Jutta Waldvogel im Interview

Kennst du das Problem, wenn es um deinen Lebensweg, um deine Lebensaufgabe geht? Dein Herz sagt JA, aber dein Kopf sagt NEIN. Vielfach haben wir heutzutage leider verlernt, auf unsere innere Stimme, auf unser Herz zu hören, weil wir uns nur zu oft von anderen beeinflussen lassen. Jutta Waldvogel aber ist ihren eigenen Weg gegangen, auch wenn ihre Eltern sich manchmal wünschten, sie würde “etwas Anständiges” machen. Mit 17 Jahren beschloss Jutta, Coach zu werden, und da Pferde sie schon immer begleiteten, machte sie eine Ausbildung zum Pferdegestützen Coach. Hier konnte sie ihre beiden größten Leidenschaften spirituelle Persönlichkeitsentwicklung und Pferde miteinander verbinden.

Mittlerweile hat Jutta sich auch in anderen Bereichen weitergebildet, sei es in der Tierkommunikation, Hufpflege oder Freiarbeit mit Pferden. Somit kann sie mit dem erworbenen Wissen andere Menschen gezielt auf ihrem persönlichen Weg und mit ihren Pferden unterstützen. Dementsprechend vielfältig ist auch ihr Angebot: Pferdegestützte Bewusst-Seinsentwicklung und Selbsterfahrung (für Frauen), friedvoller Freiarbeits-Unterricht mit Pferden, natürliche Hufpflege sowie Portraitzeichnungen von Mensch und Tier. Diese entweder als schöne Erinnerung, als Geschenk oder Visions-/ Kraft-Bild in Kombination mit einer Tierkommunikation.

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„Weniger wollen und mehr sein“ (Foto: Leoni Unterkofler)

„Weniger wollen und mehr sein“, dies sagte einmal ihr Pferd in einer Tierkommunikation zu Jutta. Diese Worte begleiten sie seither und werden auch ihren weiteren Weg bestimmen. Dabei finde ich es schon eindrucksvoll, was die junge Frau bisher in so kurzer Zeit alles schon erreicht hat. Um mehr über Jutta Waldvogel, ihre Einstellung zu den Pferden sowie ihre Zukunftspläne zu erfahren, haben wir ihr daher einige für uns wichtige Fragen gestellt:

Jutta, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue. Wie auch Du fühlen sich viele von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist Du zu den Pferden gekommen und was fasziniert dich an ihnen?

Das begann schon in der Kindergartenzeit, als ich damals wegen Schwierigkeiten mit der Kindergärtnerin eine Weile nicht in den Kindergarten gegangen bin. Stattdessen habe ich angefangen zu voltigieren und spätestens, als meine Eltern mir mit 9 Jahren unser erstes Pferd kauften, war für mich klar, dass es nie wieder ohne gehen würde. Mich fasziniert vor allem, wie ich mich durch sie selbst erlebe. Und ich glaube, dass ist letztendlich das, was alle Menschen bei ihnen suchen.

Es hat ja immer etwas damit zu tun, welches Gefühl ich im Kontakt mit einem Lebewesen bekomme. Sei es Ehrfurcht, Demut, Furcht, Neugier, Frust oder bedingungslose Liebe. All das sind Dinge, die wir durch das Pferd sehr stark spüren können – bewusst oder unbewusst, die meisten unbewusst 😉 – was dann letztendlich die Anziehung ausmacht. Wenn ich mich bei dieser Frage allerdings rausnehme, dann fasziniert mich an den Pferden ihre unglaubliche Präsenz, ihre absichtslose Liebe und ihre Fähigkeit, durch alle Ebenen des Seins zu wandeln und die Energien zu spiegeln, die gerade präsent sind und angeschaut werden wollen.

Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Wie leben deine Pferde und was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung?

