Pferdehufe selbst bearbeiten?

„Ohne Huf kein Pferd“ – diesen Satz hat sicher jeder schon einmal gehört. Und obwohl dieser Satz eigentlich den Nagel auf den Kopf trifft, machen sich leider immer noch zu wenig Pferdefreunde genügend Gedanken zu einem der wichtigsten Organe ihres Pferdes und auch all dem, was damit zusammenhängt. Das zeigt sich allein schon daran, dass die meisten Pferde pauschal mit Eisen beschlagen werden, ohne dies vielleicht auch einmal kritisch zu hinterfragen. Denn nur, weil etwas immer schon so gemacht wurde heißt es ja nicht automatisch, dass diese Vorgehensweise für alle Pferde richtig ist.

Abgesehen von der Tatsache, dass das Thema Barhuf oder Hufbeschlag fast schon zu einer Glaubensfrage geworden ist, gibt es noch ein weiteres Problem. Einen guten Hufschmied/in oder Hufpfleger/in für sein Pferd zu finden, ist gar nicht so einfach. Gute Anbieter sind gefragt und haben daher in der Regel volle Auftragsbücher. Die Folge sind Absagen, unbeantwortete Anrufe und mit Glück ein Platz auf der Warteliste. So mancher Pferdebesitzer überlegt daher, ob er nicht die Bearbeitung der Hufe seines Pferdes auf Dauer in die eigenen Hände nehmen sollte.

Foto: Anne Kappmeier

Auch Anne Kappmeier erging es so. Zunächst wollte sie eigentlich nur für Notfälle gewappnet sein und begann mit einem Wochenendkurs für Selbstraspler. Als es dann aber nach einem Umzug schwierig wurde, einen geeigneten Hufpfleger zu finden, startete sie kurzentschlossen eine Ausbildung zur Hufbearbeiterin und eignete sich so das erforderliche Wissen an, um die Hufe ihrer Pferde selbst bearbeiten zu können. Inzwischen bearbeitet sie auch die Hufe anderer Pferde und ist seit 2021 hauptberuflich als Hufbearbeiterin unterwegs. Was war ihr Beweggrund, diesen Weg zu gehen? Dies und noch einiges mehr zum Thema Huf wollten wir von Anne Kappmeier erfahren und haben ihr daher einige Fragen gestellt:

Hallo Anne, zunächst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für unsere Fragen nimmst. Wie bist Du eigentlich zu den Pferden gekommen?

Oh das kann ich tatsächlich gar nicht genau beantworten, denn in der Familie lag das Pferde-Gen nicht. Wir haben als Kinder irgendwann mal typisch, wie es damals lief, den Nachbarbauern gefragt, ob wir uns um die Ponys kümmern können – und danach hat es einfach nicht mehr geendet.

Hufbearbeitung war lange Zeit eine Männerdomäne. Inzwischen gibt es aber immer mehr Frauen, die sich beruflich um die Hufe von Pferden kümmern. Was hat Dich dazu bewogen, in diesem Bereich tätig zu werden?

Ich glaube, das viele denken, das man als Hufpfleger*in körperlich sehr stark anpacken muss, allerdings ist auch wirklich viel Feingefühl gefragt. Ich hatte bisher nie Probleme, dort hinter meinen männlichen Kollegen zu stehen. Begonnen hat alles natürlich mit meiner Suche nach einem Hufmenschen, es war also tatsächlich niemals mein Traum, jetzt in der Hufpflege tätig zu sein, nicht mal, als ich schon meine eigenen Pferde bearbeitete. Das kam nur ganz langsam – bis ich beim tun merkte, wieviel Spaß das alles wirklich macht.

Bei der Hufbearbeitung gibt es verschiedene Ansätze und Meinungen. Was ist für Dich bei einer guten Hufpflege wichtig?

Ja die gibt es, ich finde das auch wichtig. Wir können ja alle voneinander lernen. Ich finde, das der Pferdebesitzer auch seine Stimme bekommen soll. Meistens wissen die viel mehr über die Hufe ihres Pferdes, als ich je erlesen könnte. Es gibt nicht die eine Regel für jeden Huf. Daher bin ich auch Methodenlos unterwegs und versuche immer, auf das große Ganze zu achten.

Das Thema Barhuf kontra Hufbeschlag ist fast schon zu einer Glaubensfrage geworden. Wie stehst Du als Hufpflegerin dazu?

Für mich gibt es da für beide Seiten Pro und Contra. Wir nutzen unsere Pferde. Wir halten sie unnatürlich, also können wir nicht erwarten, das die Hufe des Pferdes all unsere unnatürlichen Dinge mitmachen. Im Sport ist ein Hufschutz meistens nicht wegzudenken. Und bei Notwendigkeit, zum Beispiel bei einer Arthrose, bei der es angebracht ist, dass der Huf nicht mehr volle Beweglichkeit behält, bin ich absolut Pro Beschlag. Solche Pferde wären in der Natur ausselektiert worden, wir können nicht erwarten, sie zu nutzen ohne künstliche Hilfsmittel. Allerdings versuche ich so oft es geht ohne auszukommen und weiche gerne auf Kunststobeklebungen aus, wenn es nötig sein sollte.

