Heinz Welz im Interview

Als Pferdeflüsterer bezeichnet man laut Wikipedia Menschen, die besonders gut mit Pferden umgehen können und dazu spezielle Methoden der Kommunikation verwenden. Besonders häufig fällt dieser Begriff auch im Zusammenhang mit Heinz Welz. Dies mag zum einen an seinem Buch „Pferdeflüstern kann jeder lernen„* liegen, aber sicher auch an seiner beeindruckenden Seminarreihe „Das Geheimnis der Pferdeflüsterer”, die eine einmalige Mischung aus Menschentraining und Pferdetraining darstellt und die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd in den Vordergrund stellt.

Überhaupt ist das Thema Kommunikation für Heinz Welz der Schlüssel zu allen Problemen. Als gelernter Journalist, Pädagoge, Psychologe, Kommunikationswissenschaftler und Persönlichkeitstrainer sammelte er schon immer täglich Erfahrungen damit. Vor seiner Zeit als „Mensch-Pferd-Trainer” arbeitete er für namhafte deutsche Zeitschriften sowie Magazine und leitete später eine Presseagentur. Die ersten großen Presseberichte in überregionalen Zeitungen und Zeitschriften über das Westernreiten stammen übrigens von ihm. Dabei waren Pferde ursprünglich lediglich ein Hobby aus der Kindheit, das er während seiner Studienzeit begonnen hatte.

Heinz Welz
Spaß bei der Arbeit (Foto: Hardi Kuhn)

Wie die meisten fing Heinz Welz damals mit der herkömmlichen Reiterei an, wie es eben in den meisten Reitställen gelehrt wird. Ende der siebziger Jahre wechselte er dann zum Westernreiten und stieg mit Erfolg in die Turnierreiterei ein. Dabei errang er mehrere Landesmeisterschaften und All-Around-Championships, deutsche Meisterschaften bei Zuchtverbänden und belegte sogar einen vierten Platz bei den Europameisterschaften im Trail. Gerne erinnert er sich allerdings nicht immer daran zurück, denn schon damals erkannte er, dass sein Umgang mit den Pferden zu dieser Zeit nicht gerade zuvorkommend war.

Irgendwann kam Heinz Welz dann an einen Punkt, wo er erkannte, dass es so nicht weitergehen konnte. Er hängte den Turniersport an den Nagel und erst jetzt war es ihm möglich, sich seinem Pferd ohne Leistungsdruck auf eine ganz andere Art und Weise zuzuwenden und eine wirkliche Beziehung zu ihm aufzubauen. Pat Parellis Natural Horsemanship, Ray Hunt, Sam Powell, John Lyons und vor allem der persönliche Kontakt zu Monty Roberts führten ihn weiter auf seinem Weg zu dem, was er heute so eindrucksvoll anderen Menschen vermittelt. Seine tollen Bücher habe auch ich schon sehr früh gelesen, daher wollte ich mehr über Heinz Welz sowie seine Arbeit erfahren und habe ihm im Rahmen der Serie „Pferdemenschen“ einfach einige für mich wichtige Fragen gestellt:

Herr Welz, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue, daher fühlt sich so Mancher von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Auch Sie haben sich schon seit Ihrer Kindheit mit Pferden beschäftigt. Wie sind Sie zu den Pferden gekommen und was fasziniert Sie an ihnen?

Ehrlich gesagt: Was mich letztlich an Pferden fasziniert, das habe ich bis heute nicht ganz genau herausgefunden… Fakt ist: Pferde lösen in uns „etwas“ aus. Am ehesten könnte man sagen: Gefühle. Es sind Gefühle, die Pferde in uns Menschen auslösen. Anders gesagt: Pferde bewegen uns. Das beginnt schon bei der Grundhaltung: Der eine mag Pferde, der andere mag sie nicht. Und niemand bleibt cool, wenn er seinen diesbezüglichen Standpunkt erläutert. Pferdegegner lehnen Pferde oft mit dem Argument ab, dass Pferde „stinken“; andere bekunden Angst vor diesen „großen Tieren“. Ekel und Angst vor „großen Tieren“! Was damit alles verbunden sein kann…

