Andrea und Markus Eschbach im Interview

Den Menschen das Wesen und die Bedürfnisse der Pferde näher zu bringen, dies ist das Anliegen von Andrea und Markus Eschbach-Kindler. Mit ihrem Kompetenzzentrum Eschbach Horsemanship in der Schweiz leben und lehren sie Horsemanship so, wie es sein sollte. Ihre Vision dabei ist eine Welt, in der Mensch und Pferd in gegenseitigem Respekt miteinander harmonieren. Dabei werden sie von ausgesuchten Trainern unterstützt, die sich ebenfalls dem Wohl von Pferd und Reiter verschrieben haben.

Dabei lag die ganzheitliche Betrachtungsweise Andrea und Markus schon immer am Herzen. Während Andrea zunächst eine Ausbildung zur Physiotherapeutin absolvierte und sich später als Reitlehrerin, Pferdetrainerin, zertifizierte Dualaktivierungs- und Equikinetic-Trainerin weiterbildete, machte Markus eine Ausbildung zum Sozialpädagogen und begann seine Arbeit mit behinderten und verhaltensauffälligen Kindern bzw. Jugendlichen und erteilte therapeutische und heilpädagogische Reitstunden.

Kennen und lieben gelernt haben die beiden sich dann auf Teneriffa, wo Andrea eigentlich nur Urlaub machen wollte. Und wie das Leben so spielt, traf sie hier ihren Markus, der in der Zwischenzeit die Schweiz verlassen und einen Reitstall aufgebaut hatte, wo er als Reitlehrer und Ausbilder für natürliches Reiten arbeitete. Schnell wurde aus den beiden ein Paar und gemeinsam bauten sie das bekannte Ausbildungs- und Ferienzentrum Centro Equitacion Finca Verde S.L. in Teneriffa auf.

Andrea und Markus Eschbach-Kindler
Ein sympathisches Paar: Andrea und Markus (Foto: Markus Eschbach)

Neun intensive Jahre verbrachten Andrea und Markus dann auf Teneriffa, boten beliebte Trekkingritte an, erteilten Unterricht im Horsemanship und führten auf Grund der großen Nachfrage mehr und mehr auch im Ausland Kurse und Seminare durch. Sie lernten viele der bekannten sogenannten Pferdeflüsterer als wertvolle Lehrmeister kennen und erwarben einen grossen Schatz an Wissen und Können, frei nach dem Motto: von vielen lernen, genau hinsehen und herausfinden, was am besten zu uns und unseren Pferden passt.

Ihre beiden Töchter waren dann der Hauptgrund für Andrea und Markus, in die Schweiz zurückzukehren, denn die Mädchen sollten hier die Schule besuchen. Letztendlich führte sie ihr Weg zum Eichhaldenhof in Koblenz, auf dem sie ihr Kompetenzzentrum Eschbach Horsemanship aufbauten. Hier bieten die beiden nun verschiedenste Kurse und Seminare von Kinderreitlagern über die akademische Reitkunst bis zum berittenen Bogenschiessen, die von ihnen selbst oder bekannten Namen wie Brent Branderup, Michael Geitner, Hofreitschule Bückeburg, Kenzie Dysli, GaWaNi Ponyboy sowie vielen weiteren Persönlichkeiten geführt werden.

Wie du aus der umfangreichen Einleitung schon ersehen kannst, haben Andrea und Markus Eschbach-Kindler bereits unheimlich viel in der Pferdewelt erlebt und auch bewegt. Daher wollten wir mehr über ihren spannenden Weg sowie ihre Philosophie erfahren und haben ihnen einige für uns wichtige Fragen gestellt:

Andrea und Markus, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns auf unterschiedlichste Weise immer wieder aufs Neue. Daher fühlen sich viele Menschen von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie wurdet Ihr vom Pferdevirus infiziert?

