Karin Kattwinkel im Interview

Pferdeexpertin aus Leidenschaft, das trifft ganz besonders auf Karin Kattwinkel zu. Die Aufklärung in punkto Pferdegesundheit und die aktive Hilfestellung für Pferde und Pferdebesitzer liegen ihr sehr am Herzen und sind zu ihrem Lebensinhalt geworden. Egal, ob es um artgerechte Haltung, angepasste Fütterung, korrekte Hufbearbeitung, passende Ausrüstung oder Körperschulung von Pferd und Reiter geht, der ganzheitliche Ansatz ist ihr dabei besonders wichtig.

Als studierte Agrarwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Tierzucht und -haltung hat Karin Kattwinkel bereits sehr früh die Grundlagen dazu geschaffen. Auch wenn sie nach ihrem Studium zunächst das journalistische Handwerk erlernte, ist sie den Pferden immer treu geblieben. Zahlreiche Aus- und Weiterbildungen von der Hufpflegerin über Energietherapeutin im Human- und Tierbereich bis hin zur Pferdefachtherapeutin und Pferdegesundheitstrainerin erweiterten ihren Wissensschatz und machten sie zu einer anerkannten Pferdeexpertin.

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Foto: Karin Kattwinkel

Um anderen Pferdebesitzern zu helfen und das gesammelte Wissen jedem zugänglich zu machen, eröffnete Karin Kattwinkel im Jahr 2001 das Pferdegesundheitszentrum Equo Vadis in Walsrode. Vier Jahre später gründete sie das Lehrinstitut für ganzheitliche Pferdegesundheit, wo sich Pferdefreunde in einer zweijährigen Ausbildung zum Pferdegesundheitstrainer oder Osteopathischen Pferdefachtherapeuten ausbilden lassen können. Heute hat Equo Vadis seinen Sitz in Lohmar. Karin Kattwinkel ist mobil in ganz Deutschland unterwegs und in Coronazeiten mit zahlreichen Angeboten digital weltweit aktiv.

Die Pferdeexpertin gibt aber nicht nur ihr umfangreiches Wissen weiter, sondern setzt sich auch aktiv für die Pferde ein. So ist sie seit 2013 Mitglied des Fachbeitrats Ethik der Vereinigung der Freizeitreiter (VFD e.V.) und hat 2019 den gemeinnützigen Verein „Schutzengel für Pferde e.V.“ ins Leben gerufen. Beide Institutionen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Aufklärungsarbeit zum ethisch korrekten Umgang mit dem Pferd und pferdegerechter Haltungs- und Nutzungsbedingungen zu leisten, um so eine starke Lobby zum Wohl der Pferde zu schaffen.

Im Laufe der Jahre hat “Die Pferdeexpertin aus Leidenschaft“ zahlreiche Bücher geschrieben, mehr als 12 Pferde und Ponys bei sich aufgenommen, die als „unreitbar“ galten und zum Teil schon körperliche Schäden davongetragen hatten. Einige davon bildete sie nach erfolgreicher Therapie sogar bis zur Hohen Schule aus. Wenn man ihren Weg betrachtet, ist es schon bemerkenswert, was diese Frau bisher zum Wohle der Pferde auf die Beine gestellt hat. Umso mehr freue ich mich, dass Karin Kattwinkel sich die Zeit genommen hat, meine Fragen zu beantworten:

Frau Kattwinkel, Pferde sind besondere Geschöpfe, von denen wir so vieles lernen können. Wie sind Sie selbst zu den Pferden gekommen und was fasziniert Sie an ihnen?

Eigentlich habe ich es einem Arzt zu verdanken, dass ich als Kind aufs Pferd kam. Er riet meinen Eltern dazu, weil ich Hüft- und Rückenprobleme hatte, die trotz zahlreicher Therapieansätze hartnäckig blieben.

Mich fasziniert vor allem ihre Bereitschaft, sich intensiv auf uns Menschen einzulassen, uns zu tragen und zu ertragen. Mir haben die Pferde ganz neue Dimensionen des menschlichen Seins eröffnet und mich in den schlimmsten Stunden meines Lebens sogar davor bewahrt, mein Leben zu beenden.

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Foto: Karin Kattwinkel

Nach wie vor sind Pferde stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt. Was ist daher aus Ihrer Sicht als anerkannte Expertin wichtig beim Umgang mit Pferden und vor allen Dingen ihrer Ausbildung?

hre Natur und jedes Pferdes als Individuum zu respektieren, unser Ego hintenanzustellen, demütig zu sein und voller Freude, dass sie uns ihr Vertrauen schenken und dieses niemals zu enttäuschen.

Die ganzheitliche Betrachtungsweise ist Ihnen beim Umgang mit Pferden ein wichtiges Anliegen – Dazu gehören auch Haltung, Gesundheit und Ernährung. Wie sollte Ihrer Meinung nach eine artgerechte Pferdehaltung aussehen?

Viel freie Bewegung, Leben in der Gruppe, viele kleine Mahlzeiten am Tag, gutes Heu als Basis, abwechslungsreicher Untergrund, auf dem sie sich bewegen. Respekt im Umgang.

