Sexualisierte Gewalt im Reitsport

Ein Thema, über das nicht gerne geredet wird, ist sexueller Missbrauch. So traurig es ist, findet dieser in allen Bereichen des Lebens statt, macht sogar vor kirchlichen Einrichtungen nicht halt und ist auch im Reitsport genauso häufig zu finden wie in allen anderen Bereichen der Gesellschaft. Bereits 2017 hat das WDR Fernsehen ausführlich über sexuellen Missbrauch im Reitsport berichtet.

Nicht nur, aber häufig betroffen von Belästigung oder gar sexueller Gewalt im Reitsport sind junge Mädchen. Mehr als 200.000 von ihnen sind in Deutschland in einem Reitverein organisiert. Sie alle vereint die Liebe zum Pferd und der Reitstall ist für sie ein wichtiges soziales Umfeld, oft sogar ihre zweite Heimat. Potenzielle Täter nutzen dies schamlos aus und bieten den Mädchen z.B. Extra-Reitunterricht, besondere Unternehmungen mit dem Tier oder das Reiten spezieller Pferde.

Reitsport
Junge Mädchen im Reitsport (Foto: Tibor Janosi Mozes / Pixabay)

Dafür erwarten die Täter manchmal eine Gegenleistung – diese reicht von Körperkontakt bis hin zum Geschlechtsverkehr. So beginnt nicht selten ein Kreislauf der Abhängigkeit und die Betroffenen müssen sich zum Schweigen verpflichten. Dazu wird damit gedroht, dass wenn der Missbrauch ans Licht käme, das Kind alles verlieren würde, Freunde, Pferde und sein zweites zu Hause, den Reitstall.

Im Bericht des WDR von 2017 ging es in um genau so einem Fall: Ein Reitlehrer der FN wurde damals zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, weil er eine 13-jährige Reitschülerin sexuell missbraucht hatte. Der Mann war mehr als 30 Jahre älter als das Kind und hat die Taten weitgehend gestanden. Der Film ließ Betroffene zu Wort kommen und zeigte Strukturen auf, die es Tätern gegebenenfalls leicht machen, mit möglichen Opfern in Kontakt zu kommen.

Reiten
Die Dunkelziffer ist hoch (Foto: Perlenmuschel / Pixabay)

Die Mutter einer Betroffenen schilderte z.B., dass nicht nur die Kinder selbst traumatisiert sind, sondern sich zudem das Familienleben von einem auf den anderen Tag komplett verändern kann. Das beweist auch die Ende 2016 veröffentlichte Studie „Safe Sport„. Sie hat erstmals das Ausmaß sexualisierter Gewalt im Leistungssport beleuchtet und kommt zu dem Ergebnis, dass sexueller Missbrauch im Sport genauso häufig wie in allen anderen Bereichen der Gesellschaft vorkommt.

Demnach haben einer von neun Athleten schwere oder auch länger andauernde sexualisierte Gewalt bis hin zum Geschlechtsverkehr erlebt – Mädchen sind davon häufiger betroffen als Jungen. Wenn man diese Zahl auf die 200.000 Mädchen, die in Reitvereinen eher Breitensport betreiben, überträgt, würde das bedeuten: 10.000 Mädchen in deutschen Reitvereinen könnten sexualisierte Gewalt erfahren haben.

Reitunterricht
Mädchen sind überwiegend betroffen (Foto: Westfale / Pixabay)

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hat das Problem nach eigenen Angaben erkannt und ein umfangreiches Präventionskonzept erstellt. In der Trainerausbildung und auch der Satzung ist Kinderschutz bereits fester Bestandteil. Wer sich nicht daran hält, fliegt angeblich aus dem Verband. Wie konnte es dann aber sein, dass besagter Reitlehrer, der zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, als Freigänger wieder an Turnieren teilnehmen durfte?

Leider scheint beim Thema sexuelle Belästigung oder Gewalt immer noch viel zu häufig das Problembewusstsein zu fehlen, nicht nur im Reitsport. Dazu trägt mit Sicherheit auch bei, dass Trainer teilweise noch immer von überwiegend weiblichen Schülern, egal welches Alters, verehrt oder sogar angehimmelt werden. Dies nutzen scheinbar einige der Trainer schamlos aus. Leider gibt es diese schwarzen Schafe in allen Bereichen des Sports.

Umso wichtiger ist es daher, genau hinzuschauen, darauf hinzuweisen und im Falle eines Falles immer eine Anzeige zu erstatten. Wo beginnt für dich sexuelle Gewalt und bist du bei der Ausübung des Reitsports womöglich schon einmal belästigt worden?

Verwendete Quellen: WDR Westdeutscher Rundfunk

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