Meine Pferde leben zu viert im Offenstall und ich bin gerade dabei, die Fütterung so umzustellen, dass sie noch artgerechter wird. Das heißt, dass die Pferde immer mehr wieder ihre Instinkte ausleben und eigenverantwortlich für ihre Gesundheit sorgen können, indem ich ihnen die wichtigsten „Bausteine“ einer natürlichen Ernährung möglichst frei zugänglich bereitstelle. Sie bekommen Heu zur freien Verfügung, Gras, wenn es welches gibt, Obst, das saisonal auf den Weiden wächst und nun auch zunehmend die wichtigsten Mineralien in möglichst natürlicher Form: Hafer, Hanf, Luzerne, Kräuter usw. Ein wichtiger Bestandteil der Gesundheit sind für mich außerdem die Hufe, und deshalb habe ich auch vor einem Jahr eine Hufpflegeausbildung absolviert, um mich selbstständig darum kümmern zu können.

Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Deine Herzensangelegenheit ist ja die Persönlichkeitsentwicklung mit Pferden. Was ist daher aus dieser Sicht wichtig beim Umgang mit Pferden?

Mir ist es wichtig, dass wir endlich von diesem furchtbaren Dominanztraining wegkommen – zu dem ca. 90% des Pferdetrainings gehört, dass ich bisher kennengelernt habe. Wir dürfen uns erlauben, auch mal loszulassen und einfach nur da zu sein. So viele Pferdemenschen haben das Gefühl, sie MÜSSEN trainieren und „bewegen“. Aber das stimmt nicht, wenn der tiefste Wunsch eine innige Beziehung zum Pferd ist. Dann nämlich können wir uns auch auf nicht-reitende Weise mit dem Pferd beschäftigen und auch der ganze künstliche Muskelaufbau wird hinfällig – jetzt mal ganz plakativ. Meine Jungstute ist inzwischen knapp 7 Jahre alt und kam in dünnem, nervösen Zustand aus schlechter Haltung zu uns. Ich habe sie einfach Pferd sein und sie sich selbst auf unseren Hangweiden bewegen lassen. Und sie hat heute den schönsten Rücken und ist am besten bemuskelt von allen Pferden! Und unsere Beziehung baut nun auf echtem Vertrauen und gegenseitigem Respekt auf, und tatsächlich sehr wenig auf klassischer Erziehung. Das macht sicherlich vielen Angst, auch die Tatsache, dass meine Pferde sehr deutlich Nein sagen dürfen, aber nur so weiß ich, dass es wirklich ehrlich ist.

Ich glaube, dass wir eine Verantwortung dafür tragen, dass das Pferd in unserer Zivilisation gut zurecht kommt und überlebt, aber viel mehr können wir dem Pferd nicht beibringen, das Pferd uns dagegen sehr wohl! Was passiert, wenn wir nicht dem Pferd die Schuld geben, wenn es ein unerwünschtes Verhalten zeigt, sondern in uns die Ursache dafür suchen? Ja, das ist schwer, aber es befreit unsere Pferde daraus, für unsere eigenen Macken verantwortlich gemacht zu werden, und dieses Bemühen wiederum spüren sie und werden uns auf unserem Weg zu uns selbst bestmöglich unterstützen.

Was passiert, wenn wir beginnen, uns für das Leben unserer Pferde zu interessieren? Wenn wir einfach bei ihnen sind, atmen und das fühlen, was hochkommt? Was ist, wenn wir die Schönheit des Moments, des Seins in purer Präsenz, neu entdecken und genießen, abseits den Dingen, die wir gemeinsam machen können? Ich glaube durch aktives Training verbreitern wir nur das Spektrum der Dinge, die wir gemeinsam tun können, aber erst durch ehrliches Interesse füreinander und den Respekt voreinander als gleichwertige Wesen – Freunde mit dem selben Mitspracherecht – entsteht auch wirklich Tiefe und Vertrauen in der Beziehung.