Faszinierender sind meines Erachtens aber die Beweggründe der (tatsächlichen oder vermeintlichen) Pferdeliebhaber. Das erinnert viel auch an menschliche Beziehungen: Was alles wird dort „Liebe“ genannt, und ist oft sogar das Gegenteil! Wie sonst könnten selbsternannte Pferdefreunde ihre Tiere quälen, und es nicht einmal merken? Pferde dienen uns Menschen vielfach als „Projektionsflächen“. Das bedeutet, dass wir eigene innerpsychische Konflikte und Emotionen auf andere Lebewesen verlagern. Da nehme ich mich selbst nicht aus. Als „Mann der Wissenschaft“ waren mir lange Zeit Gefühle ein Graus (allerdings ohne, dass mir das bewusst gewesen wäre). Ich vermute, dass mich deshalb Pferde faszinieren: Mit und bei ihnen konnte ich Gefühle leben (und bisweilen auch bekämpfen), vor denen ich ansonsten Angst hatte.

Pferdisch „sozialisiert“ wurde ich durch das Filmpferd „Fury“. Als ich mit meinen Eltern mit 10 Jahren von der Großstadt aufs Land zog, konnte ich dort mein Filmerleben mit verschiedenen eigenen und fremden Pferden in die Realität übertragen. Ich konnte nach Herzenslust den kleinen Joey nachspielen. Leider reichte keines unserer damaligen Pferde von Ferne an das Wunderpferd Fury heran.

Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf sein seelisches Wohlbefinden sowie den Umgang mit ihm. Was bedeutet für Sie artgerechte Pferdehaltung und wie sollte sie Ihrer Meinung nach aussehen?

Der Hof, wo unsere Pferde stehen (ein ehemaliges Militärgelände mit viel Bewegungsfläche im Winter und noch mehr Weiden im Sommer sowie unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten), kommt dem Ideal schon recht nahe. Der Raum für die Pferde dort ist so groß, dass wir in der Regel innerhalb des Geländes mit dem Auto fahren müssen, um den jeweiligen Standort unserer Pferde aufzuspüren. Diese großen Bewegungsmöglichkeiten tragen – neben einer guten Basisausbildung – wesentlich zu ihrer emotionalen Ausgeglichenheit bei. Im Lauf der Jahrzehnte bin ich zudem zum Schluss gekommen, dass reine Wallach- und Stutenherden – unvermischt – tendenziell zu bevorzugen sind.

Wo die Fütterung (wie so oft aus Einstellersicht) nicht (immer) optimal ist, kann eine geschickte Zusatzernährung Wunder bewirken. Da meine Frau Tierheilpraktikerin ist und Gesundheitsberaterin für Mensch und Tier, mit Schwerpunkt Ernährung, kann ich diesen Part der Pferdehaltung gerne ihr überlassen. Das Ergebnis gibt uns recht: Der Tierarzt ist – zum Glück – bei uns ein fast nie gesehener Gast.

Partner Pferd
Partner Pferd (Foto: Heinz Welz)

Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Für uns als Partner ist es daher wichtig, uns auf die Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Was ist aus Ihrer Sicht als „Mensch-Pferd-Trainer” wichtig beim Umgang mit Pferden?

Die Antwort könnte ein ganzes Buch füllen. Im Kern geht es darum, sich darüber klar zu sein, dass jeglicher Umgang mit Pferden – und erst Recht ihr „Gebrauch“ durch uns – ein massiver Eingriff in ihre Natur bedeutet. Mit uns muss das Pferd quasi in sein Gegenteil mutieren: Aus dem „Fluchttier der Grassteppe“ soll ein verlässlicher Partner werden, dessen Instinkte vollkommen „gezügelt“ sein müssen, um keine Gefahr für sich und andere darzustellen. Wenn ich mir darüber klar bin, dann weiß ich, wie viel ich lernen muss, um ein angemessener Lehrer für mein Pferd zu werden, damit es diese Mammutaufgabe bewältigt; beziehungsweise: Mir wird deutlich, wie viel ich investieren muss, damit mein Pferd in dieser Hinsicht die beste Ausbildung bekommt.

