifersüchtig! Wenn ich mit Payal schmuse, kann ich wetten, dass Dusty ankommt und uns stört!“ lacht der ehemalige Jockey. Ich reite Kushi, Sabine abwechselnd mal die Braune oder Shilpa. Shilpa ist übrigens nicht nur die einzige, die „tanzen“ kann, sondern auch die einzige, die die vierte Gangart der Marwaris, den Revaal, eine Art Tölt beherrscht.
Ishan ist 32 und hat einen unaussprechlichen singhalesischen Nachnamen, bei dem ich erst gar nicht versuche, mir auch nur die ersten drei Silben von insgesamt sieben zu merken. Ishan war Jockey auf der berühmten Rennbahn in Nuwara Eliya, zentral in Sri Lankas Hochland gelegen, mit der Kühle seiner 1.900 Meter Höhenlage der bevorzugten Sommersitz der englischen Kolonialherren und die höchstgelegene Rennbahn der Welt. Diese Rennbahn wird immer noch betrieben, englische Vollblüter aus Indien oder Sri Lanka laufen hier in den monsunfreien Monaten. Ishan hatte Pech, er stürzte zweimal schwer. Zweimal brach er sich die Wirbelsäule. Aber auch zweimal hatte er gute Schutzengel, sein Rückrat heilte folgenlos aus – den Beruf des Jockeys aber hängte er dennoch an den Nagel. Von der Pferden aber konnte er nicht lassen und wurde daher „instructor“- Reitlehrer- in der einzigen Reitschule des Landes, bei Premadasa. Mittlerweile kann er seinem Rücken auch wieder mehr zumuten und geht mit seiner Payal Distanzritte über 140 km. All das hatte ich schon erfahren, noch ehe es so richtig hell wurde. Ishan spricht gut englisch und natürlich Sinhala, aber das lassen wir lieber.
„Mage kalu ashwayia bohome hondai – Sie ist das beste Distanzpferd des Landes!“, grinst Ishan, aber auch ein bisschen im Spaß, denn in Sri Lanka gibt es ohnehin nur etwas mehr als 200 Pferde, ein Großteil davon sind Vollblüter für die Rennen, ein Teil australische und holländische Warmblüter für die berittene Polizei, da bleiben nicht viele Distanzpferde – und nahezu alle gehören seinem Chef, Suranjith Premadasa. Die Marwaris oder ihre Kreuzungen sind auch die, die unter den gegebenen klimatischen Bedingungen – 30 Grad ohne Tag/Nacht- oder jahreszeitliche Schwankungen, bei rd 95% Luftfeuchtigkeit – für Distanzen geeignet sind.
Die Distanz-Diva Payal, die schwarze Primadonna und unangefochtene Leitstute der kleinen Herde unter den Palmen, galt bei ihrem Export aus Indien als unreitbar. Stolz ist Ishan, weil er den schwarzen Teufel gezähmt hat. Er zeigt auf eine kaum mehr sichtbare Narbe am Kinn: „Payal!“ und mit dem Finger auf sein Brustbein tippend: „Tut mir immer noch weh – nach drei Jahren, auch Payal!“. Payal empfand bei ihrer Ankunft in Sri Lanka im Jahr 2011 die Idee, sich von ihrem Zuchtstutendasein zu verabschieden, komplett unangemessen. Ihrem Leitstutentemperament entsprechend deutlich war beim Anlongieren ihre Ansage an Ishan. Sie versuchte alles, ihm klar zu machen, dass aus ihr, der schwarzen indischen Maharani, nie so etwas wie ein Arbeits- und Reittier werden würde. Die Narben auf der Brust und am Kinn stammen von Payals Hinterhufen, die Ishan beim ersten Longieren unvermutet schnell zu spüren bekam. Aber seiner beharrlich-ruhigen Art hielt all ihr Steigen und Schlagen dann nicht stand – und heute läuft sie wie ein Uhrwerk, wenn auch nur unter ihrem Ishan. „Die Marwaris sind berühmt dafür, ihrem Reiter treu ergeben zu sein.“ Das wollte mir Ishan heut früh erklären. Mit Blick auf seine schwarze Zicke, musste er dann selber lachen und fügte ein „normalerweise“ hinzu.