Andrea: Mich haben Pferde schon von klein auf fasziniert. Ich war die Einzige in meiner Familie und habe dann endlich mit etwa 8 oder 9 Jahren Reitstunden nehmen dürfen. Das war ein Stall wie damals üblich: Boxenhaltung oder sogar Ständer, der Umgangston rau, sowohl mit Pferden als auch mit Menschen. Da ich unbedingt mit Pferden zusammen sein wollte, nahm ich das in Kauf, eine Alternative gab es nicht. Erst viel später bekam ich ein Video in die Hände vom gebisslosen Reiten, damals sehr ungewöhnlich.

Ich hatte das grosses Glück, dass ich damals einen Isländer als Pflegepferd betreuen durfte und mit diesem habe ich die ersten Schritte gewagt – und oh Wunder! – es hat super funktioniert! Das war ein erstes grösseres Aha-Erlebnis: es geht auch anders! Und je mehr ich entdeckte, umso grösser wurde die Freude an den Pferden. Heute kann ich es mir nicht mehr ohne vorstellen!

Andrea Eschbach-Kindler
Unvorstellbar: ein Leben ohne Pferde (Foto: Markus Eschbach)

Markus: Mit 16 Jahren hat es meine Freundin gewagt, mich auf ihr Pferd zu setzen. Diese erste Reiterfahrung werde ich nie vergessen: Das Pferd ist mit mir durch den Wald galoppiert! Da ich nicht wusste, wie ich bremsen soll, habe ich gehofft, dass es von alleine langsamer wird. Konventioneller klassischer Reitunterricht sollte mir dann die „Reittechnik“ näher bringen. Kurze Zeit später kauften sich meine Eltern für therapeutische Zwecke 3 Pferde, ein viertes kam als Einsteller dazu. Seit ich 18 Jahre alt bin, haben mich also die Pferde täglich begleitet.

In dieser Zeit kannte noch niemand Horsemanship Training. So bin ich viel ausgeritten, habe Springunterricht genommen und die Pferde selber doppelspännig eingefahren. Als meine Eltern nach Teneriffa auswanderten, haben wir ein Pferd, eine Kutsche und die Stalleinrichtungen an ein Kinderheim, wo ich arbeitete, verschenkt. Ich habe mich danach mit Reitbeteiligungen begnügt. Ich spürte aber, dass es zwischen den Pferden und mir einen „missing link“gab. Irgendetwas fehlte. Ich wusste zwar, wie man die Pferde reitet, aber von Bodenarbeit hatte ich keine Ahnung.

Eine Anzeige über gewaltfreies Reiten brachte mich dann zu Fred Rai. Bei ihm hörte ich zum ersten Mal, dass man ein Pferd führen können muss, was es bedeutet, ein guter Führer zu sein und was es für Übungen gibt, wenn die Pferde nicht mehr reitbar sind. Ich war begeistert! Endlich konnte mir jemand die Bedürfnisse der Pferde näher bringen! Ich entschloss mich kurzerhand, bei ihm die Trainerausbildung für gebissloses Reiten zu machen. Noch im selben Jahr betreute ich meine ersten Reitschülerinnen.

Gebisslos Reiten
Ein Gefühl von Freiheit: Gebisslos Reiten (Foto: Christiane Slawik)

Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf den Umgang mit ihm. Wie leben Eure Pferde und was bedeutet für Euch artgerechte Pferdehaltung?

Heute stehen unsere Pferde nachts in Boxen, tagsüber sind sie in Gruppen in Paddocks, Round Pen, Halle und in der Weidesaison auf der Weide. Ausserhalb der Weidesaison heisst das sehr viel Umstellen, jeden Tag laufen gehen. Wir waren früher die überzeugten Offenstallvertreter. Wir haben aber an unseren eigenen Pferden gemerkt, dass sie ruhiger und zufriedener sind, wenn sie abends ihr „Einzelzimmer“ haben: individuelle Fütterung, ein eigenes Fresstempo etc. sind besser möglich. Obwohl unserer Pferde immer als geschlossene Gruppe bestand, hat dies noch mal mehr Gelassenheit und Ruhe bewirkt. Da unsere Pferde ja als Schulpferde sehr viele verschiedene Situationen erleben, einen bewegten Alltag haben, scheint für uns diese Lösung am besten und die Pferde sind zufrieden.