Jutta Waldvogel
Ehrliches Interesse füreinander (Foto: Romina Gyöker)

Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung seines Pferde und dem Umgang mit ihm. Wer sind deine Vorbilder in der Pferdewelt und was fasziniert Dich an ihnen?

Mein erstes großes Vorbild war Arien Aguilar. Anfangs auch wegen den Dingen, die er mit seinen Pferden tun konnte, inzwischen aber nicht mehr wegen seinen Ausbildungsmethoden, die ich so wahrscheinlich für mich persönlich nicht mehr praktizieren würde, sondern wegen seiner Offenheit und dem starken Willen, dazuzulernen und zu verbinden. In der Pferde- bzw. Reiterwelt geht es so viel gegeneinander – unter anderem natürlich, weil sich da viele sehr verletzliche und verletzte Menschen tummeln, die meiner Meinung nach unbewusst bei den Pferden nach Hilfe und Heilung suchen – und da ist Ariens Ansatz des „miteinander Wachsens“ so erfrischend und wertvoll.

Auch Maksida Vogt hat meinen Weg sicherlich etwas geprägt, allerdings weniger im Bereich des Pferdetrainings sondern mehr in der Ethik, der Haltung und Fütterung der Pferde. Ihre Beobachtungen sind sehr interessant, einleuchtend und teilweise wirklich bahnbrechend. An meinen eigenen Pferden erlebe ich den Wahrheitsgehalt und bin sehr dankbar dafür. Und mein momentan größtes Vorbild im Pferdetraining ist Elsa Sinclair. Bei ihr besuchte ich vor einem halben Jahr als Zuschauerin einen Kurs zu ihrer druckfreien Freiarbeitsmethode des Freedom Based Training. Dieser Ansatz war anders als alles, was ich bisher gesehen hatte. Er ist an keine Bedingungen und Hilfsmittel geknüpft, hat keine negativen Folgen, wenn man es falsch macht und bringt den Menschen gleichzeitig ganz in den Moment, ohne Erwartung und Stress.

Auch was diese beeindruckende Pferdefrau für Hintergrundwissen mitgeben konnte, war für mich so einleuchtend und gewissermaßen erleuchtend. In der Essenz verstehe ich ihre Arbeit so, dass ich als Mensch zuerst dem Pferd beweisen muss, dass ich ein guter Partner bin, und das tue ich, indem ich das Pferd passiv und völlig frei bei dem begleite, was es gerade (entspannt) tun möchte. Wenn ich das gut mache und eine gute Begleitung bin, dann wird das Pferd automatisch irgendwann auch mit mir zusammen sein wollen. Dieser Ansatz ist einer, der gibt, bevor er nimmt, und nicht wie sonst erst etwas fordert und dann belohnt.

Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Wie würdest Du deine Arbeit mit Pferden und Menschen beschreiben und was ist dir wichtig dabei?

Es ist und bleibt ein stetiges Forschen und Lernen, vor allem von meinen eigenen Pferden in der Praxis. Ich habe mich vom klassischen Horsemanship abgewandt, weil es bei meinem Wallach absolut nicht funktioniert hat, mit Druck zu arbeiten und ich dabei gemerkt habe, dass es auch für mich nicht stimmig ist. Und auch bei meiner jungen Stute bin ich damit gescheitert. Diese Forschungsreise ist immer wieder unglaublich frustrierend und anstrengend, aber gleichzeitig so wertvoll. Ich glaube, es hat einen Grund, warum „schwierige“ – in meinem Fall enorm sensible und gleichzeitig selbstbewusste (genau wie ich ;)) – Pferde zu uns kommen, und zwar den, dass wir umdenken und neue Wege (zu uns selbst) gehen, Wege des Herzens, auch wenn es schmalzig klingt.