Habe ich diese Einstellung und gehe ich diesen Weg, dann klärt sich vieles von selbst. Dass ich dann aber selbst ein guter Anführer sein oder werden muss, vergessen viele Menschen. Da landet man dann schnell wieder bei den Projektionen – siehe oben: Ich werfe meine Ängste oder Träume auf das Pferd, in der Hoffnung, sie durch den anderen gestillt oder erfüllt zu bekommen.

„Fury“ gibt’s nur im Film. In der Wirklichkeit geht es um (scheinbar) Banaleres, auf jeden Fall Handfestes: um Grenzen setzen, und darum, sie zu erweitern; um präzise (weil sichere) Bewegungen; um Motivation und Lob; um Missverständnisse und deren Klärung; um Konflikte und deren Lösung. Vertrauen, das sich so viele Pferdemenschen von ihrem Pferd wünschen, ist das Ergebnis eines komplexen Arbeitsprozesses. Am Ende ist es ein Geschenk, wie vom Pferd. Aber in Wirklichkeit hat der Mensch es sich selbst gemacht – durch viel Arbeit an sich selbst und Arbeit mit dem Pferd. Ohne Arbeit entpuppt es sich bald als trügerische Hoffnung oder Illusion.

Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung des Pferdes, auch wenn bei einigen Vorbildern nicht immer alles so pferdegerecht ist, wie es manchmal scheint. Haben auch Sie Vorbilder in der Pferdewelt und was fasziniert Sie an ihnen?

Vorbilder sind im weiteren Sinne möglicherweise auch wieder nur Projektionen. Deshalb ist mir der Begriff „Inspiration“ lieber. In diesem Sinne haben mich einige Menschen, Männer und Frauen, angeregt, selbst wenn sie mich zuvor vielleicht aufgeregt hatten. Mir selbst ist immer peinlich, wenn ich höre: „Wir arbeiten nach Heinz Welz“. Ich kann verstehen, dass Menschen geistige „Anlehnung“ suchen, aber irgendwann sollten sie selbständig und frei „laufen“ können. Andersherum, um im Bild zu bleiben: Wenn sich zu viele Leute an einen anlehnen, droht man auch selbst umzukippen. Manche kommen bekanntlich aus lauter Eitelkeit aus der Balance.

„Nicht immer alles so pferdegerecht“, sagen sie. Stimmt. Ich habe gelernt, dass nicht immer alles Gold ist, was glänzt. Das heißt: Mich interessiert weniger, was jemand mit seinem Pferd zeigt, mich interessiert mehr, wie er dahin gekommen ist. Denn das ist es, was wahrscheinlich auch ein Pferd interessiert: „Wie weit gehst Du, Mensch, damit ich das tue, was Du möchtest.“ Es gehört zu den weitverbreiteten Mythen, dass gequälte Kreaturen keine Höchstleistungen zeigten, dass Spitzenleistungen immer auch mit menschlichem Spitzenverhalten erreicht werde. Das ist Quatsch. Das weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung: Es ist unglaublich, wie viel Pferde ertragen.

Mit anderen Worten: Mich interessieren Prozesse, weniger Ergebnisse. Die kommen von selbst, wenn die Prozesse stimmen.

Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen Weg mit den Menschen und ihren Pferden gefunden zu haben. Eigentlich kommen Sie ja eher aus dem journalistischen Bereich, haben dann aber den Weg gefunden zu Ihrem jetzigen Wirkungskreis, der die Mensch-Pferd-Kommunikation in den Vordergrund stellt. Wie würden Sie Ihre Arbeit mit den Pferden und Ihr Konzept konkret beschreiben?

Nach meiner journalistischen Karriere habe ich noch einmal studiert: Psychologie. Daraus resultierte vor über 20 Jahren mein neuer Weg als Coach, Trainer und Seminarleiter. Ich erläutere meinen Seminarteilnehmern das „‘Geheimnis‘ der Pferdeflüsterer“, das in Wirklichkeit ja kein Geheimnis ist. Das mache ich als erstes deutlich: Dass es zu viele selbsternannte Geheimnisträger gibt.