Markus Eschbach
Auf die Pferde eingehen (Foto: Markus Eschbach)

Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Was ist aus Eurer Sicht dabei wichtig?

Immer wieder Thema Auslauf bzw. freie Beschäftigung, ohne dass der Mensch irgendwas will. Je nach Pferdepersönlichkeit (passende) Kollegen, aber ebenso Rückzugsorte und –gelegenheiten. Ebenfalls wichtig ist ein Alltag, der genügend Wechsel von geistiger und körperlicher Arbeit bietet. Wir möchten nicht, dass die Pferde die Neugier und Motivation auf Neues verlieren. Wenn wir merken, dass unsere Pferde vor lauter „Fortbildung“ ihren Esprit runterfahren, dann ist mal einfach Pferd sein angesagt. Pausentage sind ebenso wichtig wie Arbeit. Wir haben 4 Fütterungszeiten, es soll immer genügend Heu und Knabbermaterial (Futterstroh, Äste etc.) zur Verfügung stehen.

Ihr habt auf Eurem Weg schon so viele und bekannte Pferdemenschen kennengelernt. Wer in der Pferdewelt inspiriert Euch am meisten und vor allem weshalb?

Startkick in Teneriffa nach dem Einstieg in die gebisslose Reiterei, die ja für sich schon ein Universum darstellt, war sicher Gawani Pony Boy, ein Halbindianer aus Amerika. Er hat uns entscheidend geprägt, was die Round Pen-Arbeit betrifft. Wir hatten das grosse Glück, dass wir viele tolle Horsemen (und –women!) kennen lernen durften, die uns alle weiter bewegt haben. Wieviel möglich ist, bevor wir nur in den Sattel steigen oder dass es gar nicht immer so sehr ums Reiten gehen muss, das waren entscheidende Erkenntnisse.

Freiarbeit mit Pferden
Es muß nicht immer Reiten sein (Foto: Christiane Slawik)

Auch heute bilden wir uns permanent weiter, denn: je mehr wir wissen, umso mehr sehen wir, was wir alles noch nicht wissen. Wesentlich ist für uns, wenn wir sehen, dass ein Trainer sowohl pferdisch wie auch menschlich stimmig ist. Nicht jeder gute Pferdemensch ist genau so gut mit Menschen… So sind für uns die Ideen der Horsemanship, wie die Aguilars sie vertreten, sehr passend und trotzdem geht das bestens zusammen mit den Ideen der akademischen Reitkunst. Letztlich haben wir es alle immer mit den „Grundzutaten“ zu tun: mit Menschen und Pferden.

Nach einer intensiven Zeit auf der sonnigen Kanareninsel Teneriffa habt ihr Euch entschlossen, die Insel wieder zu verlassen. Habt Ihr das im Nachhinein jemals bereut?

Wir sind glücklich und dankbar, dass wir diese Teneriffa-Zeit haben durften. Sie hat uns geprägt und vielleicht auch dazu bei getragen, dass wir heute da sind, wo wir sind. Wieder in die Schweiz zurück zu gehen, hat ebenso gut gepasst wie damals nach Teneriffa überzusiedeln. Wir denken gerne zurück und bereuen es nicht: hier gibt es Dinge, die wunderbar sind und in Teneriffa ebenso. Man muss sich trotzdem seine eigene schöne Welt schaffen – wo auch immer man lebt.