Woran erkennt man einen guten Hufpfleger und worauf sollte ich bei meiner Auswahl achten?

Oh das sind tatsächlich sehr viele Punkte. Die wichtigen sind für mich eindeutig die Tierliebe. Jemand, der empathisch mit dem Pferd umgehen kann, dazu noch zuverlässig ist, da ist bereits die halbe Miete eingebracht. Die fachliche Kompetenz kann man oft erst nach einigen Monaten erkennen – es wäre falsch zu behaupten, das könne man vorher beurteilen.

Was sind die häufigsten Probleme am Huf, mit denen Du regelmäßig konfrontiert wirst?

Tatsächlich zu lange Hufe. 95% der Neukundenanfragen hatten vorher monatelang niemand an ihrem Pferd. Die Folge sind in der Regel Wandrisse und Fehlstellungen, die wir dann über Wochen wieder korrigieren. Viele denken auch, das der Hufpfleger erst kommen muss, wenn es bereits ordentlich etwas zum wegschneiden gibt.

Unser Ziel ist es jedoch, den Huf in Form zu halten und nicht jedesmal wieder eine Etage tiefer zu setzen. Das kann man sich gut vorstellen, wenn wir vergleichen wie es ist, zwei Wochen des Monats nur noch auf Stöckelschuhen zu laufen, dann bekommen wir Flipflops und dürfen dann wieder kurze Zeit mit Turnschuhen spazieren – das Ziel zu halten – den Turnschuh – das ist meine kleine Aufklärungsarbeit, die ich fast täglich beim Kunden leiste. Lange Intervalle haben sich leider sehr eingebürgert.

Wie kann ich als „Laie“ für ein gute Hufgesundheit bei meinem Pferd sorgen?

Vielen meiner Kunden, bei denen ich nicht alle 4 Wochen bin, zeige ich den Umgang mit der Raspel. Alle 2-3 Wochen ein bisschen was wegraspeln, da kann niemand etwas falsch machen und sorgt für gesunde Hufe. Ganz wichtig ist auch oft die Haltung. Je mehr unterschiedliche Untergründe meinem Pferd zur Verfügung stehen, umso besser. Da sieht man auch direkt am Huf, aus welcher Haltung die Pferde kommen.

Foto: Anne Kappmeier

Ist es sinnvoll für Pferdefreunde, die Bearbeitung der Pferdehufe ganz oder teilweise in die eigenen Hände zu nehmen und welche Voraussetzungen sind dafür notwendig?

Ich halte es nicht nur für sinnvoll, sondern auch für nötig. Der Pferdehalter entscheidet schon sehr viel mit, kann beurteilen, ob sein Ostheopath, Trainer, ja sogar Tierarzt gute Arbeit leistet. Aber bei der Hufpflege sehen viele gar nicht so genau hin. Das sollte sich ändern. Selbst wenn man nichts selbst machen möchte, sollte ich auf Augenhöhe mit meinem Hufmenschen sprechen können. Wenn tatsächlich jemand selbst Hand an den Huf legen will, ist jede Menge Wissen nötig.

Zu meiner Zeit gab es dieses Wissen in voller Gänze nur in Hufpflege-Ausbildungen, jetzt gibt es schon Kurse, sowohl für die Praxis, als auch Online. Ich selbst habe einen Kurs entwickelt für Pferdehalter, die keine weiten Strecken für Praxiswochenenden auf sich nehmen können, aber akut Hilfe brauchen. Das passiert öfter, als man denkt.

Was gefällt Dir selbst am meisten an der Arbeit mit Pferden?

Tatsächlich ganz oft die Freude der Besitzer, wir freuen uns gemeinsam über Fortschritte, da hat man oft eine ganz besondere Beziehung zu einzelnen Pferden, richtige Freundschaften. Man begleitet Pferd und Mensch und hat ein bisschen Anteil an dessen Leben.

Was sind die größten Hufmythen?

Für mich definitiv: Es gibt keine feste Regel, nach der alle Hufe bearbeitet werden können. Pferde sind so individuell wie du und ich, es gibt hier keine Formel, davon bin ich überzeugt. Es ist sehr schade, das es da so viel Konkurrenzkampf unter den einzelnen Hufmenschen gibt. Im Team wäre viel mehr möglich.

Welchen Rat möchtest Du zum Schluß anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Schau hin, hör zu und versuche ein bisschen über die Hufe deines Pferdes zu lernen. Ganz oft schauen wir weg, weil es schwer erscheint und der Profi kommt. Aber nochmal: der Pferdebesitzer kennt sein Pferd am besten. Auch beim Thema Huf.

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