Bekannte Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung und den Umgang mit seinem Pferd. Auch Sie haben Ihre Reitausbildung bei berühmten Ausbildern absolviert. Wer in der Pferdewelt inspiriert Sie am meisten und vor allem weshalb?

Wilfried Gehrmann (lange bevor er Leiter der Landesreit- und Fahrschule Rheinland wurde) als jemand der das „Gute der FN-orientierten Lehre“ vermitteln konnte und immer noch kann.

Philippe Karl – er eröffnete für mich den Blick jenseits des „Dunstkreises“ meines damaligen Reitvereins, erklärte mir als erster Mensch überhaupt Zusammenhänge der Biomechanik, wozu Lektionen da sind und führte mich ein in Arbeit an der Hand und Doppellonge. 12 Jahre haben wir intensiv zusammengearbeitet. Am meisten hat mich ein Video fasziniert, das er am Abend eines der ersten Kurse, die ich mit ihm erleben durfte, vorgeführt hat: Er mit seinem Schimmel Odin bei der Arbeit an der Hand, begleitet von einer Opernsängerin im roten Abendkleid. Es sah aus, als ob Pferd und Sängerin miteinander tanzen würden. Das war so weit entfernt von meiner Erlebniswelt Reitstall….und wurde zu meinem Traumziel „Mit den Pferden tanzen“!

Horst Becker – er brachte mir die Freiarbeit bei und (endlich) eine feine Hand sowie einen ausbalancierten Sitz und wie wichtig es ist, immer bei sich zu bleiben.

Manolo Oliva – mit ihm verfeinerte ich die Arbeit am Langen Zügel und die dem Pferdemaul schmeichelnde Zügelhand. Noch immer habe ich sein „move your fingers“ im Ohr.

Desmond O´Brien – ich kenne niemanden mit mehr Wissen um die Reiterei und Ausbildung von Pferden als ihn. Niemanden, der wie er „für die Pferde“ lebt und für nichts sonst. Und keinen Ausbilder, der immer so pro Pferd agiert.

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Pferdexpertin mit dem Blick fürs Ganze (Foto: Peter Selbach)

Aufklärung und Wissensvermittlung sind gerade heute in der Pferdewelt wichtiger denn je. Dazu bieten Sie ein vielfältiges Angebot. Wie sieht Ihre Arbeit hier aus und wo besteht Ihrer Meinung nach der größte Bedarf?

Dabei kommt mir meine langjährige Tätigkeit als Texterin und Journalistin sehr zugute, aber auch meine eigenen, zum Teil leidvollen und nicht immer von Erfolg gekrönten Erfahrungen. Ich kann mich total gut in die meisten Reiter(innen) hineinversetzen, weiß noch genau, wie es sich angefühlt hat als ich noch nicht „Eins war mit den Pferden“ und warum das so war. Ich kann gut erklären, arbeite aber bewusst viel mit inneren Bildern. Unser Körper weiß dann sofort, was er tun muss – anders als bei „technischen“ Anleitungen. Ich bin empathisch und versuche dieses Gefühl in den Menschen zu wecken bzw. zu fördern.

Im Prinzip hat jeder, der sich mit Pferden beschäftigt, seinen damit verbundenen Traum. Bei manchen wird daraus ein Albtraum. Auch damit habe ich so meine Erfahrungen. Und ich weiß, dass man da auch wieder rauskommt. Ich ermutige die Menschen, an sich selbst zu arbeiten, denn das ist das Einzige, was jeder zu ändern imstande ist. Und auch genau da besteht meiner Meinung nach der größte Bedarf. Hilfe zur Selbsthilfe ist daher mein Leitmotiv – gleich, ob bei meinen Büchern*, Webinaren, Kursen oder im Rahmen der Equo Vadis Ausbildungsprogramme* zum Pferdemanager, Pferdegesundheitstrainer oder Pferdefachtherapeuten.

Equo Vadis (Mit den Pferden gehen) ist nicht nur der Name für Ihr Lehrinstitut, sondern auch das Motto für Ihren ganz persönlichen Lebensweg, auf dem Sie schon so viel für die Pferde erreicht haben. Welche Pläne haben Sie noch für die Zukunft?

Privat Spaß mit meinen beiden Spaniern Thor und Don Pedro zu haben. Letzteren im nächsten Jahr anzureiten und auszubilden. Eine Senioren-WG mit Pferden an einem schönen Ort ins Leben zu rufen und von da aus weiter „Keimzellen“ für einen ethisch korrekten Umgang mit den Pferden in die Welt zu setzen.

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Karin Kattwinkel und Anni blicken optimistisch in die Zukunft (Foto: Peter Selbach)

Frau Kattwinkel, welchen Rat möchten Sie zum Schluss anderen (Pferde-) Menschen noch mit auf den Weg geben?

Lebt wie die Pferde im Hier und Jetzt. Grübelt nicht über Vergangenes, sinniert nicht über Künftiges, sonst zieht das Leben an Euch vorbei, ohne dass Ihr es lebt.

Vielen Dank Frau Kattwinkel, dass Sie sich die Zeit für meine Fragen genommen haben.

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