Ausreiten auf Teneriffa
Eine schöne Zeit auf Teneriffa (Foto: Markus Eschbach)

Mit dem Kompetenzzentrum Eschbach Horsemanship in der Schweiz habt Ihr ein wunderbares Reich für Pferd und Mensch geschaffen. Welche Idee steckt dahinter?

Wir sind gern im Austausch mit anderen. Wir sind wie erwähnt geprägt von vielen verschiedenen Menschen und es gibt wirklich so viele tolle, kompetente Pferdeleute. Die möchten wir gerne vernetzen, Wissen soll in den Alltag und nicht hinter verschlossenen Türen konserviert werden. Je mehr die Leute wissen, umso mehr kann das ihren Pferden zugute kommen.

Ihr bietet ein sehr breit gefächertes Angebot an Kursen und Seminaren, das auch von vielen kompetenten Pferdemenschen, die als Gastreferenten zu Euch kommen, unterstützt wird. Wie sieht euer Angebot konkret aus?

Wir sind selber auf der Anlage tätig in 2- und 4-Tagekursen. Ebenfalls stehen immer ein paar Pferde zum Training hier, mit denen wir arbeiten. Dann läuft unser Jahreslehrgang Bodenarbeit rund ums Jahr (11 zweitägige Module zu verschiedenen Techniken der Bodenarbeit) mit festen Teilnehmergruppen. Andrea unterrichtet viel in Einzelunterricht an Sitzschulung, Gymnastizierung sowohl auf unserem Hof wie auch extern. Ebenfalls sind wir immer wieder unterwegs in ganz Europa, um Kurse zu geben. Dann sind ganzjährig tolle Gastreferenten bei uns, die uns selber natürlich auch immer weiter inspirieren. Ein volles und vielseitiges Programm, das macht uns Spass!

Offene Pforte
Jeder ist willkommen im Kompetenzzentrum Eschbach Horsemanship (Foto: Markus Eschbach)

Andrea und Markus, Ihr habt bereits unheimlich viel in der Pferdewelt erlebt und auch schon so vieles erreicht. Wie sehen eure Zukunftspläne aus?

Wir möchten natürlich weiterhin möglichst vielen Menschen die Pferde näher bringen. Auch bei uns geht das Thema digitale Welt nicht spurlos vorüber. Deshalb drehen wir im Moment einige Videos, um Onlinekurse anbieten zu können. Ebenso sind Videocoachings gefragt. Wir werden auch vermehrt Kurse im Ausland anbieten. Wir haben bereits Anfragen aus Südafrika bis in die USA. Und natürlich möchten wir uns jeden Tag weiterbilden. Es gibt noch so viel zu entdecken! Im Moment beschäftigen wir uns intensiv mit der Akademischen Reitkunst. Wir sehen: wir bräuchten mehrere Leben, um die Pferde ganz zu verstehen.

Ausritt
Es gibt noch so viel zu entdecken (Foto: Christiane Slawik)

Welchen Rat möchtet Ihr zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Vertraut ruhig mehr auf euer Bauchgefühl! Viele Anfänger haben oft den klareren Blick, ob das, was sie gerade mit dem Pferd tun, Sinn macht oder nicht. Auch wenn man kein jahrelang geschulter Profi ist: schaut immer genau hin und bemüht euch, das Beste zu tun! Gebt euch nicht zufrieden damit, einfach ohne nachdenken nach zu plappern: „Das war schon immer so, und darum ist es richtig!“ Fragt die Pferde!

Vielen Dank Ihr Beiden für die wertvolle Zeit und Euer Vertrauen, dass Ihr uns geschenkt habt. Wir wünschen Euch weiterhin viel Freude und Erfolg bei der Umsetzung Eurer Vision von einer Welt, in der Mensch und Pferd in gegenseitigem Respekt miteinander harmonieren.

Wenn du noch mehr über Andrea und Markus Eschbach-Kindler sowie ihre Arbeit erfahren möchtest, dann besuche sie doch einfach auf Eschbach Horsemanship.

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