Los geht unsere Reiterreise ganz im Westen Sri Lankas, auf der Halbinsel Kalpitiya, einem schmalen Streifen kargen, sandigen Landes, das in den indischen Ozean reicht und damit eine gewaltige Lagune formt. Wir sind drei Autostunden von der Hauptstadt Colombo entfernt. Die Leute hier leben vom Fischfang, auch ein bisschen Gemüse wird angebaut, Pfeffer, Knoblauch, Zwiebeln, Chili. Ansonsten wird das Landschaftsbild von den großen Palmyrapalmen geprägt, die von weitem mit ihren Blättern an gigantische Staubwedel erinnern. Und natürlich von den schlanken Königskokosnusspalmen, die leicht 30-35 Meter hoch werden. Mangrovenwälder säumen die Lagune, in deren Brackwasser Krabben gezüchtet werden und Fischer in kleinen Booten ihrem mageren Fang entgegenstaken.
Wir drei Frauen sehen nun dem ersten Ritt mit Spannung und ein wenig gemischten Gefühlen entgegen. Immerhin ging Ishans Erzählung über die Schandtaten der zickigen Payal nicht eben als vertrauenensbildende Maßnahme in die Zuverlässigkeit unserer Reittiere durch. Wie würden die hübschen kleinen Pferde sein? Stürmisch? Verritten wie Schulpferde? Wilde Buckler, nervöse Durchgänger? Wir drei Reiterinnen hatten bei vorherigen Reiterreisen schon all dies erlebt, so etwa in der genannten Reihenfolge. Und Lust auf eine Wiederholung hatten wir alle drei nicht.
Der erste Ausritt führte uns durch Gemüsefelder, durch Palmyrapalmenplantagen, von der Lagune weg, hin zum offenen Meer. Die Brandung des Indischen Ozeans hier in Sri Lanka – auch in Nicht-Monsun-Zeiten – ist unglaublich stark. Wir ritten an Fischern vorbei, die versuchten, ein volles Netz an Land zu ziehen. Doch Welle für Welle zog ihnen den Fang wieder hinaus. Der Sog, der auf die Wellen folgt, ist so stark, dass wir eine gefühlte kleine Ewigkeit gebannt das Schauspiel verfolgten. Unsere Rösser zeigen sich von den Wogen, die ihnen an die schlanken Beine klatschen, unbeeindruckt. Locker und gelassen, im Schritt weit ausgreifend, gingen sie durch die Wellen.
Wir Reiterladies jubelten da schon: im Meer reiten, ein echter Reitertraum, wird gerade wahr! Bis hierher waren unsre Stuten lammfromm, englisch gezäumt, mit Martingal ähnlichen Konstruktionen, ohne Sporen und Gerte, mit gutem Vorwärtsdrang, hatten sie sich als unerschrocken vor freilaufenden Büffeln bewiesen, sie umzingelnde Kinder der Dörfer gelassen zur Kenntnis genommen, laut hupende Mopeds, verrostete Pick-ups, und schaukelnd gefährlich durch Kurven schwankende Busse auf dem kleinen Stück Straße, das wir passieren mussten, gar nicht registriert.
Nun stand uns der erste Galopp bevor und das gleich durch die Wogen! Bei meinem Tunesientrekkingritt war das der Moment, wo sich der erste Reiter in eleganter Flugbahn von seinem Pferd trennte. Ishan dreht sich um: „Galopp???!!! Everything ok??!!“ Bei Reiterreisen gilt ja: „Wenn was passiert, dann gleich am Anfang!“ – also bringen wir es hinter uns! Dann wissen wir, was uns in den kommenden 12 Tagen erwartet!
Der Galopp ist ………….herrlich! Schnell. Kontrolliert. Spratzend-naß. Zum Jauchzen toll. Die Stuten wollen voran. Aber sie pullen nicht, den Abstand zum Vorderreiter zu halten, ist ein Kinderspiel. Das Durchparieren nach dem gestrecktem Galopp am Strand einfach. Nach diesem wunderbaren Aufgalopp wandert bei uns drei Reiterinnen für den Rest der Reittour eine Hand entspannt an die Seite. Wir wissen nun, dass wir unsere Marwaristuten gelassen einhändig reiten können, auch im leichten Sitz galoppieren, wenn wir mögen. Wir drei sind nicht nur erleichtert, sondern total begeistert von unsren Kriegspferden, wir wissen, dass ab nun traumhafte Reitertage in einem traumhaft schönen Land vor uns liegen, mit traumhaft leicht zu reitenden Marwaripferden.
