Alex Zell im Interview

Der kalifornische Vaquero Horsemanship bzw. die altkalifornische Reitweise, das ist die Leidenschaft von Alex Zell. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der altkalifornischen und klassischen Reitweise in Europa, hat sich dabei intensiv mit den Methoden seiner Lehrer auseinandergesetzt und ein umfangreiches Wissen erworben. Als langjähriger Schüler von Alfonso Aguilar sowie Jeff Sanders steht er auch heute noch in regelmäßigen Kontakt und Erfahrungsaustausch mit den Beiden. Stetige Weiterbildung und Austausch mit anerkannten Trainern sind Alex überhaupt sehr wichtig.

So fließen die Impulse aus Kursbesuchen u.a. bei Mike Bridges, Bent Branderup, Mark Rashid, Amanda Barton oder Hanna Engström auch in seine tägliche Arbeit mit den Pferden ein und werden von ihm bei Kursen und Seminaren auf seinem Weilborner Hof im schönen Westerwald oder auch europaweit anschaulich weitervermittelt. Dabei fügt Alex die Gemeinsamkeiten der Vaquero Horsemanship und der klassischen europäischen Reitkunst auf spielerische Art und Weise zusammen und verbindet sie mit seinem außergewöhnlichen Wissensschatz über Reiterei und Pferde.

Alex Zell
Klassische europäische Reitkunst (Foto: Wolfsmomente Fotografie)

Über sich selbst sagt Alex: „Die Traditionen der Vaquero Horsemanship bewahren und diese Werte weiterzuvermitteln ist mein tägliches Anliegen bei der Ausbildung von Pferd und Reiter. Dabei hatte und habe ich das große Glück, von den großen Horsemen unserer Zeit lernen zu dürfen. Meine Erfahrungen gebe ich bei meinem Unterricht und Kursen weiter, um das Bewusstsein der Reiter für einen verantwortungsbewussten, gefühlvollen Umgang mit dem Partner Pferden zu schulen.“ Um noch mehr über Alex und auch seine Einstellung zu den Pferden zu erfahren, habe ich ihm noch einige für mich wichtige Fragen gestellt:

Alex, Pferde sind einfach wunderbare Geschöpfe und sie faszinieren uns immer wieder aufs Neue, daher fühlt sich so Mancher von diesen edlen Tieren magisch angezogen. Wie bist Du eigentlich zu den Pferden gekommen und was fasziniert Dich an Ihnen?

Ich bin als Kind, bzw. Jungendlicher bei meiner Cousine geritten, wenn man das so nennen darf, und hatte dann eine Pause. Anfang 20 wollte meine Freundin wieder anfangen zu reiten, ich war mit dabei, reite immer noch und habe auch noch die gleiche Freundin 🙂

An Pferden fasziniert mich vor allem ihre Ehrlichkeit, ihr Stolz und ihr Anmut. Wenn man sich auf sie einlässt, ihnen vertraut und im Gegenzug ihr Vertrauen geschenkt bekommt, hat man einen Freund für´s Leben, der dem Menschen quasi Flügel verleiht und das schon seit Jahrtausenden.

Haltung, Gesundheit und Ernährung sind wesentliche Punkte für das Wohlergehen eines jeden Pferdes und haben auch Einfluss auf sein seelisches Wohlbefinden sowie den Umgang mit ihm. Was bedeutet für Dich artgerechte Pferdehaltung und wie sollte sie Deiner Meinung nach aussehen?

Ein Pferd muss die Möglichkeit haben, sich zu bewegen, und zwar auf mehr als einem kleinen Paddock, der vor der Box ist, wenn es denn gesund ist. Pferde müssen ihre natürlichen Bedürfnisse ausleben dürfen – dazu gehören Auslauf, Heu ohne grosse Fresspausen, Kontakt zu Artgenossen, vernünftige Untergründe, Unterstände usw.. Ich bin kein Freund von grossen Herden, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass sich die meisten Pferde in Kleingruppen bis maximal 8 Pferde wohler fühlen. Man sollte versuchen, ihnen das Leben so naturnah wie möglich zu gestalten, was aber nicht heisst, dass man sie auf einer matschigen Wiese vor sich hin vegetieren lässt.