Ich nenne meine Arbeit mit Menschen und Pferden, also das Pferdegestützte Coaching, gerne Bewusst-Seins-Entwicklung mit Pferden, denn genau das ist für mich die Essenz im Kontakt mit ihnen: Bewusstsein, Präsenz und Entwicklung. Ich versuche immer einen Sinn hinter dem Verhalten der Pferde zu sehen, egal ob ich gerade coache, oder ob ich zum Beispiel Unterricht gebe oder auch Hufe bearbeite. Dafür nehme auch auch immer wieder gerne die Tierkommunikation dazu, um eine Situation noch ganzheitlicher verstehen zu können, das hilft mir sehr, wenn ich an einem Punkt nicht weiterkomme.

Zukünftig werde ich außerdem das Thema Weiblichkeit (und vielleicht auch echte Männlichkeit?) immer mehr einfließen lassen, denn meine These ist, dass sehr viel Leid in der der (Pferde)Welt existiert, weil wir uns zu sehr von unserer weiblichen Seite, unserem Gefühl, der Empathie und Weichheit, entfernt haben und diese Aspekte sogar geradezu mit Füßen treten, indem wir sie auf die Pferde projizieren und diese missbrauchen. Das klingt sehr krass, ist aber nicht so weit hergeholt, wenn man sich mal aktuelle Turnierfotos ansieht oder so manchem verbitterten Reiter zuhört… Dazu entsteht gerade der HorseGoddess-Podcast, in dem ich mich mit den Themen rund um Pferde, Persönlichkeitsentwicklung und Weiblichkeit beschäftigen werde und der andere dazu inspirieren soll, ihre innere Pferdegöttin, ihren inneren Pferdegott, zu entdecken, aufleben zu lassen und zu tiefer innerer Wahrheit zu finden.

Jutta Waldvogel
Den Pferden mehr Vertrauen schenken (Foto: Olivia Haller)

Jutta, Du hast dich schon vielseitig weitergebildet und so einige Kurse besucht, wie z.B. bei Elsa Sinclair. Wie sehen denn deine Pläne für die Zukunft aus?

Geplant sind bisher Weiterbildungen in der akademischen (Reit)Kunst, pferdegestützten Persönlichkeitsarbeit und der Hufbearbeitung nach F-Balance, außerdem eine Pferdeheilpraktikerausbildung.

Was ist dir sonst noch wichtig und welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Ich wünsche mir sehr, dass die Pferdebesitzer sich trauen, ihren Pferden in jeglicher Hinsicht mehr Vertrauen zu schenken. Und ich wünsche mir, dass sie die Chancen hinter Krankheiten und Problemen erkennen und sich damit beschäftigen, die Ursache zu finden und zu heilen. Ich wünsche mir, dass sie mehr ausprobieren, auf ihr Bauchgefühl hören und ihr Herz nicht übergehen und sich im übertragenen Sinne selbst verletzen, indem sie mit ihrem Pferd Dinge tun, bei denen sie nicht voll dahinter stehen können. Und mit voll meine ich, dass dabei das Gefühl Ja sagt, und nicht nur der Kopf oder andere Menschen, die es vermeintlich besser wissen.

Nur weil etwas immer so gemacht wurde, heißt es nicht, dass es richtig und ethisch vertretbar ist. Wir müssen neue Wege gehen, wenn wir nachhaltige Veränderungen anstreben. Ganzheitlichkeit, Natürlichkeit (Einfachheit!) und Gefühl sind Stichwörter, die wir dabei unbedingt im Hinterkopf behalten sollten und immer mehr (junge) Menschen leiten diese Bewegung bereits ein.

Danke, dass ich in dieser Interviewreihe dabei sein darf!

Auch wir möchten uns ganz herzlich bei dir bedanken, Jutta, für die Zeit, die Du dir für unsere Fragen genommen hast und deine tollen Anregungen. Für deinen weiteren Weg wünschen wir dir weiterhin alles Gute…

Wer jetzt noch weitere Informationen über Jutta Waldvogel und ihre Arbeit mit Pferden und Menschen sucht, findet diese auf ihrer Facebook-Seite.

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