Der zweite Reittag führt uns wieder an den Strand. Wir passieren die erbärmlichen Strohhütten der Fischer hier und schämen uns alle drei, dass wir Europäer hier reiten, derweil die Familien hier in ärmlichen Hütten auf Matten aus Palmblättern schlafen, eine ganze Familie in einem „Raum“. Die Kinder gehen nicht zur Schule. Sie sind zu arm. Der Weg über die Dünen zu weit. Was sind meine „Probleme“, die ich in Deutschland zu haben meine, gegen diese Armut? Es bestärkt mich, mit meinem Hilfsprojekt fortzufahren, das ich hier im Sommer ins Leben rief. Hilfe für Kinder in Sri Lanka, um die Schule besuchen zu können.
Das Highlight unseres zweiten Reittages, an dem wieder viel und stramm galoppiert wurde, war jedoch unzweifelhaft das Baden im Meer mit unsren Stuten. An unsrem Trailer, der in Strandnähe geparkt war, zogen wir uns rasch die Badesachen an und ließen uns mit „Räuberleiter“ von unseren lachenden Grooms auf die inzwischen abgesattelten Stuten werfen. Damit den deutschen Damen beim bevorstehenden Bad auch nichts passiert, hatten die Jungs noch Halfter mit langen Führstricken über die Trensen gestreift und führten uns zum Meer. Diese Sicherheitsmaßnahme war aber überflüssig, wie wir recht bald merkten. Unsere vier Marwaris waren das Baden im Ozean gewohnt – und genossen es sichtlich. Bis zum Rücken im Wasser stampfend, schaubten sie ins salzige Nass, prusteten und steckten die Nasen bis über die Nüstern hinein, um noch mehr zu schnauben und zu prusten. Als die Grooms dann die Mosquito zerstochenen Hälse der Pferde mit dem Salzwasser abzurubbeln begannen, war es ganz klar: dieses Solebad sorgte bei den Vierbeinern für blankes Entzücken. Die Marwari-Sindi-Stute von Sabine hatte ganz klar den meisten Spaß. Sie war ein wahres Seepferdchen und begann sogar zu schwimmen. Sabine hatte ihre liebe Not, auf diesem glitschig-strampelnden Rücken zu bleiben. Aber unsere Pferde haben zum Glück – bis auf die arme Dusty mit ihrem Ekzem– lange, seidige Mähnen zum Festhalten.
Unsere Reittage sahen Ritte von jeweils vier Stunden netto vor. Mit Zwischenstops, um Tempel zu besichtigen, kühne Aussichtspunkte auf Schuster Rappen zu erklimmen und mit längeren Pausen, um an Bachläufen die Pferde abzuduschen und saufen zu lassen oder selber eine Kokosnuss oder einen Tee zu trinken, hatten unsere Reittage brutto dann fünf bis sieben Stunden.
Nach je zwei aufeinanderfolgenden Tagen wurden die Pferde weitergebracht – zu einem landschaftlich völlig anderen Ziel und immer etwa 80 km entfernt vom vorherigen Reitgelände. Und wir fuhren ihnen im PkW hinterher. So stand die berühmte Felsenfestung Sigirya, die sich auf einem Monolithen aus dem Urwald erhebt, auf dem Tagesplan der zweiten Etappe. Wir erkundeten die Urwaldpfade in der Nähe, ritten an Bachläufen entlang und an abgeernteten oder frisch eingepflanzten Reisfeldern, sahen mit Staunen Teakbaumplantagen und kamen an Dschungellichtungen vorbei, die die Bauern in Maniok- oder Papayafelder verwandelt hatten.
Die dritte Etappe führte uns ins Bergland um Nuwara Eliya, wo wir in 1.900 Meter Höhe Teeplantagen herauf und herunter galoppierten. Die letzten beiden Tagen führten uns in den Süden, nach Tissa, wo es an Stauseen entlang ging, an großen, blendend weißen Dagobas und Tempeln vorbei, durch Weidegründe von Wasserbüffeln und buckligen Rindern.