Wir selbst haben zum Beispiel einen Junghengst, der mit unseren 3 Wallachen in einer Herde zusammen steht, was hoffentlich auch in der Zukunft funktioniert. Sollte sich dies als nicht praktikabel erweisen, wird er der vierte Wallach, da die Einzelhaltung des Herdentieres Pferd für uns keine Alternative ist. Artgerechte Pferdehaltung erfordert grosses Wissen, eine grosse Arbeitsbereitschaft und leider auch den Einsatz nicht unwesentlicher Summen an Geld.

Vertrauen zwischen Mensch und Pferd
Vertrauen zwischen Mensch und Pferd (Foto: Wolfsmomente Fotografie)

Als Tier, welches immer noch sehr stark von der Natur und den eigenen Instinkten geprägt ist, stellt das Pferd besondere Anforderungen an einen artgerechten Umgang. Für uns als Partner ist es daher wichtig, uns auf die Bedürfnisse der Pferde einzustellen. Was ist aus Deiner Sicht als Trainer, dem ein verantwortungsbewusster und gefühlvoller Umgang mit dem Partner Pferden am Herzen liegt, wichtig beim Umgang mit Pferden?

Mir ist wichtig, dass Pferde auch Pferde sein dürfen, wir sollten nicht versuchen, sie zu reglementieren, sondern ihnen die richtige Idee für das von uns gewünschte Verhalten geben – sie haben gute und schlechte Tage, was es zu respektieren gilt. Der Mensch wird nie zum Pferd werden, vielmehr müssen beide eine Möglichkeit finden, miteinander zu kommunizieren, ohne das einer dabei auf der Strecke bleibt.

Die Kunst im Umgang mit Pferden besteht meiner Meinung nach darin, sie nicht zu dominieren, sondern eine Beziehung zu schaffen, in der jeder weiss, wo die Grenzen sind, diese aber sehr sparsam zu setzen. Ich liebe das Zitat von Pluvinel: „Die Anmut eines jungen Pferdes ist wie eine Blüte, die einmal verblüht, nie wiederkehrt.“ – dominantes Verhalten des Menschen gegenüber dem Pferd ist die sicherste Methode, um diese Anmut zu ruinieren.

Bekannte Horsemen und Pferdemenschen dienen so manchem als Vorbild für die Ausbildung des Pferdes, auch wenn bei einigen Vorbildern nicht immer alles so pferdegerecht ist, wie es manchmal scheint. Hast auch Du Vorbilder in der Pferdewelt und was fasziniert Dich an ihnen?

Natürlich habe ich Vorbilder, sowohl aus der Geschichte, als auch aus der Gegenwart, jeder oder jede in einem ganz bestimmten Bereich. Ganz besonders hat mich aber Alfonso Aguilar geprägt, den ich mit Stolz zu meinen Freunden zählen darf. Er ist nicht nur im Umgang mit den Pferden grossartig, sondern er ist auch ein ganz wunderbarer Mensch, der Horsemanship einfach lebt und mit Menschen genau so respektvoll, ehrlich und wertschätzend umgeht wie mit Pferden. Horsemanship ist für mich eine Lebenseinstellung, geprägt von Vertrauen, Respekt und Ehrlichkeit, keine Trainingsmethode.

Nicht ganz so bekannt, aber für mich ebenso wichtig, ist meine Freundin, die mich immer wieder mit ihrem liebevollen Umgang, ihrer Fürsorge für unsere Pferde und auch ihrem ganz natürlichen Gefühl am Pferd beeindruckt. Meine grössten Vorbilder und Lehrer sind aber meine eigenen Pferde, die mir jeden Tag zeigen, wie viel es noch zu lernen und wunderbares zu erleben gibt.

