Risikofaktor Reiten für Kinder

Das Reiten kein ungefährlicher Sport ist, wird sicher jeder bestätigen können, der schon mal vom Pferd gefallen ist. Und da auch für so manches Kind das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde liegt, informiert die Stiftung Kindergesundheit jetzt über die Unfallgefahren einer immer beliebteren Sportart. Schließlich kann der Umgang mit dem Pferd auch mal gefährlich werden und die Risiken des Reitsports werden häufig unterschätzt. Dies belegen zumindest die Statistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

vom Pferd gefallen
Welcher Reiter ist noch nicht vom Pferd gefallen? (Foto: Pixabay)

Demnach passieren hierzulande jedes Jahr zwischen 30.000 und 93.000 Unfälle mit Pferden. Insgesamt gehört Reiten damit zu den drei unfallträchtigsten Sportarten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Hinzu kommt, dass über 50 Prozent aller Patienten, die wegen eines Reitunfalls im Krankenhaus behandelt werden müssen, unter 18 Jahre alt sind. Dabei sind junge Reiterinnen besonders gefährdet, denn Mädchen unter 14 Jahren machen zwar nur etwa 18 Prozent der organisierten Reiterinnen in Deutschland aus, sie sind jedoch bei 40 Prozent aller Reitunfälle betroffen.

Fast so gefährlich wie Autounfälle

Hinzu kommt, dass die Schwere der aus Reitunfällen resultierenden Verletzungen im Vergleich zu anderen Sportarten besonders hoch ist. Durchschnittlich weisen lediglich Kinder und Jugendliche, die von einem Auto angefahren wurden, schwerere Verletzungen auf als diejenigen, die beim Reiten verunglücken. Als Beispiel führt die Stiftung Kindergesundheit eine dpa-Meldung vom 17. Januar 2016 an, wo bei einem Reitunfall ein acht Jahre altes Mädchen ums Leben kam. Beim Voltigieren hatte sich das Pferd aus unbekannten Gründen erschrocken und das Mädchen abgeworfen. Anschließend stürzte das Pferd auf das Kind.

Kinderchirurgen des Klinikums Bremen-Mitte begannen nach einem ähnlich verlaufenen tödlichen Reitunfall eines 11-jährigen Mädchens 2006 damit, alle Unfälle der in ihrer Klinik vorgestellten kleinen Patienten zu erfassen, die mit dem Reiten zusammenhingen. Innerhalb von drei Jahren mussten allein in diesem Krankenhaus 179 Kinder und Jugendliche (überwiegend Mädchen) wegen einer beim Umgang mit Pferden erlittenen Verletzung behandelt werden, obwohl die meisten jungen Reiterinnen eine adäquate Schutzkleidung getragen hatten.

Gefährliche Tritte und Bisse

Das Pferd ist ein Flucht-, Herden- und Steppentier und zeigt natürlich ein entsprechendes Verhalten. Wenn es in die Enge getrieben wird, verteidigt es sich mit Huftritten und Bissen. Aufgrund seine Kraft und Größe können dabei erhebliche Energien auftreten, die dann auch zu entsprechenden Verletzungen führen. Außerdem ist das Pferd kein Sportgerät, sondern ein autonom denkendes und nicht immer berechenbares Lebewesen.

Kinder und Pferde
Pferde sind Fluchttiere (Foto: Pixabay)

Reiten für Fitness und Seele

Die meisten Sportmediziner halten aber trotz aller Risiken viel vom Reitsport, oft empfehlen sie ihn sogar als Therapie. Dies hat viele Gründe: Reiten trainiert den ganzen Stütz- und Bewegungsapparat, vor allem die Lendenwirbelsäule sowie das Becken und wirkt deshalb vorbeugend und heilend bei Haltungsschäden. Da sich der Reiter den unterschiedlichen Gangarten des Pferdes rhythmisch anpassen muss, begünstigt das Reiten auch den Kreislauf und die Herzfunktion. Die inneren Organe werden intensiv durchblutet, sogar die Verdauung funktioniert besser.

Auch auf die seelische und soziale Entwicklung von Kindern hat das Reiten offenbar eine ausgleichende und fördernde Wirkung, denn beim Umgang mit dem Pferd und bei seiner Pflege übt das Kind Verantwortung und Fürsorglichkeit. Während der Pubertät dient das Pferd als guter Zuhörer und Objekt zum Liebhaben. Da Reiten zudem Gruppensport ist, lernt das Kind auch, sich in einer Gruppe zurechtzufinden. Schlußendlich hebt es das kindliche Selbstbewusstsein ganz ungemein, mit einem so großen Tier umgehen und es lenken zu können.

Lieber Reithelm als Kappe!

Laut Professor Berthold Koletzko, Gründer der Stiftung Kindergesundheit, sollten Eltern sich aber vorab ausführlich informieren, bevor sie ihr Kind zu Reitstunden anmelden. Selbst Zehnjährige sind nicht unbedingt schon in der Lage, mit einem großen Pferd auch in kritischen Situationen angemessen umzugehen. Hinzu kommt, dass viele Kinder und Jugendliche als Anfänger ihre Reitfähigkeiten oft überschätzen. Um Verletzungen vorzubeugen, sollten Eltern dashalb darauf achten, dass ihr Kind sorgfältig mit den Eigenarten des jeweiligen Pferdes umzugehen lernt, nie allein ausreitet, wenn es nicht schon sehr sicher im Sattel sitzt und immer einen Reithelm trägt, auch bei Arbeiten im Stall!

Reithelm
Reithelme schützen (Foto: Pixabay)

Dabei ist darauf zu achten, dass es sich nicht um eine einfache Reitkappe handelt, da diese nicht effektiv vor Verletzungen schützt. Die seit 1996 gültige Norm für Reithelme EN1384 wurde schließlich zum Ende 2014 außer Kraft gesetzt und durch die Übergangsnorm „VG1“ ersetzt. Nach dieser Norm werden Helme so lange produziert, bis eine neue europäische Sicherheitsnorm in Kraft getreten ist. Auch Fahrradhelme sind keine echte Alternative. Sie werden nämlich nicht auf seitliche Quetschungen geprüft, die einen Hufaufschlag simulieren sollen.

Auch ein passender Sattel, eine bequeme Reithose und feste Stiefel ohne Profilsohle tragen zur Sicherheit bei. Für Kinder empfiehlt sich auch das Tragen einer versteiften Reitschutzweste. Zusätzlich empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit sowohl erwachsenen Reitern als auch pferdebegeisterten Kindern eine kontinuierliche Teilnahme an Falltrainingsprogrammen, wie sie von der FN deutschlandweit angeboten werden. Eine gute Vorübung für das Reiten und zugleich auch für jüngere Kinder geeignet ist das Voltigieren.

Dabei lernt das Kind das Turnen auf einem im Kreis laufenden Pferd, aber auch den richtigen Umgang mit dem Tier und – was besonders wichtig ist – das richtige Fallen, mit dem man Sturzverletzungen vorbeugen kann. Natürlich sollte auch hier der Reithelm nicht vergessen weden! Und damit Reiter zu guter letzt auch im Straßenverkehr sicher unterwegs sein können, appelliert die Stiftung Kindergesundheit noch an die Autofahrer, vorsichtig beim Überholen reitender Kinder zu sein. Schließlich können Pferde beim zu nahe vorbeifahren scheuen und das Kind gefährden!

Verwendete Quellen: Pressemeldung Stiftung Kindergesundheit

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