„Pferdeflüstern“ – ich finde den Begriff trotz aller oberflächlichen Kritik immer noch prima – beschreibt Ausbildungs-, Trainings- und Kommunikationsmethoden, die den gegenseitigen Respekt und das gegenseitige Vertrauen von Mensch und Pferd in den Mittelpunkt stellen. Ich zeige Menschen systematisch effiziente Wege zum Pferd auf und letztlich immer auch Wege zu sich selbst: zu mehr Fähigkeiten, mehr Sicherheit, mehr Selbstvertrauen. Es geht um Freude und Leichtigkeit im gegenseitigen Umgang, um Heilung von Beziehung und um gegenseitige Entwicklung.

Der Hintergrund ist doch der: Probleme, die Menschen mit Pferden haben (und umgekehrt!) sind immer auch Beziehungsprobleme – so wie die Probleme von Menschen untereinander immer auch Beziehungs- und Kommunikationsprobleme sind. Die Heilung von Beziehung und die Kunst von Kommunikation steht deshalb im Fokus meiner Arbeit mit Menschen und mit Pferden. Die Basis dessen ist jedoch Wissen. Und daraus folgt Tun. Das Ergebnis ist Können. Zusammengefasst: Ich vermittele Wissen, setze es mit Mensch und Pferd praktisch um, auf dass Menschen und Pferde „es“ am Ende können. Mein Erfahrungshintergrund ist somit Basis für eine vielleicht einmalige Mischung aus Menschen-, Pferde-, Kommunikations- sowie Führungstraining.

Mein Konzept versteht sich als zentraler Baustein ganzheitlicher Persönlichkeitsbildung, wie sie im Pferdebereich – meines Wissens – sonst nirgendwo angeboten wird. Die Spannbreite meiner Kundschaft erstreckt sich dementsprechend vom „normalen“ Pferdemenschen bis hin zum Industriemanager; vom Einzelcoaching für Menschen in speziellen, problematischen Lebenslagen bis hin zur Jahresgruppenausbildung in Kommunikation und Psychologie.

Pferdemenschen ziehen vielfältigen Nutzen aus unseren Seminaren, und zwar auf allen drei Ebenen: der geistig-mentalen, der psychisch-emotionalen und der körperlichen Ebene. Wegen dieser Kombination aus fachlicher Breite schrieb die Reiter Revue: „In einem Welz-Seminar steckt Stoff für vier Seminare“. Anscheinend gab es genug Inspiration, denn „meine Ansatzpunkte in den Erklärungen“ nannte die Reiter Revue immerhin „faszinierend“. Vielleicht aber ist das Entscheidende, dass ich nicht nur Pferde mag, sondern auch Menschen. Und dass ich beide Spezien verstehe, ihre Besonderheiten, ihre Eigenschaften, ihre Sehnsüchte und Wünsche. Vor allem aber ihre Nöte.

Pferdeflüsterer
Das Geheimnis der Pferdeflüsterer (Foto: Heinz Welz)

Herr Welz, mit Ihren Angeboten „Das Geheimnis der Pferdeflüsterer“, dem „Power Coaching“ und der „Akademie für Mensch-Pferde Kommunikation“ bieten Sie eine einmalige Mischung aus Menschentraining und Pferdetraining. Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Die Akademie liegt mir ganz besonders am Herzen. Diese Ausbildung in Kommunikation und Psychologie – nicht nur für Pferdeleute – möchte ich noch lange anbieten. Ganz einfach, weil alle Beteiligten in ihrem Ausbildungsjahr ihre größten Entwicklungssprünge machen. Und ich springe mit meinen bald 70 Jahren noch munter mit. Will sagen: Auch ich lerne immer noch dazu. Das Feld menschlicher Entwicklung ist unendlich weit, und ich freue mich, auf noch viele weitere Entwicklungsschritte in meinem Leben.

Welchen Rat möchten Sie zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Höre nie, nie, niemals auf zu lernen! Aber lerne das Richtige…!

Vielen Dank Herr Welz, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um uns einen so offenen Blick in Ihre Gedankenwelt zu gewähren. Ihre interessanten Antworten auf meine Fragen werden sicher so manchem wertvolle Anregungen geben für das Zusammensein mit seinem Pferd. Für Ihre weitere Zukunft wünschen ich Ihnen auf jeden Fall alles Gute und viele gemeinsame Entwicklungsschritte zusammen mit allen Beteiligten…

Wenn du jetzt noch weitere Informationen über die tolle Arbeit von Heinz Welz suchst, findet diese auf seiner Website.

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