Es ging über Stock und Stein, im wahrsten Sinne des Wortes. Oft waren die Wege hart und von Steinbrocken übersät, dann wieder wurden sie sandig. Zwischen den Reisfeldern waren sie rutschig und schlammig, von kleineren Bewässerungskanälen durchzogen. Unsere Stuten erwiesen sich als trittsicher auf jedem Boden: egal ob es die steinigen Wege in den Teeplantagen im Galopp berghoch ging oder auf Sandwegen im Urwald bergab. Halsbrecherisch, nach unseren hiesigen Maßstäben und für deutsche Pferde, aber unsere kleinen Kriegerstuten hatten Spaß am Galopp bergab. Wir drei Reiterinnen ebenso und schnibbelten die oft engen Kurven mit Hochgenuss, denn unser Vertrauen in die wendigen schnellen Marwaris war mittlerweile grenzenlos. „Kleine harte Hufe, gesunde Knochen und nie Probleme mit den Sehnen, das zeichnet meine Pferde aus“ – das waren doch Ishans Worte und wir nahmen ihn beim Wort! Galopp und Schritt, dies waren die Gangarten, die geritten wurden. Am Traben fand keine von uns Gefallen, der war definitiv nicht die Stärke der Rasse: Stakkato mit kleinen Schritten, der sog. „Nähmaschinentrab“, gar nicht schön zu sitzen, im Gegensatz zum wunderbaren, bequemen Galopp.
Nach den 12 Tagen waren wir drei uns einig: eine der schönsten Reiterreisen, die wir bisher gemacht hatten. Sri Lanka, die Perle im indischen Ozean, das Stück vom Paradies bietet herrliche Landschaften: Traumstrände und Teeplantagen, schreiendgrüne Reisfelder und dunkle Seen, die Kühle des Berglandes in 1.900 Meter Höhe, die Tropenhitze der Lagune, und so ganz nebenbei reitet man an einigen UNESCO Weltkulturerbestätten vorbei. Das uns begleitende Team der Premadasa Riding School in Cololombo: kompetent und ihren Pferden innig zugetan, ein gutes Gefühl für uns Reiterinnen. Und dann natürlich: die tanzenden Pferde von Sri Lanka, unsere sichelohrigen kleinen Marwaris, die wir noch lange in Deutschland vermissen werden.
Und der Monsun? Der hat uns während der ganzen 12 Tage verschont. Die Regenjacken blieben ungenutzt in den Satteltaschen. „Wenn Engel reisen…“ Wir übersetzten Ishan den guten alten deutschen Spruch bei unserem Abschiedsabend, denn unser unverschämtes Glück beim Wetter war selbstverständlich Thema. Selbst im sonst immer verregneten Nuwara Eliya waren wir trocken geblieben. Ja, wenn Engel reisen, in einem Stück vom Paradies.
Über die Autorin
Marion Schwartzkopff, promovierte Agraringenieurin, reitet seit mehr als 40 Jahren und besitzt ein arabisches Vollblut. Sie arbeitet als Reisejournalistin, ist eine profunde Kennerin Sri Lankas und organisiert mit „Nugadhenitours.com“ individuelle Sri Lanka Rundreisen. In Sri Lanka hat sie auch ein eigenes kleines Hilfsprojekt für Kinder aus armen Verhältnissen gegründet.
Über das Reiseland Sri Lanka
Sri Lanka, eine kleine Insel von der Größe Bayerns, im indischen Ozean, an der Südostküste Indiens gelegen, das ehemalige Ceylon. Tatsächlich hat Sri Lanka viel zu bieten und für jeden etwas: Kultur, Natur und Abenteuer. Das Ganze eingebettet in eine Landschaft von tropischer Schönheit, mit Traumstränden und Teeplantagen, Urwäldern und Berggipfeln. Sri Lankas Küche ist köstlich, die Unterkünfte unerschöpflich und erschwinglich, die Menschen freundlich und fröhlich, die Infrastruktur für Globetrotter bestens geeignet, das Klima stets um die 30 Grad. Braucht man noch mehr Argumente? Wer die Tempel nicht mag, kann sich die Tiere ansehen, wer beides nicht will, kann Wanderungen durch Reisplantagen, Teefelder, einsame Bergregionen oder den tropischen Regenwald machen, wem dies zu viel wird, kann schnorcheln, tauchen, raften oder gar nichts tun und einfach nur die Bilderbuchbadestrände genießen. In Sri Lanka hat man die Qual der Wahl: das kleine Land hat Relikte Jahrtausende alter Hochkulturen zu bieten, eine Fauna und Flora, die jeden Tier- und Pflanzenfreund begeistern wird und darüber hinaus noch so viele entlegene Winkel, damit auch das Abenteuer nicht zu kurz kommt.