Unsere Pferde werden immer älter

Immer mehr Pferdebesitzer ermöglichen ihren Vierbeinern einen wohlverdienten Ruhestand. Dies ist erfreulich und führt dazu, dass die Pferde in Deutschland immer älter werden. Nach vorsichtigen Schätzungen wächst die Zahl älterer und alter Tiere zusehends. Im Jahr 2015 sollen es etwa 150.000 bis 200.000 Pferde und Ponys gewesen sein, die in einem fortgeschrittenen Alter waren. Laut einer Studie aus der tierärztlichen Praxis sind 30 Prozent der Pferdepatienten mittlerweile 15 Jahre und älter, zehn Prozent sogar 20 Jahre und mehr.

Ich finde zwar, dass 15 oder 20 Jahre noch kein so hohes Alter für ein Pferd sind, aber wenn wir den professionellen Pferdesport betrachten, werden viele Pferde gar nicht erst so alt. Alt muss ja auch nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit Krankheit und Gebrechlichkeit sein. Pferdesenioren können gegenüber ihren jüngeren Artgenossen sogar mit vielen Vorteilen auftrumpfen: Übermut wird durch Gelassenheit ersetzt, Elastizität weicht Erfahrung und Kraft wird kompensiert durch Geschick.

Geänderte Ansprüche

Trotzdem stellen ältere Pferde andere Ansprüche an Haltung, Fütterung und Training als ihre jungen Kollegen. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten nehmen mit der Zeit ab und Hormonhaushalt sowie Stoffwechsel werden instabiler. Auch der Verdauungsapparat wird nicht selten anfälliger für Funktionsstörungen. Besonders optisch verändern sich viele Pferde mit fortschreitendem Alter. So wird an Augen, Nasenrücken und Maul das Fell zunehmend grauer, die Konturen des Kopfes wirken schärfer und bei manchen Pferden senkt sich der Rücken.

senior
Foto: privat

Mit den körperlichen Einschränkungen verändert sich oftmals auch das Verhalten des Pferdes: Die Flexibilität in Bezug auf seine Reaktionsfähigkeit lässt nach und häufig ist das Pferd nicht mehr so gut in der Lage, auf Umweltreize adäquat zu reagieren und sich auf verändernde Situationen einzustellen. Die visuelle Wahrnehmung nimmt ebenfalls ab, die Leistungsfähigkeit des Gehörs lässt altersbedingt nach und auch die Feinmotorik der Bewegungen wird zunehmend eingeschränkter. Im Prinzip ist es nicht anders, als bei uns Menschen.

Fütterung anpassen

Bei der Betreuung alter Pferde ist daher die Erhaltung oder Verbesserung der Lebensqualität das Hauptziel. Dies betrifft nicht nur eine artgerechte, sondern vor allen Dingen auch altersgerechte Haltung. Dazu gehört auch eine ausgewogene, angepasste Fütterung, da sich mit dem Alter die Nährstoffbedürfnisse des Pferdes ändern. Wie beim Menschen wird der Energiebedarf geringer, da der Grundumsatz sinkt, der Bedarf an qualitativ hochwertigen Vitalstoffen aber steigt.

Gutes Raufutter in Form von Heu bester Qualität sollte auch bei älteren Pferde nach wie vor die Grundlage der Ernährung bilden. Bei Kauschwierigkeiten bedingt durch Zahnprobleme können es dann auch Gras- oder Heucobs sein, die eingeweicht werden. Als Ergänzung empfehlen sich entsprechendes Mineralfutter und ausgewählte Kräuter, um den höheren Bedarf an Vitalstoffen abzudecken. Der Artikel „Senioren richtig und lebenslustig füttern“ bietet dazu interessante Informationen.

Bewegung nicht vernachlässigen

Ausreichend Bewegung braucht jedes Pferd und für ältere Pferde gilt dies besonders. Genau wie wir Menschen werden auch sie mit zunehmendem Alter steifer und unbeweglicher, wenn sie nicht in Bewegung bleiben. Das beginnt bereits bei der Haltung. Diese sollte genügend Bewegungsanreize bieten und auch den Kontakt zu Artgenossen ermöglichen. Eine reine Boxenhaltung halte ich daher für den Senior genau wie für jedes andere Pferd nicht unbedingt für ideal. Offenstall, Aktivstall oder Paddock Trail sind da häufig die bessere Alternative. Natürlich trifft dies nicht für jedes Pferd zu und als Pferdehalter sollte es selbstverständlich sein, individuell auf mein Pferd einzugehen!

Altes Pferd
Foto: privat

Zusätzlich kann ein gemäßigtes Trainings- bzw. Bewegungsprogramm dafür sorgen, den Kreislauf des Seniors in Schwung zu halten, arthrotischen Versteifungen der Gelenke vorzubeugen und so sein Wohlbefinden und die Gesundheit zu fördern. Bodenarbeit oder ausgedehnte Spaziergänge bieten hier z.B. tolle Möglichkeiten und gleichzeitig Abwechslung im Pferdealltag. Vergessen dürfen wir als Pferdehalter im Umgang mit dem Pferdesenior allerdings nicht, auch die eigenen Ansprüche herunterzufahren und den besonderen Anforderungen unserer Vierbeiner vermehrt Augenmerk zu schenken.

Fazit

Vielleicht wollen wir es nicht immer wahrhaben, aber genau wie bei uns Menschen ist der Alterungsprozess auch bei unseren Pferden etwas ganz Natürliches. Wenn wir gelassen und selbstverständlich damit umgehen, ist es viel einfacher, ihn zu akzeptieren. Natürlich machen uns ältere Pferde manchmal mehr Mühe und stellen auch schon mal besondere Anforderungen. Dennoch sollten wir dankbar sein für die tolle Zeit, die sie uns bis jetzt geschenkt haben und uns darauf freuen, sie auch auf ihrem letzten Lebensabschnitt liebevoll begleiten zu dürfen. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters können wir schließlich noch viel Freude mit unseren älteren Pferden haben.

Dies habe ich bei meiner Warmblutstute Fee erleben dürfen, die als ehemalige Zuchtstute mit 12 Jahren zu uns kam und gut 30 Jahre alt geworden ist. Die Offenstall-Haltung ist ihr auch in fortgeschrittenem Alter noch sehr gut bekommen und wenn es im Winter zu ungemütlich wurde, haben wir sie halt eingedeckt. Des weiteren haben wir es ruhig angehen lassen, vergnügten uns bei entspannter Bodenarbeit, unternahmen regelmäßg ausgedehnte Spaziergänge und genossen einfach das Zusammensein. Ich bin immer noch dankbar für jeden Tag, den wir gemeinsam genießen durften…

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