Alex Zell
Pferde als Vorbild und Lehrer (Foto: Wolfsmomente Fotografie)

Es ist etwas unglaublich Schönes, seinen Weg mit den Pferden gefunden zu haben. Du beschäftigst dich ja intensiv mit den Traditionen und der Reitweise des kalifornischen Vaquero Horsemanship, bzw. der altkalifornischen Reitweise und auch mit der klassisch europäischen Reitkunst. Auf spielerische Art und Weise fügst du die Gemeinsamkeiten dieser Reitweisen und Dein umfangreiches Wissen über Pferde und die Reiterrei zusammen und und gibst es bei Deinem Unterricht und in Kursen weiter. Was fasziniert dich an diesen Reitweisen und wie würdest du deine Arbeit mit den Pferden und dein „Konzept“ beschreiben?

Mich fasziniert die Vielfältigkeit der Reitweisen kalifornischer Vaqueros, der praktische Bezug und das enorme Wissen dahinter, welches sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Mein Konzept besteht darin, mir jedes einzelne Pferd mit seinem Menschen genau anzusehen und dann gemeinsam mit beiden entsprechend ihrer Möglichkeiten zu arbeiten. Pferde sind genau so individuell wie Menschen und sie lesen keine Bücher, was beim einen Pferd funktioniert, muss bei einem anderen noch lange nicht das Richtige sein. Für mich steht im Fokus, dass beide gemeinsam Spass am Lernen haben, sich so weiter entwickeln und eine möglichst lange Zeit zusammen genießen können. Natürlich habe ich einen groben Plan im Kopf, aber es ist wichtig, offen und kreativ zu bleiben, zu beobachten, auszuprobieren und manchmal auch den kompletten Plan über den Haufen zu werfen.

Alex, stetige Weiterbildung und Austausch mit anerkannten Trainern sind Dir überaus wichtig. Bisher hast du dadurch schon einen umfangreichen Wissensschatz aufgebaut. Wie sehen denn deine Pläne für die Zukunft aus?

Ich bin viel unterwegs und habe leider wenig Zeit, was ich sehr schade finde. Mit Sicherheit werde ich aber in naher Zukunft mal wieder nach Portugal fahren, um Alfonso und Karin zu besuchen und würde gerne eine Reitstunde bei João Pedro Rodrigues nehmen und evtl. auch bei Pedro Torres. Wir möchten uns zeitnah einen Hof in der Lüneburger Heide kaufen, so dass auch Bent Branderup wieder in erreichbarer Nähe ist und die Vaquero Classics bieten ebenfalls eine ideale Möglichkeit zum Austausch mit den teilnehmenden Trainern. Ich möchte immer offen bleiben, meine positive Grundeinstellung bewahren und von und mit den Pferden lernen, ich denke das ist mindestens ein lebenslanger Prozess.

Pferdeausbildung
Reiten bedeutet lebenslanges Lernen (Foto: Wolfsmomente Fotografie)

Welchen Rat möchtest Du zum Schluss anderen Pferdefreunden noch mit auf den Weg geben?

Immer offen und wertschätzend zu bleiben, sich viel anzusehen und so viel wie möglich zu lernen. Pferde sind so individuell, sie lesen keine Bücher und funktionieren nicht nach Schema F.

Bleibt kreativ und sucht nicht nach Perfektion, sondern geniesst die Zeit mit euren Pferden, seid kreativ und habt Spass mit ihnen, alles andere werden sie euch schenken, wenn ihr es zulasst.

Vielen Dank Alex, dass Du dir die Zeit genommen hast, auf meine Fragen zu antworten, obwohl du so viel unterwegs bist. Für deine Zukunft wünsche ich dir auch weiterhin alles Gute und viel Freude bei deiner abwechslungsreichen Arbeit mit den Pferden…

Wenn du jetzt noch mehr über die spannende Arbeit von Alex Zell und den Vaquero Horsemanship erfahren möchtest, findest Du dies auf seiner Website Vaquero Horsemanship.

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